Wildenrath

[Luftpirat]

Meine schönste Begegnung mit einer Phantom war eines Abends, als ich mich mit dem Rad vor einem aufziehenden Gewitter vom Platzzaun trollte. Ich strampelte zurück nach Hause, und hielt kurz vor dem Waldrand noch mal an, um einer Wildenrather Phantom hinterher zu blicken, die zur Landung heran geflogen kam. Über dem Wald vor mir stand schon die drohende, schwarze Wolkenwand, während hinter mir noch die goldene Abendsonne leuchtete.

Eine Kamera hatte ich - wie meistens in solchen Momenten - nicht dabei. Jedenfalls kam eine getarnte Phantom mit grauem Radom von der 92. Staffel langsam angeflogen und drehte zum Greifen nah über meinem Kopf mit ihren langen, ausgefahrenen Stelzen in ziemlicher Schräglage einen Bogen um mich herum, wie um eine Wendeboje. Hinein ins goldene Abendlicht dröhnte sie davon...

Hier eine ganz frühe Phantom der 92. Staffel im Landeanflug, aufgenommen Anfang 1977, während der Umrüstungsphase von Lightning auf Phantom. Die „Z“ hatte also damals bereits einen Radarwarnempfänger, der zu dieser Zeit aber noch nicht für den rot-gelben Zierstreifen endeckt worden war. Und sie hatte noch das ‚alte’ Staffelemblem im weißen Kreis: eine Kobra, die sich zwischen zwei Ahornblättern aufrichtet. Um 1980 wurde dieses Emblem, das bereits die Lightnings zierte, stärker stilisiert, so dass es einfacher mit der Schablone aufzumalen war, und der weiße Kreis wurde aus Gründen der besseren Tarnung weggelassen.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Als die beiden Wildenrather Phantomstaffeln aufgestellt wurden, übernahmen sie etliche Flugzeuge, Gerätschaft und Personal der kurz zuvor aufgelösten 2. Staffel aus Laarbruch und der 14., 17. und 31. Staffel aus Brüggen, die Mitte der 1970er Jahre alle auf die SEPECAT Jaguar umrüsteten. Diese Phantom (XV475/C) soll die erste gewesen sein, die die 19. Staffel erhalten hat.

Eigentlich beinhaltete das blau-weiße Karoband der 19. Staffel ein kräftigeres, dunkles Blau, aber um einen besseren Farbkontrast zu dem dunklen Tarnanstrich zu erzielen, trugen die Phantoms fast immer dieses hellere Blau hier. Die inneren Unterflügelpylone für die Sidewinder-Raketen sind bei dieser Phantom 1979 noch cremeweiß, so wie es vor der Heruntertönung des Tarnanstrichs üblich war.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Hier zwei Phantoms anno 1983 in der Startaufstellung. Die 19. Staffel trägt im Wappen einen auf den Betrachter zuschwimmenden „Delfin“ zwischen zwei goldenen Vogelschwingen. Diese Idee rührte von der 'Sopwith Dolphin' her, einem Jagddoppeldecker, mit dem die 19. Staffel 1918 ausgerüstet wurde.

Bei genauer Betrachtung ähnelt der oft sehr kunstvoll dargestellte "Delfin" aber viel mehr einem Drachen(fisch)motiv der chinesischen Mythologie, so wie er bei chinesischen Flugdrachen (Windvögeln) und als Porzellan- und Seidenmalereimotiv weit verbreitet ist.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Und hier die gleiche Szene, aufgenommen 1982 mit zwei ‚ergrauten’ Phantoms. Die vordere Maschine ist vor Kurzem nachgepinselt worden; eine Folge des sehr schmutzempfindlichen, hellgrauen Anstrichs. Die hintere Maschine trägt ebenfalls einen blau-weißen Karostreifen am Heck, obwohl sie noch nicht mit einem RWR ausgerüstet ist.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Hier zwei Phantoms der 19. Staffel im Überflug über den Platz, eine mit grauem, eine mit schwarzem Bugradom.

Ein paar 'Schwarznasen' unter den getarnten Phantoms sind bis ca. 1985 noch übrig geblieben, allerdings habe ich nie gesehen, dass man einer grauen Phantom eine schwarze Nase verpasst hätte. Dies ist wohl nur in der Anfangszeit des grauen Luftverteidigungsanstrichs mal vorgekommen, als der Anstrich so zwischen 1978 und 1980 noch in der Experimentierphase steckte.

(grobkörniges Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Die 19. Staffel wurde 1915 als Beobachtungsstaffel aufgestellt und war danach über die meiste Zeit eine reine Jagdstaffel. So kam sie in den 1920er Jahren in den Genuss der typischen, karierten Staffelmarkierungen, die den britischen Jagdstaffeln vorbehalten waren und vor dem Zweiten Weltkrieg riesengroß auf den Rumpfseiten vor und hinter den Kokarden aufgemalt wurden.

Mit der Einführung des dunkelgrün/dunkelbraunen Tarnanstrichs ab 1937 verschwanden die bunten Staffelmarkierungen weitgehend, mit Kriegsausbruch dann völlig; aber in den frühen 1950er Jahren lebte diese Tradition wieder auf. Hier setzt die „A“ nach ihrer Platzrunde mit ihren schön auffälligen Karobändern auf dem Lufteinlass zur Landung an...

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

...und schwebt zur Landung ein. Dieser karierte Himmel ist das Ergebnis davon, wenn man "auf's Blaue" durch den Maschenzaun hindurch knipst. Der lateinische Wahlspruch der 19. Staffel lautete "Possunt quia posse videntur" und bedeutet in etwa: "Sie können es, weil sie glauben, es zu können."

Zunächst wurde im Oktober 1976 die 19. Staffel mit Phantoms aufgestellt, während der Flugbetrieb mit den Lightnings in Gütersloh bis Ende 1976 noch fortgesetzt wurde. Mit Jahresbeginn 1977 übernahm die 19. Staffel in Wildenrath dann die QRA-Bereitschaft von den Lightnings.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Hier kommt die nächste Phantom der 19. Staffel im Gegenlicht über den Zaun herein. Die „K“ trägt bereits eine graue Radarnase und die Mitte der Achtziger Jahre üblichen blauen Cockpitdachränder.

1938 hatte die 19. Staffel die Ehre, die allerersten Spitfire Mk. I in der RAF zu fliegen, damals noch mit starrem Zweiblatt-Holzpropeller. Von Duxford aus nahmen sie an der Luftschlacht um England teil. Als die Staffel im Januar 1992 aufgelöst wurde, dauerte es darum nur bis zum September des selben Jahres, bis ihre Staffelidentität einer Ausbildungseinheit übertragen wurde, die mit der BAE Hawk in Chivenor stationiert war - und es in RAF Valley auch 2007 noch ist.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Gegen Ende der 1970er Jahre wurden die Phantoms allmählich mit einem Radarwarnempfänger in dem eckigen Gehäuse auf der Seitenflosse nachgerüstet. Anfang der 1980er Jahre waren dann fast alle Maschinen umgerüstet.

Irgendwann kam man auf die Idee, den rechteckigen Bereich zur Aufbringung von Staffelmarkierungen zu nutzen. Keine schlechte Idee, denn das machte optisch einiges her, vor allem später auf den grau gestrichenen Phantoms, die ja wirklich etwas trist aussahen.

Hier rollt die „K“ nach der Landung zu ihrem Schutzbau zurück. Radom und Außentanks sind bereits grau gestrichen. Am Rumpfende erkennt man den geöffneten Bremsschirmbehälter.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Und hier die "M" der 19. Staffel, ebenfalls mit geöffneter Bremsschirmklappe, die nach der Landung auf dem Rollweg unterwegs in ihren Abstellbereich ist. Im Gegensatz zur "K" hat sie noch ein schwarzes Radom.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Nach dem erneuten Aufblühen der Staffelmarkierungen in den 1950er und 60er Jahren wurden diese mit der Heruntertönungsphase ab 1972 schrittweise immer weiter reduziert, und so sind heute sowohl die Hoheitsabzeichen wie auch die Staffelmarkierungen meist nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Diese mausgraue Phantom, die hier gerade über den Wildenrather Zaun huscht, trägt immerhin die blauen Seitenstreifen unter ihrem Cockpitdach. Die Heruntertönung der britischen Hoheitsabzeichen ins Blasse erfolgte, in dem man das Rot und Blau jeweils zur Hälfte mit Weiß mischte.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Hier eine Phantom (XT899/T) der 92. Staffel bei der Landung in Wildenrath, um 1978. An ihren Unterflügelpylonen kann man deutlich die Sidewinderschienen erkennen.

Im Hintergrund sieht man etliche der großen Luftabwehrraketen vom Typ Bristol Bloodhound. Die 25. Staffel der RAF hatte 1962 die unrühmliche Ehre, von Abfangjägern auf Luftabwehrraketen umzurüsten und statt mit Gloster Javelins am Himmel herum zu kurven, nur noch vom Leitstand aus den 'Äther' abzusuchen. :(

1970 verlegte die 25. Staffel nach Brüggen und unterhielt in Laarbruch und Wildenrath Außenkommandos, wo sie mit je einer beeindruckenden Batterie Bloodhound-Raketen das Flughafenperimeter weiträumig vor Luftangriffen schützte.

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

In den Siebziger Jahren standen die Bloodhounds gut einsehbar und in ihrem weißen Anstrich weithin sichtbar auf dem Platz und haben in einem ständig abschussbereit wirkenden 60-Grad-Winkel zumindest die heimische Zivilbevölkerung einschüchtert.

In ihrem späteren dunkelgrünen Anstrich wirkten sie zwar immer noch bedrohlich, waren aber doch etwas unauffälliger. Erst um 1980 herum wurden die Wildenrather Bloodhounds hinter grasbewachsenen Splitterschutzwällen geparkt, so dass der Zaunbesucher sie nicht mehr unmittelbar vor der Nase stehen hatte, und 1983 verlegten sie dann schließlich wieder nach Großbritannien zurück.

Hier die XT899/T wie „touch-down“. (Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Hier die XV483/Y beim Entfalten ihres Bremsschirms. Noch haben die Wildenrather Phantoms zum größten Teil kein RWR, und auch das Staffelemblem befindet sich noch in einem weißen Kreis, so wie es auch bei den Lightnings zuvor ausgesehen hat.

Das Staffelabzeichen auf dem Seitenleitwerk ist dem offiziellen Wappen entnommen und stellt eine Kobra dar, die sich zwischen zwei Ahornblättern hindurch schlängelt. Die Ahornblätter gehen auf kanadisches Staffelpersonal zurück, mit dem die 92. Staffel im Ersten Weltkrieg ausgestattet war, und die Kobra kam 1942 hinzu, als die Staffel kurzzeitig im Mittleren Osten eingesetzt war. Daher rührt auch die häufig anzutreffende Eigenbezeichnung "No. 92 (East India) Squadron". Das martialische Staffelmotto lautet "Aut pugna aut morere" (dt.: Kämpfe oder stirb).

(Foto: Sammlung Luftpirat)

 

[Luftpirat]

Am sog. Zweiten Golfkrieg (1991) sollten die britischen Phantoms auf Grund ihrer bevorstehenden Ausmusterung nicht mehr teilnehmen. Allerdings wurde die 92. Staffel im Sommer 1990 noch für eine Weile zur Luftverteidigung des östlichen Mittelmeerraumes nach Akrotiri verlegt, hauptsächlich, um diesen Stützpunkt sowie den Zwischenlande- und Umschlagplatz Larnaca und den umgebenden Luftraum, den die Golfkriegsalliierten beflogen, zu sichern.

Hier eine Phantom der 56. Staffel während einer Schießübung in Akrotiri beim Flug über die zypriotische Felsenküste. Unter dem Rumpf trägt sie den SUU-23/A-Kanonenbehälter mit 20mm-Kaliber, der außerhalb des Schießtrainings aber nur selten mitgeführt wurde.

(Offizielles RAF-Foto mit Crown Copyright)

 

[Luftpirat]

The First Lady

Und zum Abschluss noch einmal die erste Phantom FGR.2, die an die Royal Air Force geliefert wurde. Ab Juli 1968 wurde sie bei der 228 OCU (Operational Conversion Unit), der zentralen Phantom-Umschulungseinheit auf RAF Coningsby, eingesetzt, und auch die Wildenrather Besatzungen wurden dort ausgebildet.

Heute befindet sich die XT891 wieder in diesem Anstrich und mit den Abzeichen der 228 OCU (der 64. "Schein-"staffel) in Coningsby und ist vermutlich die am schönsten restaurierte britische Phantom überhaupt.

(Foto: offizielles MoD-Pressefoto)

 

[Sphynx]

Hi Wolfmann,

Ich habe halb dein andere thread gelesen, du weisst Wildenrath besser als ich!

Fur mich 1981-83 war ein besonderes spezial zeit, leider kann ich nicht das zuruck bringen.

Hier gibst nactrichtung von unserer besuch in Laarbruch letzes jahr (Rheinische Post, glaub ich).

Please correct my German if I go wrong, I need to practise!

Ich habe alles hier (nactrichtung) nicht genau verstanden:

Hi Nimbus,

Please correct my German if I go wrong, I need to practise!

News = Nachrichten

Ich habe halb dein andere thread gelesen, du weisst Wildenrath besser als ich!

Better would be:
Ich habe deinen anderen thread halb gelesen, du kennst Wildenrath besser als ich!
In use with "besser" it's actually "besser" ;) to use the verb "kennen".

One - if not THE best translator for german-english and vice versa is to be found here: leo.org
(doesn't matter if you type the german or english word into the search box)

 

[Red Rippers]

Hallo Luftpirat,

danke für deinen Wildenrath-Eindrücke, dachte schon ich befinde mich wieder in dieser Zeit!

Gruss aus Bochum

 

[Nimbus 227]

Danke sehr Sphynx!

Kennen ist die selbe bedeutung in Schottland, 'do you ken the time' is 'do you know the time'.

Great photos, one of them has my old hangar (halle) in the background.

Happy days!

 

[ASA]

Hallo FFFreunde

Habe hier noch ein paar Aufnahmen aus dem Jahre 1990.Damals fand ein Staffelaustausch mit F-104 S/ASA der 4 Stormo aus Grosseto in Wildenrath statt.

Als erstes Erfolgte ein Überflug in geringer Höhe!