Es ist auch ganz interessant zu sehen, wie sehr sich China Eastern Airlines als ehemalige Regionaldivision „Ost“ der CAAC zur heutigen Größe gemausert hat – gerade auch wegen der dann gewachsenen Schmetterlingssammlung an verschiedenen Flugzeugtypen.
In der ersten Hälfte der 1990er zeigten sich aber sehr besorgniserregende Defizite bei der Infrastruktur des Luftverkehrs, bei der Ausbildung der Besatzungen, Techniker und technischen Handhabung sowie Betreuung der Flugzeuge. Auch bei China Eastern machten sich diese Probleme bemerkbar. Einerseits wurde in Hochglanzbroschüren der Eindruck erweckt, dass man eine langjährig existierende, erfahrene Fluggesellschaft mit einer modernen Flotte (u.a. Fokker 100, MD-82, Airbus A300/310 und MD-11) wäre. Die Realität sah leider oft anders aus. Oft wurde seinerzeit von Flugreisenden nur die (eigentlich unerhebliche) Feststellung gemacht, im welch schmutzigen und verwahrlostem Zustand oftmals die Kabinen waren. So sammelte sich Dreck über mehrere Einsatzwochen und dies schien dem Unternehmen nicht zu stören. Ich war und bin aber davon überzeugt, dass (abgesehen von normalen Gebrauchsspuren und Alter) der Zustand einer Kabine und allen damit verbundenen Eindrücken sehr wohl einen tendenziell aufzeigen kann, welche Kultur in einem Unternehmen gelebt wird. Erschwerend kommt dann aber noch hinzu, wenn die Kundschaft zusätzlich durch ihr Verhalten den Zustand nur noch verschlimmert hatten. Der Gebrauch von Waschräumen will gelernt sein.
Auch wurden teilweise nicht vorhandene Englischkenntnisse festgestellt. Als eine MD-82 der China Northern Airlines 1993 abstürzte, konnte man seriösen Quellen nach auf dem CVR hören, wie einer der Piloten seinen Kollegen fragte, was denn (die Frauen-Computerstimme) mit „PULL UP“ meinen würde. Das Flugzeug streifte eine Hochspannungsleitung, zerschellte auf einem Feld und fing Feuer. Eine Mischung verschiedener Faktoren (wahnsinnige Wachstumsraten, mangelnde Infrastruktur, Profitgier, Mentalität, ich gehe sogar soweit und behaupte „Lebenseinstellung“ usw.) ermöglichte erst diesen gefährlichen Cocktail und den Eindruck, dass es für die Mehrheit der Mitarbeiter in dieser Phase ein Normalzustand und man immun gegen irgendwelche Verbesserungen war. Erst eine staatliche Einmischung (Verbot von Wachstum bis die Infrastruktur ausgebaut ist), führte zu einer Normalisierung und auch Reduzierung der Unfallrate. Unterdessen war es hinter vorgehaltenen Händen den westlichen Flugzeugherstellern klar, dass einerseits ein unglaubliches Marktpotential sich aufzeigen könnte, der Zustand der Flugzeuge aber nach nur wenigen Einsatzjahren (im Vergleich zu anderen Flugzeugen anderer Regionen mit ausgeprägter Sicherheitskultur) vergleichsweise schlecht sein würde.
Für China Eastern war die Entscheidung zugunsten der MD-90 eine flottenpolitisch sehr logische Entscheidung, da man ja MD-82 einsetzte. Das ambitionierte Programm für die Lizenzproduktion der MD-90 in der VR China wurde aus verschiedenen Gründen nicht mehr umgesetzt, genauso auch die Idee, die Produktion der MD-80/-90 und MD-95 nach dem Ende von McDonnell Douglas nach VR China zu verlagern. Dies hätte sehr viele Unternehmen erfreut, da diese Serie dann weiterhin produziert worden wäre. 1998 wurde tatsächlich in der Fachpresse gemeldet, dass man kurz vor Vertragsunterzeichnung für bis zu 100 Boeing 717 verschiedener chinesischer Fluggesellschaften stehen würde, pünktlich nach dem Jungfernflug des 100-Sitzers.
Die MD-90 selber sollte übrigens als „MD-90-Trunkliner“ entwickelt werden, sehr ähnlich den Original Airbus A320 der Indian Airlines mit Tandem-Hauptfahrwerken für den Einsatz auf schlechter befestigten Pisten. Die Verbesserung der Infrastruktur in der VR China machte diese Entwicklung obsolet. Sicherlich haben sich McDonnell Douglas mehr Erfolg ein Asien erhofft, aber die Ausbeute war für eine einzige Verkaufstour und den schon bestehenden (auch sicherlich politisch geförderten) Geschäftsbeziehungen nicht schlecht, wenngleich nicht vergleichbar mit heutigen Bestellzahlen.
Und sicherlich ist der Betrieb der MD-90 recht teuer wie Mitglied "Philipus" es schrieb, wenn man nur eine recht kleine Flotte einsetzt und möglicherweise auch noch der einzige Nutzer ist. Die KTHY setzte zum Beispiel einst MD-90 ein und beklagte dann ziemlich schnell, wie unpassend die MD-90 sei und unzuverlässig und schlecht zu warten. In Europa gab es mit der SAS auch nur einen einzigen zweiten Nutzer der MD-90. Bei SAS wurden ja 2005 die MD-90 u.a. auch aus diesem Grund ausgemustert – zu kleine Teilflotte mit eigenem Pilotenpool. Zuvor gab es zwei Optionen: Erweiterung der Flotte durch gebrauchte MD-90 (die 16 MD-90 der Delta wurden in Foren erwähnt!) oder Ausmusterung.
In Asien sah es schon besser aus, da zumindest in der VR China zwei Airlines dieses Modell einsetzten, in Taiwan und Japan ebenfalls dieses Modell ihre Verbreitung fand. Bei China Eastern war zum Zeitpunkt des MD-90-Flottenaufbaus die Flottengröße sogar gar nicht so klein, wenn man bedenkt, dass man nur relativ kleine Stückzahlen anderer Flugzeugtypen einsetzte. Das unglaubliche Wachstum und Übernahmen anderer Fluggesellschaften katapultierte dann China Eastern zu neuen Größen und je nach aktueller politischer Großwetterlage wurde die Flotte durch modernste Flugzeuge der Airbus A320-Familie und Boeing 737-Familie deutlich ausgebaut. Beide Modelle können ja unabhängig voneinander erhebliche betriebliche Vorteile gegenüber der MD-90 bieten. Man schaue sich auch China Southern an: die von China Northern Airlines übernommenen MD-80/-90 waren sehr schnell auf der Abschussliste (man bestellte Airbus A319 als Ersatz der MD-82), aktuell sind nur noch die MD-90 im Einsatz.
Nun wurde der Überführungsflug der letzten MD-90 von China Eastern in die USA zwischen dem 10. und 14. August absolviert und mal sehen, wann alle neun MD-90 der China Eastern fortan bei Delta ihren Dienst versehen.
Gruss