Seit Ende vergangener Woche ist Galileo von massiven technischen Problemen geplagt, das System ist, Stand Montagmittag,
nicht einsatzfähig. Offiziell befindet sich die Satellitenkonstellation
seit Dezember 2016 nur im Probebetrieb - bis heute.
Der aktuelle Ausfall stellt ein schwerwiegendes Problem dar, weil er die Verlässlichkeit von Galileo auch für die Zukunft infrage stellen könnte. Hinzu kommt, dass die zuständige EU-Agentur, die European Global Navigation Satellite Systems Agency (GSA), sich ausgesprochen schmallippig gibt, wo die Störung liegt und wie lange sie anhalten wird.
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Die Satelliten senden dazu ständig Signale, die von
Smartphones oder Navigationsgeräten empfangen werden können. Die Geräte lassen sich aus dem All nicht direkt orten, sie bekommen nur Informationen geliefert.
Im Fall von Galileo rasen die Satelliten in rund 23.260 Kilometern Höhe mit 3,6 Kilometern pro Sekunde um die Erde. Daher braucht man für ein weltweit nutzbares Navigationssystem auch mehr als vier davon. Derzeit sollten eigentlich 24 Satelliten zur Verfügung stehen. Zwei weitere befinden sich offiziell im Probebetrieb. Doch schaut man auf
der Webseite der zuständigen GSA mit Sitz in Prag nach, zeigt sich: Keiner der 24 ist derzeit nutzbar. Allerdings, so erklären es Fachleute dem SPIEGEL, sind nicht Schwierigkeiten im All, sondern am Boden für das Problem verantwortlich.
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Damit so eine Messung bei Galileo möglich ist, braucht man allerdings eine sehr genaue Vergleichszeit am Boden, die auch wieder zum Satelliten geschickt werden muss. Diese Vergleichszeit wird in den zwei Kontrollzentren mit noch deutlich präziseren Uhren gemessen.
Insgesamt sechs der Zeitmesser, vier Cäsium-Atomuhren und zwei Wasserstoff-Maser, befinden sich in der sogenannten Precise Timing Facility (PTF). Sie dürfen höchstens eine maximale Abweichung von 300 Pikosekunden pro Tag haben. Anders ausgedrückt: Es würden etwa 10 Millionen Jahre vergehen, bis das Zeitsignal um eine Sekunde falsch liegt.
Untersuchungskommission eingesetzt
In der technisch hochkomplexen PTF liegt offenbar das aktuelle Problem. So hat es zunächst der Fachdienst "Inside GNSS"
berichtet. Und so hat es die GSA inzwischen
bestätigt. Eine Untersuchungskommission kümmere sich um die Sache.
Die Galileo-Kontrollzentren befinden sich im bayerischen Oberpfaffenhofen und im italienischen Fucino. Betrieben werden sie im Auftrag der EU vom Münchner Unternehmen Spaceopal, einer Gemeinschaftsfirma der DLR Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen und der italienischen Telespazio. Oberpfaffenhofen ist vor allem dafür verantwortlich, den Kontakt zu den Satelliten zu halten und diese zu steuern, Fucino für das Verarbeiten der Zeitsignale. Dafür werden die Atomuhren der dortigen Precise Timing Facility genutzt.
Eigentlich sollten beide Kontrollzentren den Betrieb bei Problemen am jeweils anderen Ort auch allein stemmen können. Auch in Oberpfaffenhofen gibt es daher eine PTF. Warum sie die Aufgabe jedoch nicht übernehmen konnte, ist bisher nicht bekannt.