Frage an die Helipiloten

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burgman

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Moin moin,

ich frage hier jetzt einfach mal - weis aber nicht ob ich hier richtig bin:

Ich bin nach 35 Jahren Flächenflug im Modellbaufliegen jetzt mit der RC-Helifliegerei angefangen. Keine größeren Schäden, soweit alles im Lot.

Aber eins fiel mir auf.

Wenn ich mit meinen Indoor-Helis in die Nähe von Wand bzw. Decke komme, habe ich das Gefühl, als wenn sich die Helis regelrecht zur Wand oder Decke "hinsaugen"......ist das bei den manntragenden Helis ähnlich? Wenn ja, dann wird meine schon vorhandene Hochachtung vor den SAR-Piloten noch größer.

Und wenn ja, warum ist das so?

Vielleicht kann mir jemand Hinweise oder Aufklärung geben.

Gruß aus Kiel
Thomas
 

Dr. Seltsam

Guest
Wenn man sich das Strömungsverhalten ansieht, wenn neben und unter dem Hubschrauber ein größeres Hindernis ist (z.B. Hauswand und Boden oder Felswand und Vorsprung), dann zirkuliert die Luft wieder nach oben und drückt von oben auf den Rotor. Das drückt einen Hubschrauber dann nach unten und könnte wohl auch als Sogwirkung gedeutet werden.
Bei einer Zimmerdecke ist das wohl sicherlich eine Sogwirkung. Aber so etwas würde es im richtigen Leben ja nur geben, wenn der Hubschrauber dicht unter einer Hallendecke o. ä. fliegen würde.
 
Hirsch

Hirsch

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Das könnte man als Deckeneffekt bezeichnen, obwohl dieses Wort nicht offiziell geprägt worden ist (im Gegensatz zum Bodeneffekt).
Der Deckeneffekt tritt auf, wenn man - in Analogie zum Bodeneffekt- ca. im Rotordurchmesser-Abstand "vollflächig" unter einer Decke fliegt, noch dazu nur bei relativ geringen Geschwindigkeiten. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit-Abstand-Kombination verliert sich der Effekt. Bei Modellfliegern auf Grund der geringen Abmessungen kein Problem, bei den richtigen Hubschraubern fliegt man eher selten unter einer Decke in solchen Größenordnungen. Bleiben nur geschlossene Brücken mit entsprechender Tiefe oder ähnliches.
Der Effekt des Hinziehens zu einer seitlichen Begrenzung entsteht dadurch, das die nach unten verdrängte Luft nicht seitlich abfließen kann, was sie normalerweise tut, und so in einen vertikalen Kreislauf gerät. Das ganze vermindert die Effektivität enorm, zumal hier ja noch die Gefährlichkeit der unbeabsichtigten Annäherung hinzukommt. In der Praxis sollte man also wohl darauf achten, wenn es schon eng ist, in alle Richtungen einen gleichmäßigen Abstand zu haben, da sich dann die Wirkungen auf alle 2 (4) Richtungen verteilt. Bekanntermaßen gibt es solche Effekte der vertikalen Wirbel bzw. kreisförmigen Strömungen z.B. in engen Lichtungen oder auch in Stadien, da durch die "Wände" das seitliche Abfließen behindert wird. Insgesamt schlucken die Wirbel aber viel Energie, die man eigentlich zum Steigen benötigt. Man muss also erheblich mehr Leistung aufbringen, um starten/landen zu können und muss zudem noch, je nach Beschaffenheit der Umgebung, mit stärkerer Böigkeit leben.
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Rene_Helifly

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Das ist doch ein analoger Effekt zum Wirbelringstadium, bzw ist ja im Prinzip das selbe
 
Hirsch

Hirsch

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Nee, der Wirbelringzustand kommt erst später.
Auf den "normalen" Flugzustand bezogen tritt der Wirbelringzustand erst auf, wenn die Anstellwinkel an den Blättern zu groß werden (von mir aus auch: der Einfluss des Bodeneffekktes zu groß ist, so dass überkritische Anstellwinkel erreicht werden) und damit größere Teile des Blattes keinen Auftrieb mehr liefern. Die Maschine sinkt trotz extrem hoher Anstellwinkel, was dem Flieger u.U. widersinnig erscheint.
Im Bodeneffekt werden die Anstellwinkel durch die imaginäre Anströmung der Blätter von unten zwar größer, sind aber in einem normalen Flugzustand einer Standschwebe oder eines mäßigen Sinkens in einem normalem Bereich. Erst wenn die Anströmung von unten zu groß ist, werden die Anstellwinkel überkritisch. Aus diesem Grunde gibt es Begrenzungen für die Sinkgeschwindigkeiten, die je nach konstruktiver Auslegung bei den einzelnen Typen eben unterschiedlich sind. Außen und innen beginnend sind kreisförmige Bereiche im Wirbelringzustand (vortex) und bringen keinen Auftrieb mehr mit, trotz gleichbleibender Energiehungrigkeit - schließlich verringert sich der Widerstand nicht.

Im Deckeneffekt wird durch das verhinderte/verminderte Abfließen der Luft von oberhalb des Rotors nach unterhalb die Geschwindigkeit des Abstromes vermindert (induzierte Geschwindigkeit wird geringer, imaginäre Anströmung der Blätter von unten). Damit wird der Anstellwinkel auch größer, was ja letzten Endes zu einen überdurchschnittlichen/ unerwarteten Steigen führt, aber die Größe des Anstellwinkels wird praktisch nicht überkritisch. Das liegt vielleicht weniger an dem technischen Unvermögen, die Steigung der Tragschraube so weit zu erhöhen, als vielmehr an der praktischen Untauglichkeit der Methode: kein Mensch wird, 2m unter der Decke schwebend, den Pitch durchziehen. Hinzu kommt, dass infolge des Ziehens die Maschine normalerweise steigt (Leistung vorausgesetzt), und das Steigen eine Anströmung von oben hervorruft, was eine Anstellwinkelverringerung bewirkt. Effekt also paralysiert...
Der Wirbelringszustand mit überkritschen Anstellwinkeln führt in jedem Falle zu Effektivitätsverlust und Sinken, was aber in unserem Falle des unter der Decke klebenden Modell-HS nicht eingetreten ist. Dieser befindet sich nicht im Wirbelringzustand.
 
grinch

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wahrscheinlich irgendein Flugplatz
INee, der Wirbelringzustand kommt erst später.
...
Im Bodeneffekt werden die Anstellwinkel durch die imaginäre Anströmung der Blätter von unten zwar größer, sind aber in einem normalen Flugzustand einer Standschwebe oder eines mäßigen Sinkens in einem normalem Bereich. Erst wenn die Anströmung von unten zu groß ist, werden die Anstellwinkel überkritisch.
Aufgrund des Bodeneffektes kann es keinen Wirbelringzustand (Vortex) geben, da der vom Boden in Richtung Hubschrauber reflektierte Luftstrom ja durch den Luftdurchsatz der Tragschraube in Richtung Boden erzeugt wird. Würde sich der Tragschraubenluftdurchsatz durch eine vom Boden ausgehende "Gegenströmung" verringern, würde sich diese "Gegenströmung" volkstümlich gesagt "selbst das Wasser abgraben"!
Weniger Luftdurchsatz ---> weniger Bodeneffekt.

Bodeneffekt tritt nur bei niedrigen Geschwindigkeiten und geringen Höhen auf. Ohne Windberücksichtigung ganz grob gesagt im Bereich Geschwindigkeit kleiner 20-25kt, Flughöhe kleiner als die Hälfte des Tragschraubendurchmessers. Angenommen man fällt mit einem Hubschrauber im ausgeprägten Wirbelringzustand in diesen Bereich, würde es keinen Bodeneffekt geben, da es einen nur sehr kleinen nach unten gerichteten Luftdurchsatz der Tragschraube gibt. Abgesehen davon kann man im Vortex, wie ich persönlich in sicherer Höhe schon ausgetestet habe, leicht Sinkraten von 4000ft/min erreichen. Da spielen die letzten 10m keine Rolle oder entsprechen ungefähr einer halben Sekunde vor Aufschlag:TD:
 
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Hirsch

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Der Bodeneffekt schafft auf Grund des "Luftstaus" unter der Tragschraube, eine Pseudoströmung nach oben zu produzieren. Diese führt ja zu einer Anstellwinkelerhöhung und damit überhaupt erst zu erhöhter Effektivität, weshalb ja die Maschine bei gleicher Leistung steigt (verglichen mit einer Standschwebe außerhalb des Bodeneffektes). Diese Anströmung gibt es also rein aerodynmaisch schon, wenngleich man sie vielleicht nicht real messen kann. Aber sie rührt aus dem veränderten Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite der Tragschraube her, denn unterhalb kann die Luft nur erschwert abfließen, staut sich und produziert einen höheren statischen Druck, der halt "zurückdrückt". Deine Bemerkungen bezüglich Geschwindigkeit und Höhe stimmen natürlich.

Der Wirbelringzustand tritt ein, wenn zunehmende Teile des Rotors in überkritischen Anstellwinkeln laufen. Theoretisch würde man im BE das bei schon geringeren Einstellwinkeln der Blätter erreichen, aber das ist praktisch gesehen nicht so relevant. Denn im BE befinde ich mich wahrscheinlich deutlich unter 20m Höhe, und wer sich da beispielsweise 15m/s Sinken einstellt, hat ohnehin schon verloren. Die Anstellwinkelerhöhung, die alleine durch den Bodeneffekt erreicht wird, verursacht natürlich keinen vortex, aber der Anstellwinkel ist natürlich schon etwas näher am kritischen.
Die Anstellwinkelsache ist zugegebenermaßen vertrackt: SINKEN verursacht einen GROSSEN Anstellwinkel - und demzufolge größere aerodynamische Risiken als das Steigen, bei dem sich der Anstellwinkel VERRINGERT.

Fällt man in im Wirbelringzustand runter bis in die Höhe, wo sich den Bodeneffekt bemerkbar machen sollte, habe ich nichts davon - denn meine Anstellwinkel sind ohnehin schon überkritisch, und der BE bringt nur eine weitere Vergrößerung des Anstellwinkels. Die Vergrößerung des überkritischen Anstellwinkels bringt natürlich keine Auftriebsverbesserung mehr, die man vom Bodeneffekt erwartet. Er verstärkt in diesem Falle sogar den Wirbelringzustand, der Bereich des überkritisch laufenden Rotorteils wird größer.
 
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