Abschuss einer Cathay Pacific DC-4 durch zwei chinesische La-9 am 23. Juli 1954

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Hier wie versprochen ein kleiner Artikel zu einem Exoten-Thema des Kalten Krieges im Asiatischen Raum. Hat nicht ganz so viel mit dem SAC zu tun wie gewünscht und auch nicht mit dem Korea-Krieg, aber hey, man kann es halt nicht allen recht machen. :p

Da es keine echten On-Topic Bilder gab, habe ich auf sie ganz verzichtet. Die verwendete Literatur sind die üblichen Verdächtigen zu diesem Thema und zahlreiche Websites. Für Fragen und Korrekturen bin ich immer offen.

Viel Spaß damit!

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Während des Kalten Krieges galt es für die USA nicht nur Daten über die Militärmaschinerie der UdSSR zu sammeln und auszuwerten, auch China war seit dem Korea-Krieg ein ständiges Missionsziel. Auch wenn es zu deutlich weniger kritischen Zwischenfällen entlang der chinesischen Küstenlinie kam, als es mit Russland der Fall war, so waren die Einsätze dort doch keineswegs ein Zuckerschlecken.

Bis zur endgültigen Machtergreifung Maos in China waren die Beziehungen zwischen den USA und China durchaus freundschaftlich gewesen. Bis zum Korea-Krieg waren die Beziehungen zwar stark abgekühlt, aber noch nicht offen feindlich. Auch wenn in dieser Zeit mindestens zwei US Flugzeuge über chinesischem Territorium abstürzten, wurde doch keine dieser Maschinen abgeschossen. Am 29. Dezember 1947 stürzte ein USMC-Flugzeug eines nicht näher bestimmten Typs über China ab, die vier Besatzungsmitglieder wurden gefangen genommen und erst im Juli 1948 wieder freigelassen. Am 19. Oktober 1948 stürzte ein Flugzeug der US Navy bei Tsingtao ab, auch hier gerieten beide Besatzungsmitglieder für 19 Monate in chinesische Gefangenschaft. Über beide Flugzeuge und ihre Missionen konnte ich bislang nicht mehr in Erfahrung bringen.

Im Verlaufe des Korea-Krieges sollte sich die Lage jedoch ändern und damit auch das Verhalten der chinesischen Streitkräfte gegenüber US Flugzeugen im Grenzbereich Chinas. Es begann eine stetige Eskalationsspirale von kleinen Luftzwischenfällen entlang der gesamten Küstenlinie Chinas. Das SAC, das Stratigic Air Command, dehnte den Operationsbereich von Aufklärungsmissionen und deren Häufigkeit beständig aus. Geflogen wurden diese Missionen hauptsächliche von Maschinen der US Navy, es kamen aber auch landgestützte Flugzeuge aus Japan und Korea zum Einsatz. Die chinesische Seite reagierte mit der Stationierung von MiGs und der Errichtung von Flugabwehr-Stellungen auf den der Küste vorgelagerten Inseln.
Was zwischen Militärs noch als ein makabres Katz-und-Maus-Spiel hingenommen werden mag, wurde aber gegen 9:45 Uhr des 23. Juli 1954 [22. Juli in den USA, daher oft Mischmasch der Daten] für eine Zivilmaschine zu einer tödlichen Bedrohung. Eine Douglas C-54A (DC-4) der britischen Fluglinie Cathay Pacific Airways wurde auf ihrem Rückflug von Singapore über Bangkok, Thailand nach Hong Kong von zwei Lachovlin La-9 „Fritz“ Jägern 15 Meilen östlich von Hainan angegriffen und durch Bordwaffenbeschuss abgeschossen. Da es sich um einen regulären Linienflug handelte und die 12 Meilen Luftraumgrenze nicht verletzt war, ist nicht ganz klar, warum es zum Abschuss kam. Vermutlich lag eine Verwechslung mit einem US Aufklärungsflugzeug vor. Die DC-4 mit dem Kennzeichen VR-HEU – Produktionsnummer 10310, war 1944 gebaut worden und hatte bis dahin rund 15300 Flugstunden absolviert.

Bei der anschließenden Notwasserung östlich von Hainan starben von den 18 Personen an Bord (zwölf Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder) zehn: acht Passagiere und zwei Besatzungsmitglieder. Da sich unter den Passagieren auch sechs Amerikaner befanden, erhielt das US Militär aus Washington die Weisung sich aktiv an den Such- und Rettungsoperationen zu beteiligen. Eine auf der Clarke AFB auf den Philippinen stationierte USAF Albatross (BuN 51-009) erreichte die Unglücksstelle als erstes und konnte zehn Überlebenden an Bord nehmen und in Sicherheit bringen. Eine der zunächst Geretteten erlag allerdings noch während des Fluges ihren Verletzungen, ein weiterer Passagier starb in Krankenhaus in Hong Kong. Von mehreren der getöteten Personen fehlte aber jede Spur. Da man nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob die Vermisten getötet worden waren, wurde eine intensive Suchoperation gestartet.

Bedingt durch den herrschenden Seegang musste das Suchgebiet schnell ausgeweitet werden. Die chinesische Luftwaffe beobachtete die damit verbunden Suchoperationen mit äußerstem Misstrauen und hatte fast ständig ein paar Abfangjäger in der Luft, um auf etwaige Grenzverletzungen sofort reagieren zu können.

Erwartungsgemäß kam es hierbei zu mehreren gefährlichen Konfrontationen, besonders zum Ende der Suchoperationen hin, als bei den amerikanischen Piloten der Frust über die ergebnislos verlaufende Suche stieg und die chinesische Seite die fortgesetzten Suchflüge wegen ihrer Aussichtslosigkeit mehr und mehr als direkte Provokation ansah und vermutete, dass es den USA eher darum ging, unter dem Deckmantel einer Rettungsoperation in Wirklichkeit Spionage gegen China zu betreiben.

Am vierten Tag der Suche kam es zum ersten ernsten Zwischenfall. Zwei F9F Panther des Flugzeugträgers USS Hornet (CVA-12) wurden von zwei chinesischen Jägern angegriffen. Bei dem sich entwickelnden Luftkampf zogen allerdings die beiden Chinesen den Kürzern und wurden abgeschossen, während die Panter zu ihrem Träger zurückkehren konnten. Eine offizielle Bestätigung der Abschüsse blieb aber aus, möglicherweise, weil sich der Luftkampf tatsächlich im chinesischen Luftraum zugetragen hat.

Einen Tag später, dem 27. Juli [Ortszeit]/26. Juli [Washingtoner Zeit], kam es erneut zu einem Luftkampf. Diesmal waren es zwei AD-4 Skyraiders des VF-52 des Flugzeugträgers USS Phillipine Sea (CVA-47), die von zwei Lachovlin La-7 „Fins“ angegriffen wurden. Die beiden Piloten, Lt.Cdr. William H. Alexander und Ens. John Zarious, erhielten daraufhin Unterstützung von weiteren im Kampfgebiet befindlichen US-Maschinen. Vier AD-4 Skyraiders des VF-54 (ebenfalls auf der USS Phillipine Sea stationiert) und eine F4U-5N Corsair des VC-3 griffen in das Geschehen ein und schossen innerhalb von fünf Minuten gemeinschaftlich eine La-7 ab. Der Abschuss wurde offiziell bestätigt und zwischen den VF-54 (AD-4) Piloten Lt.(jg) John L. Damien, Lt.(jg) John M. Rochford, Lt.Cdr. Paul I. Wahlstrom und Lt.(jg) Richard S. Ribble sowie dem VC-3 (F4U-5N) Piloten Lt.Cdr. Edgar B. Salsig geteilt. Die zweite chinesische Maschine wurde von den VF-52 (AD-4) Piloten Lt. Roy M. Tatham und Ens. Richard R. Crooks gemeinschaftlich abgeschossen. Auch dieser Abschuss wurde offiziell bestätigt und geteilt. Während des Luftkampfes waren zudem einzelne Maschinen von einem chinesischem Küstenpatrouillenboot unter Feuer genommen worden, es waren jedoch keine Treffer erzielt worden.
Angesichts dieser Eskalation entschied Washington die Suchoperation weitestgehend einzustellen und befahl allen Flugzeugen einen großen Sicherheitskorridor zur chinesischen Grenze einzuhalten.

Ein paar Wochen später, am 4. September 1954, kommt es erneut zu einer gefährlichen Konfrontation zwischen China und der 7. Flotte. China hatte die zu Taiwan gehörende Quemoy Inseln bombardiert und US-Präsident Harry S. Truman entsandte die gesamte 7. Flotte, einschließlich dreier Flugzeugträger von Manila nach Taiwan, um die Insel gemäß dem Versprechen von 1950 vor einer chinesischen Invasion zu bewahren.

Auch wenn die Konfrontation mit der UdSSR bis zum Ende des Kalten Krieges das dominierende Thema blieb, waren die Einsätze entlang der chinesischen Küsten weiterhin gefährlich. Die Kollision zwischen einer EP-3E der US Navy (VQ-1) und einer chinesischen F-8 am 1. April 2001 belegen dies. Die stille militärische Konfrontation des Kalten Krieges dauert hier noch an und wird in den nächsten Jahren vermutlich an Bedeutung noch zunehmen.
 
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