Hongkong 1961 - Britische Regierung erwog Nuklearschlag gegen China

Diskutiere Hongkong 1961 - Britische Regierung erwog Nuklearschlag gegen China im China Forum im Bereich Speziell; http://www.baz.ch/news/index.cfm?ObjectID=24405A04-1422-0CEF-703E14C80FB52316 Stellt sich mir allerdings die Frage dachte China (die...
Bleiente

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Die britische Regierung hat 1961 Nuklearschläge gegen China zur Verteidigung der damaligen Kronkolonie Hongkong in Erwägung gezogen. Das geht aus Dokumenten hervor, die am Freitag nach Ablauf der Geheimhaltungsfrist veröffentlicht wurden.
In Schreiben von Regierungsmitgliedern an Premierminister Harold Macmillan wurde der Einsatz von Nuklearwaffen als einzige Alternative zur Aufgabe Hongkongs bei einer Invasion der chinesische Volksarmee dargestellt. Danach erörterte die Londoner Regierung, wie der kommunistischen Führung in Peking klar gemacht werden könnte, dass die USA in einem solchen Falle Atombomben über China abwerfen würden.
Die Dokumente aus den Jahren 1957-1961 wurden vom Nationalarchiv in Kew bei London freigegeben. Dazu gehört ein Schreiben des Aussenministers Alec Douglas-Home an Verteidigungsminister Harold Watkinson und den Premierminister vom 22. Februar 1961: "Es muss für die Amerikaner klar sein, dass Hongkong nicht mit konventionellen Mitteln zu verteidigen ist und dass im Falle eines chinesischen Angriffs Nuklearschläge gegen China die einzige Alternative zu einer vollständigen Aufgabe der Kolonie wären."
Aus weiteren Dokumenten geht hervor, dass Londoner Militärs ermächtigt wurden, mit ihren US-Partnern eine Beteiligung der britischen Luftwaffe an Angriffen gegen China zu erörtern. Hongkong war seit 1842 britische Kolonie und wurde 1997 an China zurückgegeben.
http://www.baz.ch/news/index.cfm?ObjectID=24405A04-1422-0CEF-703E14C80FB52316

Stellt sich mir allerdings die Frage dachte China (die Volksrepublik) jemals ernsthaft (vor allem an entscheidender Stelle) daran in Hongkong einzurücken oder wollte man einfach nur abwarten bis zur Rückgabe ?
 

Gustav Anderman

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Bleiente schrieb:
http://www.baz.ch/news/index.cfm?ObjectID=24405A04-1422-0CEF-703E14C80FB52316

Stellt sich mir allerdings die Frage dachte China (die Volksrepublik) jemals ernsthaft (vor allem an entscheidender Stelle) daran in Hongkong einzurücken oder wollte man einfach nur abwarten bis zur Rückgabe ?
Gute Frage, ich könnte mir vorstellen das unter Mao und während der Kulturrevolution Hong Kong erobert hätten, wenn sich eine möglichkeit ergeben hätte dies ohne größer militärsiche Auseindersetzungen zu tun.
Deng Xiao Ping hat sich mit Thatcher geeinigt, obwohl Thatcher den Pachtvertrag gern um 99 Jahre verlängert hätte.

Interessanter finde ich, das die briten den chinesen klarmachen wollten das die USA Atombomben auch China abwerfen könnten und das GB mit den Amerikaner über eine Beteiligung der RAF verhandeln wollte.
Scheinbar wollte Macmilan keine britischen Atomwaffen einsetzen.
 
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Gustav Anderman schrieb:
Interessanter finde ich, das die briten den chinesen klarmachen wollten das die USA Atombomben auch China abwerfen könnten und das GB mit den Amerikaner über eine Beteiligung der RAF verhandeln wollte.
Scheinbar wollte Macmilan keine britischen Atomwaffen einsetzen.
Oder er konnte keine britischen einsetzen! Im Jahre 1961 waren die V-Bomber die Träger der britischen Bombe. So wie die "Three Lions" waren auch die drei V-Bomber Halbheiten: zu wenig Reichweite, mäßige Technologie, und dafür dann auch zu langsam.
Problem wäre für die Briten vor allem gewesen, die Bomber nach Hong Kong oder in die Nähe zu bringen. Hong Kong als Basis scheidet de facto aus, da die Stationierung von Atomwaffen samt Träger sicherlich eine zu krasse Provokation gewesen wäre. Singapur ist 2500km entfernt, Malaysia 2000km. Weder Victor noch Vulcan hatten ausreichende Reichweite bzw sie war se
hr marginal. Jedoch war China 1961 sicherlich kein sonderlich starker Gegner.

Des Weiteren mangelte es den Briten eventuell an taktischen Bomben und Bombern. Sie wollten ja vermutlich keine chinesische Stadt ausradieren, sondern die Truppen bekämpfen. Dazu ist eine Vulcan mit 50er-Jahre Navi-Equipment so gar nicht geeignet. Da hätte man die Hilfe des TAC oder der USN in Anspruch nehmen müssen.

Dazu auch die Zeit bedenken: England hatte gerade seine letzten Kolonien in Afrika verloren, war einige Jahre früher im Suez-Abenteuer verstrickt und hatte in Malaya gerade einen Bürgerkrieg ausgefochten. Dazu diese Seite:
http://www.zeithistorische-forschungen.de/site/40208301/default.aspx
 
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Großbritannien fehlte zu dieser Zeit die Möglichkeit mit eigenen Nuklearwaffen gegen China vorzugehen (s.o.).

Zudem befand sich zu dieser Zeit gerade das britische Empire in seiner Selbstauflösung und Hong Kong war eine der wenigen Kolonien, in der es keine Ablösungs- oder Autonomiebestrebungen gab. Ohne Hong Kong hätte Großbritannien strategisch gleich einen Riesenschritt rückwärts gemacht. Der Einsatz von Nuklearwaffen war damals noch nicht ganz so tabu, wie es dann in den 70er/80er Jahren wurde. Noch 1954, während der Belagerungsschlacht um Dien Bien Phu war ebenfalls über eine Nuklearoption diskutiert, dies aber als aussischtslos verworfen worden. Zumal die USA sich zu einem aktiven Eingreifen nicht entschließen konnten.

Der Kommunismus war damals in jener Weltzone sehr stark im Vordringen befindliche, aus diversen Gründen. Die Auseianndersetzungen in Vietnam hatten schon begonnen, wenn auch noch auf der Scharmützelebene.

Ein Wegfall von Hong Kong hätte auch die Philippinen einer gewissen Bedrohung ausgesetzt. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass viele US-Militärs mit ihren britischen Freunden vollkommen übereingestimmt haben.
 
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mcnoch schrieb:
Ein Wegfall von Hong Kong hätte auch die Philippinen einer gewissen Bedrohung ausgesetzt. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass viele US-Militärs mit ihren britischen Freunden vollkommen übereingestimmt haben.
Auch so hätten die USA im Jahre 1960 (ob nun noch Eisenhower oder schon Kennedy, die geben sich da nicht viel) gerne auch für marginalen Anlaß den Chinesen ne Bombe aufgebrummt. Immerhin haben sie in Korea vor allem gegen chinesische "Freiwillige", dazu kam die Bedrohung Taiwans und Mao's blutige (~5 bis 15 Millionen Tote) Kollektivierung.

Die Theorie des "Containments", welche ja die strategische Rechtfertigung des Vietnam-Desasters war, kam ja aus der relativ turbulenten Zeit der 50er: Wiedererstarken der Sowjetunion (damals gingen viele davon aus, dass die SU die USA wirtschaftlich bald einholen werde), Achse Moskau-Peking, kommunistische Rebellen in vielen Ländern, niedergeschlagene Aufstände in Ungarn und der DDR, Revolution in Cuba und der brüchige Frieden in Korea. Die westliche Welt fühlte sich teilweise mit dem Rücken zur Wand. Das die Kommunisten auch nur mit Wasser kochten und die SU die starke Entwicklung der 50er Jahre nicht durchhalten konnte wurde erst später offenbar.
 

Gustav Anderman

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mcnoch schrieb:
Zudem befand sich zu dieser Zeit gerade das britische Empire in seiner Selbstauflösung und Hong Kong war eine der wenigen Kolonien, in der es keine Ablösungs- oder Autonomiebestrebungen gab. Ohne Hong Kong hätte Großbritannien strategisch gleich einen Riesenschritt rückwärts gemacht.
Wieso das, das britische Imperium befand sich seit der unabhänigkeit Indiens in Auflösung, wie soll da der Verlust einer Stadt, mit wenig Wirtschaftkraft (zumindest damals) ein Riesenschritt rückwärts gewesen sein.

mcnoch schrieb:
Der Kommunismus war damals in jener Weltzone sehr stark im Vordringen befindliche, aus diversen Gründen. Die Auseianndersetzungen in Vietnam hatten schon begonnen, wenn auch noch auf der Scharmützelebene.
In Malaysia auch schon.

mcnoch schrieb:
Ein Wegfall von Hong Kong hätte auch die Philippinen einer gewissen Bedrohung ausgesetzt. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass viele US-Militärs mit ihren britischen Freunden vollkommen übereingestimmt haben.
Das die Amerikaner wenn es um die chinesisch kommunistische Bedrohung ging in 60ziger Jahren des vorigen Jahrtausend mit den Briten übereinstimmten bezweifele ich nicht.
Obwohl mich verwundert, mit welcher Selbstverständlichkeit, es Macmillan voraoussetzt das die Amis bereit sind es zu tun.
Ich halte ein chinesisches Hong Kong aber für keine Bedrohung für die Philippinen, sollte schließlich genügend andere Hafenstädte an der Küste Chinas geben.
 
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Gustav Anderman schrieb:
Wieso das, das britische Imperium befand sich seit der unabhänigkeit Indiens in Auflösung, wie soll da der Verlust einer Stadt, mit wenig Wirtschaftkraft (zumindest damals) ein Riesenschritt rückwärts gewesen sein.
Hier muss auch die psychologische Bedeutung miteinbezogen werden. Die Briten waren auf dem Rückmarsch, China auf dem Weg zur Atommacht. Das Empire war Ende der 50er noch keine Geschichte. Zwar waren viele Besitzungen verloren, aber die Briten verstanden sich weiterhin als Macht mit Weltgeltung (siehe auch den Link, welchen ich gab). Die hohen Kosten des Kalten Kriegs und die schwach wirtschaftliche Entwicklung ließen den britischen Einfluss immer weiter schrumpfen, an seine Stelle traten sukzessive die USA und teilweise die Sowjetunion. Gerade in Asien war die Ausbreitung des Kommunismus (oder besser: Ausbereitung von Regimen unter Vorhaltung kommunistischer Ideologie) ja vor allem eine Folge der De-Kolonialisierung. Die Amis waren nicht in der Lage (oder eher nicht bereit), die Lücke nach der japanischen Niederlage dauerhaft zu füllen. Wie man in vietnam gesehen hat, wäre es wohl auch schief gegangen.

Großbritannien konnte seine Besitzungen nicht dauerhaft halten, speziell nicht gegen Nationen wie China und SU, welche Unabhängigkeitsbestrebungen (welche sich einen ausreichend roten Anstrich gaben) massiv unterstützen.
 
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Schorsch schrieb:
(...)So wie die "Three Lions" waren auch die drei V-Bomber Halbheiten: zu wenig Reichweite, mäßige Technologie, und dafür dann auch zu langsam.(...)
Hallöle,
also da muss ich dir (teilweise) wiedersprechen,
klar waren die Vic's und Vulcans gedacht für One-Way Flüge in die Sowjetunion. (Ich glaub es war nie eingeplant das die von da zurückkommen aber das ist eine andere Geschichte)

Die Reichweite mit (Combat Range) 2400km (Victor) und 3700km (?) (Vulcan) wären ausreichend gewesen für schläge rund um Hong Kong (von Manila aus, gabs Clark AFB damals schon ? da versagt mein Wissen) bzw. in Richtung China (Shanghai) von Kadena (Okinawa) aus.

Die Victor und Vulcan waren damals m.W. schneller als alle US-Bomber, hoher Unterschall (0.95-0.98 Mach beide, es gibt auch ne (wahre) Geschichte einer Victor die Überschall im Sinkflug geschafft und überlebt hat) in großer Höhe.

Als Kernproblem ist glaube ich anzusehen das die Vulcans erst '66 auf die konventionelle Rolle umgerüstet wurden.
D.h. man hätte gar nichts anderes Abwerfen können als Nuklearwaffen.
Einen Strat. Bomber für taktisches Bombardement einzusetzen halt ich aber auch für Sinnfrei. (Später vielleicht, nach der umrüstung zur Luftbetankung und Nachrüstung mit TFR)

Die Technologie die in beiden eingesetzt wurde kann ich nicht beurteilen, allerdings muss sie robust gewesen sein.
Die Victor Tanker waren '91 im Golf Krieg II eines der zuverlässigsten Flugzeuge (100% Einsatzrate, 283 (?) Einsätze, alle geflogen)

grüße
Peter
 
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Ich würde jetzt mal ernsthaft bezweifeln, dass man die Bomberbesatzungen im Falle von Hong Kong ähnlich bereit zu opfern gewesen, wie im Falle eines Nuklearschlages gegen das britische Heimatland. DIes dürfte auch eine ganz andere Motivationslage für die Besatzung solch eines Bombers gewesen sein. Ein One-Way-Einsatz in dieser Region der Welt war also ausgeschlossen.
 
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mcnoch schrieb:
Ich würde jetzt mal ernsthaft bezweifeln, dass man die Bomberbesatzungen im Falle von Hong Kong ähnlich bereit zu opfern gewesen, wie im Falle eines Nuklearschlages gegen das britische Heimatland. DIes dürfte auch eine ganz andere Motivationslage für die Besatzung solch eines Bombers gewesen sein. Ein One-Way-Einsatz in dieser Region der Welt war also ausgeschlossen.
Hallo mcnoch,

pardon, da hab ich mich wohl falsch ausgedrückt, ich meinte damit das die Bomber bzw. Einsatzdoktrin ursprünglich wohl so geplant war. Das war nicht direkt auf die Hong Kong Geschichte bezogen :)

grüße
Peter
 
Thema:

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