Mitarbeiter retten Fluglinie Varig
Die Mitarbeiter der brasilianischen Fluggesellschaft Varig haben den angeschlagenen Carrier übernommen. Der Konkursrichter hat dem Kaufangebot des von der Mitarbeitervereinigung Trabalhadores do Grupo Varig (TGV) angeführten Konsortiums, NV Participações, den Zuschlag erteilt.
Das Konsortium hatte bei der Versteigerung am 8. Juni als einziger Bieter ein Angebot für Lateinamerikas größten Carrier abgegeben. Mit rund 1 Mrd. Reais (362 Mio. Euro) liegt dies bei rund der Hälfte des angesetzten Mindestpreises. Der zuständige Richter hatte bisher gezögert, dem Konsortium den Zuschlag zu erteilen, da Zweifel bezüglich dessen finanzieller Schlagkraft aufgekommen waren. Diese seien nun ausgeräumt, erklärte er am Montag.
Mit der richterlichen Entscheidung ist der unmittelbare Konkurs des Lufthansa Partners in Lateinamerika in letzter Sekunde abgewendet worden. In den vergangenen Tagen hatte sich die Situation dramatisch zugespitzt: Varig hatte kaum noch Geld für Treibstoff und die Flughafengebühren. Über hundert Flüge mussten gestrichen werden. Der Flugzeugbauer Boeing hatte zudem von der US-Justiz grünes Licht erhalten, sieben Flugzeuge zu beschlagnahmen.
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Bereits vor einem Jahr war das Konkursverfahren eröffnet und das Unternehmen unter Gläubigerschutz gestellt worden. Seitdem waren Dutzende von potenziellen Investoren auf- und wieder abgetaucht, und nicht abreißende Spekulationen hatten die rund 11.000 Varig-Mitarbeiter in Atem gehalten. Für die Brasilianer geht es nicht zuletzt um einen Teil ihrer Identität: Die Erfolgsgeschichte der vor 79 Jahren vom deutschen Pionier Ernst Otto Mayer in Brasilien gegründeten Fluglinie ist auch ein Symbol für den Aufstieg der ehemaligen Zuckerrohr-Kolonie zu einem industrialisierten und souveränen Schwellenland.
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Ob die nun erfolgte Übernahme durch NV Participações allerdings der rettende und letzte Schritt in dem Varig-Drama ist, ist fraglich. Unklar ist, wie Varigs neuer Eigentümer den erforderlichen Sanierungsprozess in Gang bringen will. Denn in den letzten Jahren waren Restrukturierungspläne nicht zuletzt am Widerstand derjenigen gescheitert, die nun das Unternehmen führen wollen - den Mitarbeitern. Sie hielten schon bisher die Mehrheit der Stimmrechte. Generell sieht der Restrukturierungsplan vor, dass der operative Teil der Varig mit den nationalen und internationalen Flugrouten ausgegliedert wird; die Schulden verbleiben bei der alten Varig-Gesellschaft. Juristische Unsicherheiten, die auch mit der künftigen Aufteilung und Handhabung der Schulden verbunden sind, hatten potenzielle Investoren, darunter Portugals TAP, von einem Einstieg, abgehalten. Die im Grunde mittellose TGV muss nun schnell beweisen, dass sie die Millionen auftreiben kann, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Bis Freitag muss sie 170 Mio. Reais in die Varig-Kasse einzahlen. Woher dieses Geld kommen soll, ist unklar. Ein TGV-Sprecher weigerte sich, die hinter dem Konsortium stehenden Investoren bekannt zu geben. Der Konkursrichter schloss eine erneute Auktion nicht aus.
http://www.boerse-online.de/tools/ftd/897383.html