Tja, was soll ich sagen...Weihnachten steht vor der Tür:D!
Weihnachten en miniature
-oder warum wir uns lieber selbst beschenken
Es ist der erste Montag im Dezember, noch 24 Tage bis Heiligabend, knapp vier Wochen Zeit, die letzten Geschenke zu kaufen. Grund genug, sich einmal Gedanken über die Rolle des Modellbaus in dieser Zeit zu machen. Oder noch besser über die Geschenktauglichkeit des Modellbaus.
Nun, das klingt erst einmal nicht sehr spannend. Würde ich diesen Text außerhalb des Flugzeug Forums als unbedarfter Außenstehender bis hierher gelesen haben, käme mir höchstwahrscheinlich jetzt das Weihnachtsidyll schlechthin in den Sinn: nämlich die im Dämmerlicht des Tannenbaumes dahinschnaufende elektrische Spielzeugeisenbahn. Mit diesem Bild im Kopf mache ich mich nun daran, die bittere Realität aus dem engelbedruckten Geschenkpapier zu entrollen. Sie ahnen, was jetzt kommt? Nun, in meinem Fall könnte unter dem gold-glänzenden Papier z.B. das aufgerissene Haifischmaul eines mit Bomben und Raketen bestückten Korea-Jets zum Vorschein kommen. Bei anderen vielleicht Weltkriegs-Flieger oder gar feuerspuckende Flammpanzer...Und über allem leuchtet der Weihnachtsstern (uh-oh, er spricht ein Tabu an ).
Während Opa nichts daran findet und selbst anfängt, vom Winter '43 zu erzählen, ist der Nachkriegsteil der Verwandtschaft doch etwas irritiert angesichts solcher Himmelsgaben...<br>
Doch sind derartige Szenen bei Modellbauern zu Weihnachten wirklich die Regel? Oder hat man sich nicht schon längst stillschweigend auf andere Verfahren geeinigt, um solche - erklärungsbedürftigen - Momente zu vermeiden? Ehrlich gesagt kann ich mich nämlich nicht daran erinnern, jemals zu Weihnachten einen Militärbausatz bekommen zu haben. Eine Airbrush oder einen Kompressor vielleicht, aber Bausätze wurden später vom Weihnachtsgeld gekauft - oder zum Geburtstag geschenkt.
Naja, wollen wir mal ehrlich sein. Bausätze geschenkt zu bekommen, das funktioniert doch sowieso nur bis zu einem gewissen "Anspruchs-Level". So lange es mir noch einigermaßen egal ist, was der edle Gönner aus dem standardisierten Kaufhausregal zieht, so lange kann ich mich auch noch über eine kleine Überraschung freuen.
Wenn meine Wünsche allerdings schon so speziell sind, dass ich selbst nur ein paar Adressen in ganz Deutschland kenne, wo es das Gewünschte zu kaufen gäbe, dann ist der Grundgedanke des materiellen Geschenkes schon soweit außer Kraft gesetzt, dass es mir auch nichts mehr ausmachen wird, selbst das Bestellformular zu unterschreiben. Klingt komplizierter als es ist, heißt aber im Endeffekt: Nur Bares ist Wahres!
Oder in der ebay-Sprache ausgedrückt: Will man einen Modellbausatz zu guten Konditionen verkaufen, kann es manchmal ratsamer sein, ihn erst nach Weihnachten einzustellen und sich so an dem Geschäft mit dem Weihnachtsgeld zu beteiligen.
Andererseits findet man aber auch gerade nach Weihnachten auf Flohmärkten und im Internet verstärkt günstige Standart-Bausätze, die bei ihren ursprünglichen Adressaten nicht die gewünschte Verzückung hervorgerufen haben.
Womit wir auch schon beim nächsten modellbauspezifischen Geschenkproblem wären: Oma und Opa stehen in der Spielzeugabteilung, fest entschlossen, ihrem zwölfjährigen Enkel dieses Jahr kein stupides Videokonsolen-Spiel, sondern etwas Kreatives zu schenken - man hat ja soviel über die Folgen gehört. Nach kurzer Diskussion scheidet der Schulwebrahmen aus, zu feminin findet Opa. Da blitzt es ihnen plötzlich aus der "blauen Ecke" entgegen. Die R.M.S. Titanic in 1:400. Den Film fanden ja sowieso alle ganz toll, das Deckelbild sieht schön friedlich aus und der Karton würde mit Abstand der größte unterm Tannenbaum sein. Mission erfüllt - gekauft!
Nach dem Festschmaus dann die Ernüchterung: Der Karton ist zwar mit Abstand der größte, und er wird auch als allererster von dem minderjährigen Adressaten aus seiner Kunstdruckpapierumhüllung befreit, doch so schnell sich die Kinderaugen erhellt hatten, so schnell macht sich jetzt, da der Karton geöffnet ist, ein fragend-irritierter Ausdruck auf dem Gesicht breit. So viele Teile, dabei will man doch einfach nur so schnell wie möglich das fertige Schiff vor sich haben! Selbst Oma und Opa werden angesichts der 262 Plastikteile leicht verunsichert, ob dies der optimale Ersatz für Pokemon & Co ist. Aber zu spät, das so berühmte Revell-Verpackungssiegel wurde schon gebrochen, ein Umtausch kommt nicht mehr in Frage. Ebay oder noch schlimmer der feuchte Keller sind dann oft die letzten Verwertungsmöglichkeiten für die fehlgeleitete Geschenkkreativität.
Das heißt aber natürlich nicht, dass der Modellbau unter dem Christbaum nichts zu suchen hat. Das Thema will nur etwas behutsamer angegangen werden, besonders wenn man sich auf keinerlei „Modellbau-Erfahrung" stützen kann. In diesem Zusammenhang fiel mir eine neue Lego-Produktreihe besonders auf: In einem der ersten Weihnachtskataloge eines großen Spielzeugdiscounters waren Lego-Bausätze einer Sopwith Camel bzw. eines Fokker Dr.1 Dreideckers aufgeführt - nicht billig, aber immerhin. Der dem Lego-Emblem anhaftende Spielzeugcharakter war angesichts der dargebotenen Stimmigkeit und Detailfülle der Modellfotos fast gänzlich vergessen. Und wenn es Kinder gibt, die mehr aus ihren Legosteinen machen wollen, vielleicht werden dann diese Kinder auch irgendwann einmal ein "echtes" Plastikmodell" bauen wollen?! Der Markt an sich scheint also existent, sonst hätte Lego wohl kaum diesen neuen Vorstoß gewagt. Allein der erste Kontakt mit diesem komplexen Hobby entscheidet oft über erfolgreichen Einstieg oder überfordertes Achselzucken.
Also dann, viel Spaß beim "Sich-selbst Beschenken" :D und ein frohes Fest!