Männerspielplatz – ein Schnupperflug im Helikopter

Diskutiere Männerspielplatz – ein Schnupperflug im Helikopter im Hubschrauberforum Forum im Bereich Luftfahrzeuge; „Da sieht einer aus, als ob er Hubschrauber fliegen will“, sagt der Fluglehrer als er auf mich zukommt. Woher er das weiß? Nun: Der Schnupperflug...
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„Da sieht einer aus, als ob er Hubschrauber fliegen will“, sagt der Fluglehrer als er auf mich zukommt. Woher er das weiß? Nun: Der Schnupperflug war gebucht, und außer mir ist weit und breit niemand da!

Mich ernsthaft für Flugstunden anzumelden, das hat mir meine Familie unter Andro-hung schwerster Strafen verboten. Ein Schnupperflug aber wurde mir zugestanden, wenn auch nur zähneknirschend. An einem schönen, sonnigen Samstagmorgen um 11 Uhr sollte es also soweit sein. Kommentar der holden Gattin: "Schade um das schöne Geld."
 
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Die R22 des Fördervereins Allgemeine Luftfahrt in Zweibrücken steht bereit, hat schon einen Flug mit einer echten Flugschülerin hinter sich. Jetzt muss sie sich auf einen wackeligen Ritt gefasst machen.

Schon ein komisches Gefühl, sich auf dem Platz vorne rechts niederzulassen, wenn man sonst nur links oder hinten gesessen hat. :engel:
 
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Motorstart

Nachdem die Kraftstoffzufuhr freigegeben ist, wird der Kolbenmotor gestartet. Es funktioniert genau wie das Anlassen eines Autos. Mit einer ganz vorsichtigen Drehung am vorderen Ende des Pitch gebe ich etwas Gas. Weil die Maschine gerade erst geflogen war, sind die nötigen Temperaturen schnell erreicht. Also noch ein bisschen Gas dazu …

Foto: Blick in den Männerspielplatz
 
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Der Fluglehrer erledigt en passent ein Paar Checks. Dann drehen wir weiter auf etwa 100 Prozent. Mit einem kleinen Kippschalter am Pitch aktiviere ich den Governor. Er wird jetzt dafür sorgen, dass die Motor- und Rotor-Drehzahl ohne unser Zutun konstant gehalten wird.

An „Zweibrücken Info“ setzt der Fluglehrer einen Funkspruch ab, und wir bekommen Starterlaubnis.
 
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Takeoff

Mit der linken Hand hebe ich den Pitch, den Leistungshebel an. Weiter anheben, anheben, anheben. Plötzlich beginnt der Hubschrauber leicht zu werden. Jetzt noch ein paar Millimeter weiter – wir heben ab. Auf Anweisung des Fluglehrers erhöhe die Leistung weiter, bis die Anzeige für den Ladedruck auf 23 gestiegen ist: Startleistung. Wir haben derweil schon Vorwärtsfahrt aufgenommen. Der Hubschrauber steigt langsam weg.
 
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Einige Sekunden später wird die Steigrate plötzlich größer. Man spürt einen kleinen Ruck im Hintern. Klarer Fall: Der Übergangsauftrieb hat eingesetzt.

Nach kurzem Steigflug haben wir eine Höhe von roundabout 1000 Fuß über Grund erreicht. Der Pitch wird nun vorsichtig zurückschoben. Ladedruck 21 ist das Ziel. Damit erreichen bei konstanter Höhe wir eine Geschwindigkeit von um die 70 bis 80 Knoten.
 
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Jetzt wirds schaukelig

Der Leistungshebel kann nun erst mal bleiben wo er ist. Ich bekomme Arbeit für die rechte Hand, darf nun den Stick übernehmen.

Der Fluglehrer hat schon vor dem Start gewarnt: Es geht hier nicht um Zentimeter, sondern um Millimeter. Die Hand liegt auf dem Knie, damit sie eine Stütze hat. Schon eine Bewegung aus dem Handgelenk ist für den Hubschrauber zu viel. Aus den Fingerspitzen sollen die Steuerimpulse kommen. Der Mann hat Recht! Selbst meine zaghaften Versuche sind schon ziemlich heftig – obwohl ich vom Modellbau eigentlich an Feinfühligkeit gewöhnt bin. Gefühl bekommt eine ganz neue Bedeutung!

Der Hubschrauber schaukelt immer wieder nach rechts und nach links. Wackelnd und schaukelnd versuche ich, die Kiste wenigstens einigermaßen gerade und auf Kurs zu halten. Es klappt anfangs mehr schlecht als recht. Die Richtung stimmt, aber wir schaukeln. Die Fingerspitzen sind immer noch zu viel. Fast habe ich das Gefühl, es reicht schon, „rechts“ oder „links“ zu denken.

Gleichzeitig muss immer ein gewisser Druck nach vorne auf den Stick ausgeübt werden. Gerade soviel, dass wir die Höhe halten. Kommt der Knüppel einen Millimeter zu weit nach hinten, steigt die Kiste, geht er einen Tick zu weit vor, verlieren wir Höhe und nehmen zusätzliche Fahrt auf.

Nun dürfen die Fingerspitzen leicht nach rechts drücken. Wir leiten eine Kurve ein. Auch hier geht es nur um minimale Steuerimpulse. Ein bisschen mehr als zum Geradehalten darf es aber schon sein. Fast habe ich mich schon an zu zaghaft gewöhnt.

Wir ziehen nun immer mal wieder ein Paar Kurven. Links – rechts – und wieder andersrum. Nach gut 35 Minuten Schaukelei habe ich fast schon etwas Mitleid mit dem ar-men Kerl neben mir, der das erleiden und erdulden muss. Aber ich bin ja sicher nicht der Erste, der den Hubschrauber zum Wackeln bringt.
 
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Was kann die Kiste noch?

Ich gebe jetzt den Stick noch mal ab und greife wieder mal an den Pitch. Auf 18 soll ich den Ladedruck zurückfahren. Wir gehen in den Sinkflug. Irgendwo zwischen Pirmasens und Zweibrücken gibt es mitten in der Pfälzer Landschaft eine Wiese, auf der ein Windsack steht. Ein extra Feld für Außenlandungs-Übungen. Dort steuern wir hin.

Der Fluglehrer stellt die R22 in den Wind. Ich kann derweil am Pitch versuchen, die Schwebeflug-Höhe zu halten. Dann versuche ich vorsichtig, den Hubschrauber sanft abzusetzen und wieder vom Boden abzuheben. Der Pitch muss locker gehalten wer-den. Denn der bewegliche Drehgriff für das Gas muss frei drehen können. Wenn der Governor seinen Job macht, dreht er den Griff gleich mit.

Es ist eigentlich gar nicht so schwierig – aber ich bediene ja ja auch nur eines von drei Steuerelementen.

Wechsel. Den Pitch übernimmt der Fluglehrer. Ich bin jetzt mit den Pedalen dran. Eine gute Gelegenheit, den Schweiß von den Händen abzuwischen. :p Während der Profi den Hubschrauber punktgenau auf der Stelle hält, trete ich vorsichtig linkes Pedal. Eine Linksdrehung um die Hochachse beginnt. Dann rechts Pedal. Die Drehung stoppt; noch ein bisschen mehr, schon drehen wir in die andere Richtung.

Plötzlich wird meine schöne, gefühlvolle Drehung, ruckartig bescheunigt. Ich muss links gegentreten, um wieder langsamer zu drehen. Was ist passiert? Ganz einfach: Wir haben soweit gedreht, dass am Heckrotor nun eine andere Windrichtung anliegt. Wo er vorher gegen den Wind anarbeiten musste, bekommt er nun quasi Unterstützung vom Wind.
 
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Es geht schon besser von der Hand

Nach einer Weile knapp über dem Boden, fliegen wir wieder ab. Die nächsten Kurven über einem Gewerbegebiet von Pirmasens gelingen mir schon besser. Auch das Kurshalten geht auf einmal viel besser und sogar einigermaßen ruhig. Ich raunze dem Fluglehrer zu, dass er doch sicher eingegriffen habe? Aber dem ist nicht so. Ich habe mich tatsächlich schon ein bisschen daran gewöhnt, wie viel oder besser gesagt wie wenig meine Hand tun darf.

Um so überraschter bin ich, als mir der Hubschrauber urplötzlich nicht nur ein bisschen, sondern gleich ganz massiv nach rechts ausbrechen will. „Das war eine Böe“, beruhigt mich der Fluglehrer. Na dann … ;)

Wir folgen dem Verlauf der Autobahn. Vor uns sehen wir schon die Gebäude des Flughafens. Ich gebe mal kurz den Stick ab. Ein Foto muss ja doch noch sein! Der Fluglehrer setzt schon seinen Funkspruch ab und meldet unsere Landung an.

Foto: Der EDRZ ist schon wieder in Sichtweite
 
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Beim Landeanflug kann ich noch einmal den Pitch übernehmen. Kurz vor der Landung, wenn die Vorwärtsbewegung des Hubschraubers stoppt, kommt dann einer der wenigen Momente, wo man einen Hebel auch mal etwas forscher bewegen muss. Jetzt sind es schon einige viele Millimeter, die der Pitch hoch gezogen werden muss, um die Leistung für den Schwebeflug aufzubringen. Dann gaaaanz langsam wieder absenken und Zentimeter um Zentimeter dem Boden näher kommen. Schließlich sind wir gelandet.
 
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Schluss und aus

So wie der Motor beim Anlassen nach und nach seine Temperatur erreichen muss, muss er nun langsam abkühlen. Eine Gemeinsamkeit mit mir. Ich bin über das Flugstündchen ganz schön ins Schwitzen gekommen. Ob es mehr am warmen Wetter und an der schon recht hohen Temperatur hinter der Cockpitverglasung liegt oder doch an der Aufregung? Lassen wir das! Zwei Minuten Nachlauf auf 70 Prozent für den Motor (und für mich), bis ich instruiert werde – nein, nicht den Schlüssel rumzudrehen. Es soll kein Sprit in irgendwelchen Leitungen stehen bleiben. Deshalb wird das Kraftstoffventil geschlossen. Erst wenn der Motor nicht mehr läuft, kommt auch der Schlüssel raus.

Foto: Vor lauter Spiegelung kaum zu erkennen - ich bin es aber wirklich.
 
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Jetzt stellt sich eigentlich nur die Frage: Wie krieg ich die Gattin doch noch davon überzeugt, dass ich diesen Flugschein machen muss? Aber ich weiß, dass die Chancen schlecht bis mies stehen. Bleibt also der Traum vom Fliegen, gelegentlich mal ein netter Rundflug und natürlich die Erinnerung an ein Stündchen Abenteuer über der Pfalz – davon hat es nämlich schon was: Spielzeug für verrückte Kerle. Eben "Männerspielplatz".

Wären wir nicht gerade eine Stunde geflogen, müsste man jetzt wohl sagen: „Nur fliegen ist schöner“. :TD:
 
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Schegga

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Schöner Bericht...hast die Eindrücke gut niedergeschrieben...herzlichen Glückwunsch zum ersten Mal selber Fliegen :) Und, süchtig? Schon am gucken, wann das Geld das nächste Mal zulässt? ;)
 
Spoelle

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Toller Bericht!
Hab von meinen Eltern als Geschenk zum Abitur auch einen Hubschrauberrundflug über Bonn (von Bonn Hangelar aus) bekommen. Fluggerät war auch eine Robinson R22.
Was das nötige Feingefühl am Stick angeht: das kann ich nur bestätigen!
 
K-Man

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Klasse Bericht und sicherlich ein tolles und eindrückliches Erlebnis...danke fürs "teilen" ;)

Gruß,
K-Man
 
Jetranger

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Hallo Peter,
das Angebot steht! Wenn Du mal wieder mit der D-HIGH fliegen willst, brauchst Du mir nur Bescheid zu sagen, ich nehm Dich immer gerne mit! Wenn Du willst, lass ich auch bei Deiner Frau anrufen und Dich zu einem dringenden dienstlichen Termin abrufen!
 
Maverick66

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Hi Peter,

herzlichen Glückwunsch zum ERSTFLUG :HOT :HOT :HOT , tja wenn die Lunte erstmal brennt....
das mit Deiner Frau schaffst Du schon, schenk ihr doch auch mal so einen Gutschein,
vielleicht hat sie ja Spaß dran, wenn sie erst mal selber drin sitzt.

Viele Grüße Sven

Und wann kommt das Rollout vom R22 :FFTeufel: :TD:
 
Flugi

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Hallo Peter,
schöner Erlebnissbericht, man merkt den Journalisten! :TOP:
Erinnert mich sehr an meine ersten Flugstunden, als ich die Steuergestänge am Ka-26 übernehmen durfte. Mit den Millimetern, es stimmt! :FFTeufel:
 
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Gabi

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Wer als hubschrauberfliegender Laie schon mal probieren durfte, für den bekommt der Begriff "Aufschaukeln" einen tieferen Sinn :p
Böser Gag: Hubschrauber fliegen nicht, sie werden von der Erde abgestoßen, weil sie so hässlich sind (bitte um Verzeihung bei allen Fliegern der Kaffeemühlenzunft)
 
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