USA richten Afrikakommando ein
Rohstoffsicherung und Terrorbekämpfung sollen mit neuer Struktur effektiver werden
Von Anton Holberg *
Das USA-Verteidigungsministerium richtet in Stuttgart ein eigenes Einsatzführungskommando für den afrikanischen Kontinent (AFRICOM) ein. Es ist Teil einer langfristigen Afrika-Strategie, die auf Rohstoffsicherung und den sogenannten Kampf gegen den Terror zielt.
Die USA tüfteln schon seit geraumer Zeit an einer neuen Strategie für Afrika. Formeller Ausdruck ist die Einrichtung eines speziellen Afrikakommandos durch das Pentagon. Die AFRICOM-Zentrale werde zunächst in den Kelly Barracks im Stuttgarter Stadtteil Möhringen angesiedelt, sagte Militärsprecher Major Steve Wollman am Mittwoch in Stuttgart.
Zunächst werde nur Personal aus den Patch Barracks in Stuttgart-Vaihingen abgezogen, sagte Wollman. Nach und nach werde das Kontingent des Kommandos auf insgesamt rund 500 Mann vergrößert. Das langfristige Ziel sei, das AFRICOM-Hauptquartier in Afrika selbst einzurichten. USA-Verteidigungsminister Robert Gates hatte am Dienstag erklärt, durch das neue Kommando sollten militärische und strategische Operationen in Afrika effektiver als bisher werden. Bislang ist die Zuständigkeit für Afrika zwischen dem Europa-Kommando (EUKOM) und dem Zentralkommando (CENCOM) aufgeteilt. Diese Struktur sei eine »überholte Einrichtung aus dem Kalten Krieg«, sagte Gates. Das EUCOM ist für Europa, Russland, den Kaukasus und die Türkei zuständig, aber auch für das westlich von Ägypten gelegene Nordafrika sowie für das gesamte West- und Zentralafrika und das südliche Kontinentalafrika. Der Zuständigkeitsbereich des CENTCOM umfasst Zentralasien, die Region Nahost, Ägypten, Sudan und das Horn von Afrika. Das Oberkommando Pazifik (PACOM) kümmert sich um Madagaskar und den asiatisch-pazifischen Raum.
Seit einiger Zeit sind drei neue durchaus miteinander verbundene Faktoren wirksam geworden, die Afrika für die USA in einem Maße bedeutsam gemacht haben, wie es das in der Vergangenheit noch nie war. Zum einen wurden in Afrika in den letzten Jahren eine Reihe neuer Erdölvorkommen entdeckt. Nach Schätzung verschiedener Experten soll der Anteil Afrikas an den Ölimporten der USA von heute 10 Prozent bis 2010 auf 25 Prozent anwachsen. Wegen des Erdölreichtums ist der Nahe und Mittlere Osten bislang für die USA das strategisch wichtigste Gebiet. Die politische Instabilität dort und insbesondere natürlich die für die Machthaber in den USA frustrierenden Erfahrungen mit ihrem Versuch, durch die Besetzung Iraks einen »neuen Nahen Osten« nach ihrem Gusto zu errichten, lässt es unabdingbar erscheinen, sich nach Ersatz umzusehen. Offensichtlich gehen die USA von der Vorstellung aus, es sei einfacher, Afrika in den Griff zu bekommen. Zu den aktuelleren Gründen gehören die Tatsache, dass China in eine ernsthafte Konkurrenz um den Zugriff auf Erdölvorkommen weltweit getreten ist. Im vergangenen Jahr schloss Peking Verträge über 5 Milliarden Dollar für erdölbezogene Infrastrukturprojekte auf dem Kontinent ab. Insgesamt will China bis 2010 seinen Warenaustausch mit Afrika auf 100 Milliarden Dollar verdoppeln.
Nach offizieller Lesart sind die USA ganz besonders an der Bekämpfung islamistischer Terroristen in Afrika interessiert und haben deshalb nach dem 11. September 2001 1500 Mann in Dschibuti stationiert, obwohl es mehr islamistische Terroristen in Algerien und benachbarten Regionen gibt. Angeblich wegen der Al-Qaida-Präsenz haben die USA auch Äthiopien auf Somalia losgelassen, nachdem die islamistische Union Islamischer Gerichtshöfe dort seit vergangenem Juni erstmals seit über einem Jahrzehnt für ein Mindestmaß an Ruhe und Ordnung gesorgt hatte.
Falken im Pentagon loben die von den USA gedeckte Intervention Äthiopiens als Modell für eine zukünftige Anti-Terror-Strategie. Neben Ägypten, das auch nach der Schaffung eines Oberkommandos für Afrika CENTCOM zugeordnet bleiben soll, hat das Pentagon den größten Teil seiner Militärhilfe für Afrika samt militärischer Ausbildung Äthiopien zukommen lassen. In der Sahelregion wurden im Rahmen der sogenannten Trans-Sahara-Initiative zur Terrorbekämpfung (TSCI) mit Washington sympathisierende Regierungen von EUCOM mit Dutzenden von USAAusbildern und mit Millionen Dollars für den Kauf von Waffen und anderem militärischen Gerät bedacht. Der Kongress hat dem Programm für die nächsten sechs Jahre rund 500 Millionen Dollar zugebilligt. Es konzentriert sich auf mutmaßliche Operationsbasen von Al-Qaida-Mitgliedern in Algerien, Mali, Mauretanien, Marokko, Niger, Nigeria, Tschad und Senegal.
In Westafrika, dessen Energieressourcen für die Versorgung der USA immer wichtiger werden, ist unterdessen CENTCOM aktiv. Nach Ansicht von Washington könnten die Länder im afrikanischen Westen infolge von Armut, Korruption und ethnischen Konflikten ähnlich destabilisiert werden wie Afghanistan oder Somalia.
* Aus: Neues Deutschland, 8. Februar 2007
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afrika/africom.html