Der Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel
Die rechtliche Legitimation
Über die nordatlantische und völkerrechtliche Legitimation des derzeitigen Afghanistankrieges kann man vortrefflich streiten. Es bleibt aber so, dass die Einsätze der Truppen im Mohn-Ländle politisch gewollt sind und daher auf jede gerade greifbare rechtliche Basis gestellt werden.
Die politische Legitimation
In mehreren Afghanistan-Geberkonferenzen seit 2001 wurden unter Mitwirkung des UN-Generalsekretariats Maßnahmen zur Stabilisierung eines Afghanistans mit freien demokratischen Wahlen, mit ziviler, polizeilicher und militärischer Infrastruktur- und Wirtschaftshilfe beschlossen und finanziert – und schließlich auch praktisch umgesetzt.
Die deutsche Rolle
Das deutsche Selbstverständnis nach seiner Wiedervereinigung, sein traditionelles Verhältnis zum Land Afghanistan und die Vorreiterrolle in der Aufbauhilfe für Afghanistan (drei Geberkonferenzen in Deutschland) legen ein deutsches Engagement im Land nahe. Darüber hinaus besteht ein politischer Druck anderer Partnerländer, dass Deutschland sich auch militärisch engagiert. Die bürgerkriegsähnliche Situation vor Ort lässt erkennen, dass ein Aufbau eines stabilen Staatssystems ohne militärischen Schutz unmöglich ist.
Das deutsche Verständnis von Militäreinsätzen
Die Zielsetzung der Befriedung und der Entwicklungs- und Aufbauhilfe ist bereits im Ansatz nicht ohne Militärintervention erreichbar und führt daher in Deutschland zu einem politischen Spagat und Erklärungsnotstand. Zu diesem Spagat gehört auch der Einsatz der Recce-Tornados im Süden Afghanistans von einer Basis im Norden des Landes aus.
Die geringe Popularität des Einsatzes deutscher Streitkräfte am Hindukusch (oder generell deutscher Kampfverbände im Auslands-Kriegseinsatz) führt somit auch zu einer Schönfärberei in der Politik und zu einer sachlich unzutreffenden Unterscheidung von „Aufklärungs-" und „Kampf-" Einsätzen.
Die Luftaufklärung
Fakt ist, dass die unterschiedlichen, verfügbaren taktischen, strategischen und satellitengestützten - bemannten und unbemannten - Aufklärungssysteme sich gegenseitig ergänzen und dass der Recce-IDS-Tornado eine Bereicherung der Aufklärungsmittel darstellt. Es ist auch unbestritten, dass das Vorhandensein einer breiten Palette an Aufklärungssensoren unverzichtbar für den Erfolg der militärischen Operationen in Afghanistan ist.
Das Dilemma
Wenn man die Risiken eines Militäreinsatzes betrachtet, fragt man sich nach dessen Sinn und Ziel, die die Gefahren für Leib und Leben der Truppe vor Ort rechtfertigen. Im Vordergrund steht als Antwort der Destabilisator „Taliban“ als Bürgerkriegspartei.
Rein militärisch gesehen hat man es mit einem schwierigen „asymmetrischen“ Gegenüber zu tun, der vor allem in seiner Logistik fließend zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten übergeht, da eine intensive Unterstützung der Taliban durch die regionale Zivilbevölkerung statt findet.
Das bergige Gelände und die weit verzweigten Höhlen- und Tunnelsysteme im afghanisch-pakistanischen Grenzgebirge begünstigen zusätzlich den ‚low-tech’-Gegner. Koordinierungsprobleme zwischen den ‚Alliierten’ in Afghanistan und den offiziellen pakistanischen Stellen verschärfen das Katz-Maus-Spiel in diesem Grenzgebiet zu Gunsten der Taliban und der dortigen ‚Al Qaida’.
Ein Kombattant ist relativ gut zu bekämpfen, ein Partisan schon schwieriger, und eine Ideologie nur schwerlich. Das tiefere Problem sehe ich darin, dass die islamisch-fundamentalistische Ideologie sich über Jahrhunderte in den Traditionen und Gebräuchen der Völker des Vorderen Orients etabliert hat.
So nimmt es nicht Wunder, dass ein Großteil der afghanischen und nicht minder der pakistanischen Bevölkerung den militanten Anhängern alteingesessener Stammesstrukturen und tradierter Denkungsweisen eines religiös begründeten Wertesystems zugetan ist und diese gegen die westlichen Einflüsse der ‚Hilfskräfte’ unterstützt, wo es nur geht - weil er deren Werte nämlich teilt.
Fazit
Hier stößt man an ein Problemfeld, das mit rein militärischen Mitteln unlösbar ist, geschweige denn mit bestimmten Mitteln der Luftaufklärung. Ich bitte darum zu entschuldigen, wenn ich die Perspektive eines Trilens- oder Telelens-Behälters ein wenig überschritten habe.