AA587 - Akte geschlossen

Diskutiere AA587 - Akte geschlossen im Verkehrsflugzeuge Forum im Bereich Luftfahrzeuge; Im November 2001 stürtzte ein A300-600 von American Airlines (Flugnummer AA587) kurz nach dem Start ab. Das Flugzeug ist in eine Wirbelschleppe...
Schorsch

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Alien
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Im November 2001 stürtzte ein A300-600 von American Airlines (Flugnummer AA587) kurz nach dem Start ab. Das Flugzeug ist in eine Wirbelschleppe geflogen und die starke Belastung des Seitenruders hat zu dessen Seperation geführt.
Jetzt wurde die Untersuchung abgeschlossen, nicht aber ohne böse Worte des NTSB gegenüber American und Airbus wegen Lobby-Arbeit.
Der Bericht stellt fest, dass in erster Linie die übermäßigen Rudereingaben des Copiloten für den Unfall verantwortlich waren. American hält fest, dass das Rudersystem zu anfällig konstruiert war und das für den Piloten praktisch keine Möglichkeit bestand, die Belastung des Ruders zu erahnen.

Ich würde gerne Eure Meinungen hören, ob Ihr dieses Ergebnis für richtig haltet. Hat hier eventuell doch Airbus eine Fehler gemacht? Hat American das "Handbuch" nicht richtig gelesen? Oder war die Pilotenausbildung mangelhaft?
 
Acela

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Da das Problem bis jetzt erst einmal auftrat und alle A300/A310 die selbe Ruderkonstruktion haben glaube ich nicht an einen Konstruktionsfehler....

Das wäre das selbe, wenn man auf der Autobahn bei 200 Km/h das Lenkrad rumreisst, das Auto deswegen ausbricht, und man dann den Hesrteller beschuldigt, die Lenkung falsch konstruiert zu haben...

Außerdem: "AIRBUS MACHT KEINE FEHLER!" :FFTeufel:
 

beistrich

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ich hab mal wo gelesen das das Ruder das zehnfache ausgehalten hat was es sollte.(und vorgeschrieben war). ich werds mal suchen
 
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@Acela
Fehler würde ich es nicht nennen. Es war eventuell eine ungünstige Entscheidung das Ruder so auszulegen. Allerdings gebe ich Dir vollkommen Recht: Es sind etwa 500 A-300 und A-310 im Dienst. Die Beschränkung des Seitenruders war bekannt, wenn wahrscheinlich dies nicht zu jedem Piloten durchgedrungen ist.

@beistrich
Ich glaube es ist das doppelte. Aber sicher bin ich mir nicht. Schau mal nach!

Generell: Murphy sagt, dass alles was schiefgehen kann, auch irgendwann mal schiefgehen wird. Daher sollte man Sachen so auslegen, dass derartiges nicht passiert (oder jedenfalls extrem unwahrscheinlich ist). Das ist eine Philosophie, die Airbus ja ab dem A320 aufgegriffen hat. Ich meine, diese Dinger machen es einem ja sehr schwierig den sicheren Bereich zu verlassen.

Ich hoffe auf weitere Kommentare.
 
Glideslope

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Schorsch schrieb:
Die Beschränkung des Seitenruders war bekannt, wenn wahrscheinlich dies nicht zu jedem Piloten durchgedrungen ist.
Jedes Flugzeug verfügt über Betriebsgrenzen, wenn diese überschritten werden besteht die größte Gefahr eines schweren Unfalls. Die Betriebsgrenzen schreibt der Hersteller vor und sind von der Fluggesellschaft in Schulungen ihren Angestellten zu vermitteln. Meiner Meinung nach trägt AA die Hauptschuld, da den Piloten bei dieser Airline bei Turbulenzen ein Ausgleichen der Fluglage mit dem Seitenruder beigebracht wurde - was übrigens von Airbus mit Missfallen (schon vor dem Unfall) bedacht wurde. Üblich ist aber ein Ausgleichen mit dem Querruder, was eine geringere g-Belastung der Flugzeugzelle zur Folge hat.
Desweiteren ist die Ruderbetätigung so konstruiert, dass es am Boden bei vollgetretenen Ruder zu keinem Maximalausschlag des Ruders kommt - in der Luft hingegen schon. Da das wohl nicht ausreichend dokumentiert wurde wäre Airbus hier eine Teilschuld anzulasten. Deswegen hält American fest, ...
dass das Rudersystem zu anfällig konstruiert war und das für den Piloten praktisch keine Möglichkeit bestand, die Belastung des Ruders zu erahnen.
Jedem Piloten sollte klar sein, dass er sein Flugzeug auf das Höchste belastet, wenn er innerhalb weniger Sekunden das Seitenruder von einem Vollausschlag zum entgegengesetzten Vollausschlag tritt.
Außerdem fliegen A300-600 und A310 schon seit langen Jahren und in großen Zahlen bei vielen Fluggesellschaften - ohne größere Probleme.

Erinnert sei an den Absturz einer US Air B737 am 08.09.94 bei Pittsburgh, als beim Fliegen einer Kurve das Seitenruder nicht mehr aus der ausgeschlagenen Stellung zu bewegen war. Nach längerem Suchen kam der NTSB zum Schluss, dass eine fehlerhaft konstruierte Seitenruderbetätigung schuld war. Keine B737 wurde jedoch "gegroudet".


Generell: Murphy sagt, dass alles was schiefgehen kann, auch irgendwann mal schiefgehen wird. Daher sollte man Sachen so auslegen, dass derartiges nicht passiert (oder jedenfalls extrem unwahrscheinlich ist). Das ist eine Philosophie, die Airbus ja ab dem A320 aufgegriffen hat. Ich meine, diese Dinger machen es einem ja sehr schwierig den sicheren Bereich zu verlassen.
Man kann nichts konstruieren, was allen Eventualitäten gerecht wird. Sicher hätte man das Seitenleitwerk (welches im ganzen abgerissen ist, also Ruder und Flosse) so bauen können, das es erst bei 15g wegfliegt - nur wäre das Flugzeug dann unwirtschaftlicher, weil zu schwer.
Es ist vom Konstruktivem gesehen also nur möglich, bestmögliche Kompromisse einzugehen.
 
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beistrich schrieb:
ich hab mal wo gelesen das das Ruder das zehnfache ausgehalten hat was es sollte.(und vorgeschrieben war). ich werds mal suchen
Ein A300-600 Seitenleitwerk mit Vorschädigung wurde in Hamburg unter Anwesenheit von NTSB Mitarbeitern bis zur "Rupture Load" belastet. Das Seitenleitwerk muß 1.5 * Limit Load aushalten. Das ist dann der Ultimate Load Wert. Zerbrochen ist es bei ca. 1.9 * Limit Load. Also in etwa das doppelte der größtmöglich im Flugbetrieb anzunehmenden Belastung (aka Limit Load).

Übrigens wurde die Seitenrudersteuerung von der A300B zur A300-600 verändert. Darüber weiß ich aber nix genaues mehr.
 

Mannerl

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Schorsch schrieb:
Das Flugzeug ist in eine Wirbelschleppe geflogen und die starke Belastung des Seitenruders hat zu dessen Seperation geführt.

und wie ist das eigentlich passiert?
zu früh den Vorgänger nachgeflogen?
Kann sowas immer passieren?

MFG
Mannerl
 
Schorsch

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Ich habe für alle interessierten mal einen Bericht der New York Times sowie eine Slideshow angefügt. Es gibt wesentlich ausführlichere Berichte zu dem Thema, aber mit diesen Dateien ist man schnell auf der Höhe.

Zum Thema Wirbelschleppe: Gute Frage, ich denke schon. Allerdings muss das keine Gefahr darstellen, so lange man nicht in einer Cessna sitzt oder eben der Pilot zu rabiat in die Ruder greift. Ich denke, dieses Thema ist besonders interessant, da der A380 ja der König der Wirbelschleppe sein wird.
 
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Die Slideshow ist leider zu groß. Ich denke, ich habe es von der NTSB Homepage besorgt. Schaut selber nach oder gebt mir eine persönliche Nachricht. Dann schicke ich sie direkt. Ist sehr interessant.
Auf der NTSB-Homepage gibt es auch eine Animation mitsamt Anzeige der Rudereingaben. Die waren wirklich sehr rabiat.

ww.ntsb.gov/aviation/aviation.htm

Einfach nach AA587 suchen. Sollte was finden.
 
Alpha

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Wirbelschleppen können auch größeren Flugzeugen gefährlich werden. Daher wird auch auf bestimmte Mindestabstände geachtet (ja nach "Gewichtsklasse"). Außerdem gibt es bestimmte Verfahren, den Wirbelschleppen möglichst auszuweichen.
 
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Ja genau, und dieses Verfahren scheint bei American Airlines von dem anderer Fluglinien abzuweichen. Das ist für mich die gößte Überraschung. Es gab nämlich bereits einen sehr ähnlichen Vorfall mit dem gleichen Typ bei American (Flug AA903).
Wie kann so etwas bei einer der größten Fluggesellschaften passieren? Ich meine, die haben doch einen Sicherheitschef für die A300-600 Flotte. Oder etwa nicht? Der muss so etwas doch wissen und seine Piloten informieren.
 

Oechsen

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Falsche Schulung

Also das Problem hat nichts mit Airbus zu tun. Sowohl Airbus als auch Boeing haben vor dem Unfall AA darauf hingewiesen, dass ihre geschulten Manöver für diese "Recovery"- Manöver ihrer Ansicht nach falsch sind und zu Überlastungen der VTP Anschlüsse führen könnten.
Auch Boeing legt ihre Seitenflossen inkl. Anschlüsse auf die gleichen Belastungen aus wie Airbus.

American Airlines hat sich durch diese Warnungen nicht beeindrucken lassen...
 
Schorsch

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Besorgniserregend ist alerdings die Tatsache, dass eine Überbelastung des Ruders bei Airbus Model A300-600 und A310 relativ schnell passieren kann. Boeing hat das Problem besser gelöst (was ich als Airbus-Gutfinder nicht gerne zugebe).
Das Seitenruder trifft keine Schuld, aber der Steuermechanismus ist nicht optimal. Meines Erachtens sollten Flugzeuge so ausgelegt sein, dass eine Überbelastung unter normalen Umständen nicht auftritt.

Jedoch: Wenn man sich mal die Steuereingaben des Co-Piloten anschaut (ich kann nur wärmstens die NTSB-Seite empfehlen, die haben einige sehr interessante Animationen und Präsentationen), dann besteht kein Zweifel, dass er ziemlich unsinnig reagiert hat. Im Prinzip hat er ducrh seine rabiaten Rudereingaben das Flugzeug destabilisiert.
 
Ghostbear

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Mal was zum Nachdenken

Warum hat Boeing während der ganzen AA587 Geschichte nicht mit Schlamm in Richtung Airbus geworfen?

Die Chief Testpiloten von Airbus und Boeing haben hingegen gemeinsam ein Flugsicherheitspaper verfasst und wollen gemeinsam weitere "Sensibilisierungsaktionen" starten, um den Piloten bewusst zu machen, daß man eben doch so ein Flugzeug kaputt fliegen kann. Egal ob Airbus oder Boeing drauf steht.
 
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Wie so oft bei solchen Untersuchungen kommen Sachen ans Licht, die niemanden wirklich im guten Licht dastehen lassen.

Im Unfallbericht wird geschrieben, dass der Chef-Pilot der A-300 Flotte bei AA einfach nicht wußte, wie das System reagiert und das man bei höheren Geschwindigkeiten sehr vorsichtig sein muss. Das ist eigentlich der allergrößte Skandal und deswegen hat AA auch zu Recht die Kacke am Stiefel.

Airbus meint dazu trocken, dass man das Seitenruder eigentlich gar nicht braucht und es mehr dazu gedacht ist, bei der Landung Eingaben zu machen.

Boeing kann ehrlich von sich behaupten, dass ihre Flugzeuge da deutlich besser abschneiden, nun, ihre Seitenruder sind bei weitem nicht so sensibel, weil sie einen anderen Mechanismus benutzen. Das tun sie aber nicht, weil sie Boeing heißen und deswegen toll sind, sondern weil Airbus auf andere Dinge acht gegeben hat. Wie gesagt: Airbus sagt, man solle es einfach nicht benutzen und man braucht es eigentlich auch nicht.
 
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