Hallo juky0,
da ich derjenige bin, von dem das Zitat stammt, auf das du dich hier beziehst, möchte ich dazu gerne etwas sagen.
Ich bin absolut dagegen, dass Leben der Astronauten leichtfertig zu gefährden, aber es handelt sich um ein Raumfahrzeug und nicht um einen Schulbus oder Linienjet. Alle Astronauten wissen um die Gefahren, die der Raumfahrt innewohnen, sie wägen die Risiken ab und treffen ihre Entscheidung.
Das die Raumfahrt eine Technik sei, die so sicher und verlässlich sei wie Bussfahren oder Flugzeugfliegen, hat nur die PR-Abteilung der NASA erzählt. Alle anderen wissen, dass dem nicht so ist.
Von 237 für das Shuttle ausgebildete Astronauten/Wissenschaftler sind 184 bislang tatsächlich ins All geflogen, von denen sind bisher 14 ums Leben gekommen, also ~ 7,6 %. Da erzähle mir jetzt bitte niemand, dass irgendjemand, der sich mit diesen Dingen auch nur ein wenig auskennt, ernstlich glaube, dass dies eine sichere Technik sei und dass man einen Fehlerstandard erwarten dürfe, der denen eines Linienflugzeuges oder Schulbusses entspricht.
Ich wünschte, die Technik wäre schon weiter, denn sie muss weiter kommen, damit die Raumfahrt eben von einer High-Cost, High-Risk Technik in eine "Alltagstechnik" (sorry für das Wortspiel
) übergehen kann. Aber diesen Schritt jetzt schon zu erwarten ist einfach zu früh und würde nur alle Entwicklungen zum Erliegen bringen. Das Auto und das Flugzeug hatten über 100 Jahre Zeit sich zu den sichern Fahrzeugen zu entwickeln, bei der Raketentechnik haben wir gerade mal Halbzeit. In 50 Jahren wird es auch da anders aussehen. Hätte man nicht damals bei den Flugzeugen und Autos - trotz aller Unglücke - weitergemacht, dann hätte man heute auch nicht die hohen Sicherheitsstandards.
Wissen allein reicht nicht aus, man muss forschen und leider auch immer wieder bittere Erfahrungen machen, aus denen man dann für die Zukunft lernen kann und muss. Ohne diesen Prozess geht es nicht. Wer aber dies verlangt, der muss wissen, dass er eine Technik abwürgt, denn bei knappen Haushaltskassen werden solche Risiken gerne dazu missbraucht, Programme über Jahre dicht zu machen.
Wenn du und ich selber entscheiden dürfen, ob wir bestimmte, bekannte Risiken in Kauf nehmen wollen, warum sollen die Astronauten dies nicht auch tun. Es sind keine naiven, geistig unterbelichteten Lebewesen, die der Staat mangels eigener Einsichtsfähigkeit bei der Hand nehmen muss, um auf sie aufzupassen, und noch viel weniger sollte sich die Medien dieser Beschützerposition annehmen. Es wäre gut, wenn man in der breiten Öffentlichkeit wissen würde, dass die Weltraumfahrt eine Riskotechnik war und noch immer ist, denn dann kommt man auch zu einer besseren Einschätzung dessen, was die Astronauten da leisten.
Die Astronauten wissen um die Gefahren, sie kenne die Technik viel genauer als wir alle zusammen und sie treffen ihre Entscheidung. Die NASA kennt die Risiken, denen sie ihre Astronauten aussetzt und ihre daraus resultierenden Pflichten. Wenn man glaubt, dass die NASA etwas bling gegenüber gewissen Risiken ist, dann ist dies ein beklagenswerter Managment-Fehler, aber eine Zero-Tolerance gegenüber Fehlern kann dieses System und diese Technik nicht leisten. Pflichten haben ihre Grenzen in dem was sinnvoll oder möglich ist. Damit meine ich keine dieser neumodischen BWL-Risk-Abschätzungen, die nur auf eine Reduzierung der Kosten abzielen. Man hat sich beim Shuttle für die Schaumisolierung ihrer Vorteile wegen entschieden und hat dabei die Nachteile akzeptiert. Ich glaube kaum, dass es machbar ist, dass man die Nachteile so eliminieren kann, dass nur die Vorteile übrig bleiben. Natürlich hatte man geglaubt, einen besseren Weg gefunden zu haben, aber wie es scheint hat er nicht funktioniert. Das ist dieser bittere Erfahrungsprozess, von dem ich oben sprach. Am Boden allein wird man diese Ergebnisse nicht erreichen können, also werden Astronauten dieses Risiko eingehen müssen, um die Technik voranzubringen. Dieser Flug war nicht ohne Grund als Testflug ausgestaltet. Das die Öffentlichkeit und die sie erzeugenden Medien etwas verlangen, was mit den zur Verfügung stehenden Geld- und Geistesmitteln derzeit nicht geleistet werden kann, finde ich nur schwachsinnig. Die NASA und ihre Astronauten haben ein eigenes, vitales Interesse daran, die Sicherheit weiter zu verbessern und dies geschieht permanent, meist in kleinen Schritten. Wenn diese Realität nicht in das PR-Image passt, dann sollte man das PR-Image grounden und nicht das Shuttle.