Meine Meinung nach einem tiefergehendem Lesen:
Der obige "Klappentext" auf der Rückseite des neuen Buches offeriert spannenden und interessanten Lesestoff zu einem berühmt berüchtigten Jagdflugzeug der ehemaligen Deutschen Luftwaffe. Ob nun Beuteflugzeuge, Lizenz-, Nachkriegsproduktion oder verkaufte Exemplare, die Messerschmitt Bf 109 unter fremden Hoheitszeichen ist faszinierend, denn bisher haben es nur wenige Autoren fertiggebracht zu diesem Thema ein paar Worte und Bilder zu veröffentlichen. Diesbezüglich stellt das Buch eine Bereicherung dar und es ist auch in Deutsch geschrieben - von deutschsprachigen Autoren. Ein großer Pluspunkt, denn oft hat man den Eindruck, nur das Ausland kann über die Deutsche Luftwaffe etwas schreiben.
Ich habe viele interessante Kapitel in diesem Buch gelesen. Besonders haben mich die Darstellungen zur Israelischen Luftwaffe fasziniert, so daß ich sogar vergaß an der richtigen U-Bahnstation auszusteigen. Das ist mir selten passiert. Zu jeder "Fremdflagge" findet man mehr oder weniger solcher Informationen. Für einen Einsteiger oder Anfänger sind dies weitreichende Informationen.
Aber ... es gibt da auch Schattenseiten
, die zu einer gewissen Nivelierung des Lobes führen und nicht unerwähnt bleiben sollen:
... Becker - der auf zahllose Originalunterlagen und mehr als 1000 Bücher umfassende Handbibliothek zurückgreifen kann - gilt heute als profunder Kenner der Materie. ...
Sorry, aber wenn ich so etwas lese, dann stellt sich bei mir sofort die Frage, wie alt sind diese Büchersammlungen, die der Autor für seine Wissensquellen benutzt und hat er bemerkt, dass einer vom anderen die Fehler abschreibt und sogar noch fehlerhafter wiedergibt? Ich zweifle am profunden Wissen, wenn diese Sammlung als Fundus der Autoren bezüglich Bf 109G6,10 und 14 gelten soll, denn in diesem Buch gibt es eine Reihe von Fehlern, die einem solchen Autor einfach hätte nicht passieren müssen. Diese Fehler sind schon so alt, dass die Quellen aus den 70ger Jahren des letzten Jahrhunderts stammen müssen.
Was hat der Lektor fachlich für dieses Buch gemacht?
Wie gewöhnlich, so mogeln sich auch diese beiden Autoren an einer fundierten Darstellung der G-10 Serie vorbei. Zugegeben - es ist nicht einfach, gerade bei dieser Version die Übersicht zu behalten, aber es geht mit einiger Hilfe! Aber die Autoren stützen sich lieber auf die ominöse G-10AS, die keine solche ist, da es keine solche gegeben hat. Vielmehr gibt es hier nur verschiedene Hersteller der G-10, die auch äußerlich gut erkennbar sind und in den 70ger und 80ger Jahren des letzten Jahrhunderts aus Mangel an Information zu einer solchen G-10AS bzw. G-10(a) G-10(b) führten. Dummerweise machten die Autoren sich nicht in aktueller italenischer,tschechischer oder US-amerikanischer Literatur schlau, denn dort wird in hervorragender Weise auf dieses Thema eingegangen, schade!
Die Grafiken sind auf den ersten Blick schön bunt. Schluß, Ende, Aus. Dem Grafiker ist es nicht gelungen Originalität in seine Grafiken zu bringen. Dafür werden falsche Dimensionen in der geometrischen Anordnung und Größe übersehen bzw. im Zuge künstlerischer Freiheit einfach ignoriert. Hinzukommt, dass die fraglichen Grafiken nicht einmal ein Gewitterfoto aus Vorlage haben, Ausnahmen bestätigen die Regel! Woher stammen dann die Farbangaben des Grafikers? Inwieweit der Grafiker daran Anteil hat weiß ich nicht, aber eine entsprechende Vorlage hätte wohl hier Abhilfe getan.
Gehen wir doch ein bißchen ans Eingemachte und schauen wir auf einige nicht unwichtige Kapitel in diesem Buch:
Entstehung, Werdegang, Baureihen:
S.34: eine Me 109G-14 mit 660x190-Rädern (Ballonreifen), die gwöhnlich teilweise bei G-10 und schließlich nur noch bei der K-Version benutzt wurden? Das wäre eine Sensation, aber leider ist diese Behauptung nicht anhand eines Fotos oder anderer originaler Dokumente nachgewiesen worden.
Bulgarien:
S. 55 oben: diese bulgarische Me 109G-12 hat eine ungwohnte geänderte Kabinenverglasung (siehe hinten) Leider findet man keinen Hinweis weiter dazu.
Der Hinweis auf Seite 49, Foto oben ist irreführend, denn auch Me 109E's hatten bereits "geänderte" schmalere Kreuze als Hoheitszeichen. Man muß nur ein bißchen vor- und zurückblättern, dann findet man solche Fotos.
Frankreich:
S. 88, Bild oben, die Me 109E wird der französichen Luftwaffe gutgeschrieben, warum ist aber unbekannt, denn die S/W Farben zeigen eindeutig eine britische Maschine, vor allem wenn die Farbfolge der Natiolnalflagge am Seitenleitwerk die der britischen (Rot-Weiß-Blau) entsprechen.
Italien:
S.138, Bildserie: eine schöne Bild-Serie von Me 109G-10 Erla-Produktion und nicht G-10AS
S.139, Bilder sind ebenfalls von eine G-10 aus der Erlaproduktion.
S.140, Bild oben: Ein Superbild eine G-10 Erla-Produktion, Wnr.:491333, [Quelle:Camouflage and Markings of ANR 1943-1945]
S.142, Bild oben: G-10/ AS ?? Woher stammt diese Erkenntnis?
S.143, Bild oben: ... schwarze 7 ... - eine tolles Bild aus ital. Quellen - einer G-10 aus der Erla-Produktion. Haben die Autoren Angst gehabt das zu schreiben oder wußten Sie es nicht besser?
S.143, Bild unten: Hierbei soll es sich um eine G-14/AS handeln, leider ist die Wnr. bis heute unbekannt, Quelle siehe oben (*).
S.145, Bild oben: dies ist mit aller Sicherheit eine G-14, Wnr.464464 (und keine G-10) und was soll mit der Anmerkung bezüglich des Antennenmastes ausgesagt werden? ... dass es sich um eine G-10 handelt? Was wollen die Autoren mit dem Text zum Balkenkreuz der uneren Abbildung aussagen? [Quelle:Camouflage and Markings of ANR 1943-1945]
S.148, Bild oben/ unten: Ich kann hier keine Version G-12 (Doppelsitzer) erkennen. Wie kommen die Autoren denn darauf? Beides sind eine G-6 bestenfalls eine G-14 Version.
Polen:
S.!79 -181: eine nette Geschichte, aber ich kann beim besten Willen keine polnische Maschine einer Bf 109G-10 finden, denn das Personal der 318.Squadron gehörte der RAF an und bestand aus polnischen Exilpiloten, die damals ihre Heimat verließen und sich den britischen Streitkräften anschlossen.
Uns so weiter .....
Unterm Strich ist dieses Buch nur ein mittelmäßiges Übersichtswerk, dem es an fachlicher Tiefgründigkeit und Originalität fehlt. Obwohl es genügend neuer Fachliteratur gibt, die man immer noch an einer Hand abzählen kann, aber es gibt sie doch und ein Fachlektor hätten diese Dinge auffallen müssen, es sei denn es war so gewollt?:(