Eine Sache gehört bei VariViggen, VariEZ und LongEZ klargestellt:
Es waren keine Kit-Flugzeuge im Sinne von einem 1:1 Flugzeug in vielen Einzelteilen in einer Revell-ähnlichen Schachtel. Sie wurden nur nach Zeichnungen gebaut, und der Bau war sehr, sehr aufwändig. Die Bauanleitungen kann man immer noch im Internet finden.
Bei der VariEZ und LongEZ bestehen Canard und Tragflächen aus Polystyren-Schaumstoffblöcke, die mit einem selbstgebauten Schneidegerät mit einem heißen Draht, mittels selbstgefertigte Schablonen, in Form geschnitten werden. Dann werden sie in der Spannweitenrichtung getrennt, GfK-Holme eingelegt, d.h. Glasfaser-Gewebe, das manuell mit Epoxy-Harz getränkt wird (mit Pinsel, Rollen und Schaber), und dann wieder zusammengesetzt. Danach kommt eine Außenhaut aus GfK darüber, d.h wieder Lagen von Gewebe, die mit Harz getränkt wird. Der Rump entsteht auf ähnlicher Art und Weise. Anschließend wird mit "Microballoons" gespachtelt und geschliffen, geschliffen, geschliffen. Und geschliffen. Der Epoxy ist hoch giftig und allergen, der Staub ist auch nicht ohne. Fahrwerk, Elektrik, Motoraufhängung und Instrumente kommen dann auch noch hinzu. Darüber hinaus war das Gewicht sehr schwer kontrollierbar. Es durfte nicht so viel Harz aus dem Gewebe rausgeschabt werden, dass die Festigkeit darunter litt, aber auch nicht so viel drin bleiben, dass das Flugzeug zu schwer wurde. Gleiches galt für die verwendete Menge von Spachtelmasse.
Viele wurden deshalb nie fertigstellt, die Erbauer hatten sich die Zähne an ihren Projekten ausgebissen (und/oder Allergien bekommen...). Gleiches gilt für die abgeleitete CoZ, quasi eine LongEZ wo man neben einander sitzt. Die dürfte noch seltener sein. Kann mich noch daran erinnern, dass ein deutscher AlphaJet-Pilot der Luftwaffe dieses Muster in Europa in den 80er-Jahren vertrieb. In der Liste der dänischen KZ & Veteranflyklubben über Projekte die noch im Bau sind erscheint immer noch eine LongEZ mit Baustart 1981 oder so...
Bei der Defiant war dann alles doppelt. Eine gewerbsmäßige Fertigung mit so einer Bauweise wäre schlichtweg unmöglich gewesen.
Ich habe Mitte/Ende der 80er-Jahren die Entstehung (oder auch nicht...) von einem Paar von diesen Flugzeugen mitverfolgt, bin in einer LongEZ mitgeflogen, und auch selber ein Stück von einem LongEZ-Canard gebaut. Nach der ganzen Laminierung hat's mir gereicht, gespachtelt wurde das Teil nie. Das Geruch von dem Harz hängt mir immer noch in der Nase...
Wir reden von Flugzeugtypen, die mittlerweile 35-40 J und auch mehr alt sind. Sie boten für damalige Verhältnisse herausragende Flugleistungen für sehr wenig Geld, aber eben mit sehr, sehr viel Arbeit. Richtige Bausätze, wie Lancair, Glasair, Kitfox, Van's usw., gab es damals kaum noch. Deswegen gab es damals so ein Hype um diese Flugzeuge (wie jeder Leser von EAA's "Sport Aviation" in den 80er-Jahren bestimmt noch weiss), und deshalb sind auch damals (!) relativ viele entstanden. Heute wäre das bestimmt nicht der Fall.
Für mich zeichnet sich Rutan als ein großer Querdenker aus, der aber wenig Rücksicht darauf genommen hat, ob die Entwürfe auch in größeren Stückzahlen und mit Profit herstellbar waren. Eigentlich hat nur die Starship diese Hürde gerade mal geschafft. Das gehört nun mal manchmal auch dazu, wenn ein Flugzeugmuster erfolg haben soll.
Bei der Starship habe ich mehrmals gelesen, daß sie u.a. zu teuer und zu radikal war, um Kunden anzulocken.