04.10.23 - FedEx B757-200F gear up landing & runway overshoot in Chattanooga

Diskutiere 04.10.23 - FedEx B757-200F gear up landing & runway overshoot in Chattanooga im Flugunfälle und Flugunfallforschung Forum im Bereich Luftfahrzeuge allgemein; Unmittelbar nach dem Start in Chattanooga (KCHA) meldete die Crew eines 757-Frachters von FedEx ein kleines Problem ("minor issue") mit einem der...
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Unmittelbar nach dem Start in Chattanooga (KCHA) meldete die Crew eines 757-Frachters von FedEx ein kleines Problem ("minor issue") mit einem der Hydrauliksysteme, brach den Steigflug ab und bat ATC um Vectoring um den Platz damit sie Zeit haben, Checklisten dazu abarbeiten zu können. Die Crew hat dann beschlossen, zum Flugplatz zurückzukehren - beim ersten Anflugversuch haben sie dann eine "landing gear unsafe"-Anzeige vom Flieger bekommen, und der Anflug wurde abgebrochen. Nach einer weiteren Runde wurde der Crew seitens Ground und Tower bei einem niedrigen Überflug bestätigt, dass kein ausgefahrenes Fahrwerk zu sehen sei. Schließlich wurde dann der Entschluss gefasst, eine Landung mit eingefahrenem Fahrwerk durchzuführen - dabei kam es zu einem geringfügigen Überschießen des Landebahnendes. Glücklicherweise wurde bei dem Ereignis niemand verletzt (3 Personen waren an Bord).

ATC-Funk (inkl. Nav-Overlay u. Video vom Aufsetzen ganz am Ende):


Eintrag zum Ereignis bei Avherald:
 
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Simon Maier

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Hallo,

Nur aus reiner Neugier - theoretisch sollte das Fahrwerk ja auch ohne Hydraulik ausfahrbar sein, durch Schwerkraft. Nun gab es schon mehr als eine bewusste Gear Up Landung, die sicherlich nicht freiwillig gemacht wurde. Was können die Gründe dafür sein, dass sich das Fahrwerk gar nicht ausfahren lässt, auch nicht durch Schwerkraft?
 

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Hallo,

Nur aus reiner Neugier - theoretisch sollte das Fahrwerk ja auch ohne Hydraulik ausfahrbar sein, durch Schwerkraft. Nun gab es schon mehr als eine bewusste Gear Up Landung, die sicherlich nicht freiwillig gemacht wurde. Was können die Gründe dafür sein, dass sich das Fahrwerk gar nicht ausfahren lässt, auch nicht durch Schwerkraft?
wenn das Fahrwerk nicht entriegelt (fehlende Hydraulik oder Elektrik )....
Klaus
 
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Bei der LOT 767 z.B. stand ein Pilotenkoffer im Cockpit so ungünstig, daß ein Schalter/ Sicherung deaktiviert war und das LG nicht ausgefahren werden konnte.

Beim A300 z.B. konnte das LG im Notfall über Kurbel und Seilzug entriegelt werden. Beim A330 wird im Notfall elektrisch entriegelt. Allerdings hängt es dort am Emerg. BUS.

Wie es bei der 757 genau geschaltet ist weiß ich nicht.
 
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Das Internet sagt "The alternate landing gear extension system uses a dedicated DC powered electric hydraulic pump."

mfg
 
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Ja, sorry stimmt. Das änder ich sofort.
 

78587?

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Was können die Gründe dafür sein, dass sich das Fahrwerk gar nicht ausfahren lässt, auch nicht durch Schwerkraft?
Ein Fahrwerk besteht ja nicht nur aus den schweren Beinen, sondern auch aus Türen und Klappen, diese müssen auch erst einmal öffnen, aber vorher entriegeln. Da diese meist keine "Masse" haben, um gegen den Winddruck die Schwerkraft zu überwinden, kann es sein, dass sie sich gar nicht öffnen. Wenn doch, kann es sein, dass sie ohne den hydraulischen Druck gar nicht ganz öffnen, das Bein blockieren, oder auch ins Flattern geraten und abgerissen werden.
Hier sieht man schön die Zyklen: Boeing 757 Landing Gear Demonstration Detailed Gear Swing - YouTube
.
 
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Die 757 hat als Backup zum normalen System eine zusätzliche Hydraulikpumpe, welche die Gear Uplocks entriegelt, so dass das Fahrwerk dann durch Schwerkraft herausfällt und verriegelt. Dafür muss die Pumpe natürlich funktionieren und ein wenig Hydraulikflüssigkeit zur Verfügung stehen - es reicht allerdings die Menge, die in der Leitung dorthin eh enthalten ist, schon aus. Das System ist insgesamt sehr zuverlässig und mir ist kein anderer Fall bekannt, in dem es notwendig war, in einer 757 "Gear Up" zu landen.

Insgesamt klingt es von Anfang an nach dem Ausfall des linken Hydrauliksystems, was in der 757 u.a. Flaps/Slats, Landing Gear und die Bugradsteuerung versorgt (sowie Teile der Flight Controls). Wäre da noch Flüssigkeit verfügbar, dann könnte man den Druck im rechten System über eine Schnittstelle (PTU) nutzen, um das linke System unter Druck zu setzen (also bei Ausfall der Hydraulikpumpen im linken System) - aber ohne Flüssigkeit geht das nicht mehr. Klingt hier also nach Verlust der Flüssigkeit links. Wie gesagt sollte aber die Alternate Gear Extension auch ohne die Flüssigkeit des regulären linken Systems funktionieren. Flaps/Slats können rein elektrisch gefahren werden.

Die Untersuchung wird es aufklären.
 
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Der ATC-Mitschnitt scheint auf alle Fälle zu bestätigen, dass sie die Alternate Gear Extension mehrfach versucht haben, aber ohne Erfolg. Im Video ist das ab Minute 13:40 an zu hören - sie waren vom Tower schon gecleared für den Anflug auf Rwy 20 und haben dann rückgemeldet, dass sie gerade nochmal ein Manöver versuchen würden, um die gear doors zu öffnen (ich nehme an, durch erhöhen der vertikalen Lastvielfachen im Kurvenflug während der Procedure für die Altn. Gear Extension).
 
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Er sagt es, aber an dem Wort "Doors" würde ich mich nicht festklammern. Während in der 767 die Gear Doors das Main Gear oben halten, ist das in der 757 nicht so. Da sind es nur die Uplocks, keine Door. Zu diesem Zeitpunkt müssten die Flaps bereits elektrisch auf 20 gefahren worden sein (dauert lange und kommt eh zuerst im QRH Notverfahren), da ist man auf 0 bis +2G limitiert. Klar kann man mal ein bißchen wackeln und so - aber viel kommt dabei nicht herum.
 
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Blancolirio hat sich nun auch noch dem Vorfall gewidmet. Das Video vollzieht im ersten Teil die Abläufe anhand der ATC-Kommunikation nochmal nach (samt der jew. Einschätzung von J. Browne, was die Crew dann in dem Moment vmtl. im Cockpit dazu gemacht/abgearbeitet hat). Es gibt da aber keine "neuen" Erkenntnisse über das hinaus, was wir hier im Thread dank vielerlei Input schon soweit erörtert hatten.

Browne war selbst mehrere Jahre CPT auf der 757 bei einer großen nordamerikanischen Airline, also denke ich seine äußeren Einschätzungen zu den Geschehnissen im Flight Deck sind da ziemlich valide.

Ab Minute 14:15 geht er nach der Abhandlung der ATC-Kommunikation dann noch auf die der Crew in so einem Fall zu Verfügung stehenden Systeme ein, und was alles hat/hätte ausfallen müssen, damit man das Fahrwerk nicht mehr runter bekommt:

 
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Hab mir nicht alles angeguckt, aber den Teil mit der RAT gesehen. Da irrt er sich etwas - die RAT erzeugt bei der B757 nur Hydraulikdruck und keine Elektrizität.

Es gibt für die Alternate Gear Extension Sicherungen im Cockpit, deren Zustand würde mich interessieren.
 
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Da das im Video des Kollegen etwas unklar beschrieben ist: Ja, die Pumpe der Alternate Gear Extension nutzt Hydraulik, die prinzipiell am linken System hängt. Aber es wird nur der sehr kleine Betrag benötigt, der eh in den Leitungen selbst noch vorhanden ist. Also kann das Reservoir, das System "links" an sich, leer sein und die Alternate Gear Extension funktioniert trotzdem noch (separate Leitungen).

Die andere Voraussetzung ist, dass die Pumpe elektrisch funktioniert- also Sicherungen (2) und Kabel sowie Motor funktionieren. Diese Sicherungen befinden sich im Cockpit an einem Panel rechts unten vom Copiloten und sind nicht direkt oder einfach zu sehen. Es steht dazu auch keine Referenz im QRH, aber viele Ausbilder lassen solche Sicherungen im Simulator mal herausspringen um genau auf solche Fälle hinzuweisen. Aber: ob es überhaupt der CB war, ist mir unbekannt.
 
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Der vorläufige Untersuchungsbericht ist inzwischen erschienen: https://data.ntsb.gov/carol-repgen/api/Aviation/ReportMain/GenerateNewestReport/193196/pdf

Daraus die ermittelte(n) Ursache(n) für den Vorfall:
Postaccident examination of the airplane revealed that the left main landing gear door actuator
retract port hose was leaking hydraulic fluid (see figure 3). The hose was removed and retained
by the NTSB for further investigation. The examination also found a discontinuity in the wiring
of the landing gear alternate extension system. The section of that wire was retained for further
examination.
Kurze deutsche Zusammenfassung des Reports:

Nach dem Start wurde zunächst das Fahrwerk ohne Probleme eingefahren. Ca. 1 Minute danach sollten die Klappen eingefahren werden, das Eicas meldete dabei dann "TE FLAPS DISAGREE" (d.h. Klappen soll-/ist-Positionen stimmen nicht überein). Die Klappen wurden dann nach QRH mit dem alternativen Verfahren elektrisch eingefahren. Währenddessen kam dann die Eicas-Meldung "L HYD SYS PRESS" samt Anzeige, dass auf dem linken System kaum mehr Flüssigkeit und überhaupt kein Druck mehr vorhanden sei. Die entsprechende Checkliste wurde dann abgearbeitet, und der Entschluss gefasst, nach KCHA zurückzukehren.

Der Versuch, das Fahrwerk gem. Standardverfahren auszufahren, schlug wie bekannt fehl und wurde mit der Anzeige "Gear Unsafe" vom Flieger quittiert. Danach wurde noch mehrmals das hier im Thread auch schon beschriebene Alternativverfahren zum Fahrwerk ausfahren durchgeführt, ebenfalls ohne Erfolg. Bei der Bauchlandung wurde beim Überschießen der Landebahn noch die Localizer-Antenne des ILS mit abgeräumt, was aber für die anschließend durchgeführte Evakuierung via Notrutsche keine weiteren Auswirkungen hatte.

Unfallursache(n): Das linke Hydrauliksystem ist unmittelbar nach dem Start aufgrund eines entstandenen Lecks am Hydraulikschlauch eines Hydraulikzylinders, der eine Klappe des linken Fahrwerks betätigt, leergelaufen (genauer: der Schlauch, der für die Arbeitsrichtung "schließen" mit Druck beaufschlagt wird). Die Crew hat danach alle Checklisten soweit beachtet und angewendet wie es auch vorgesehen ist. Es wurde zudem ein Kabelbruch bzw. Unterbrechung ("discontinuity in the wiring") in der Elektrik für das alternative Ausfahren des Fahrwerks festgestellt. Der betreffende Teil des Kabelbaums wurde ausgebaut und wird bzgl. der Ursache dafür noch weiter untersucht werden. (Anm. meinerseits, steht nicht im Report: es ist wohl schwerstens anzunehmen, dass aufgrund dieses Elektrikproblems das Alternativverfahren nicht funktioniert hat).

Soweit mal der aktuellste Stand dazu. Wer möchte, kann sich das hier wiedergegebene auch noch von Blancolirio erzählen lassen:

 
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Der vorläufige Untersuchungsbericht lässt noch einige Fragen offen (vorläufig eben...). Während davon gesprochen wird, dass die Flaps mit dem Alternativverfahren elektrisch eingefahren werden konnten (Warum wurde dies gemacht? Climb Performance und Spritverbrauch erscheinen nicht kritisch in diesem Fall) wird nicht erwähnt, wie das deutlich wichtigere alternative Ausfahren verlaufen ist. Dieses erfolgt im QRH vor dem Alternate Gear - Verfahren. Interessant wäre auch, ob die Spoiler nach dem Aufsetzen manuell betätigt wurden (die Automatik funktioniert in dem Fall nicht).

Interessant wäre auch die Gründe für den Verbleib in KCHA zu kennen, deren Bahn ist eher kurz und im Umkreis deutlich längere Bahnen verfügbar. Das "Alternate Flap" Verfahren läuft immer auf eine Landung mit (im Bestfall) "Flaps 20" hinaus, was zu erhöhten Landedistanzen führt. Aber diese Fragen werden sicher noch geklärt und Teil des finalen Berichtes sein.

Für die Kollegen bin ich etwas erleichtert, dass es wohl letztlich am defekten Kabel des Alternate Gear Systems lag und nicht am CB :-)
 
Thema:

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