Kratzer am Mythos des Roten Baron

Diskutiere Kratzer am Mythos des Roten Baron im WK I & WK II Forum im Bereich Geschichte der Fliegerei; Genau das ist die Frage. Wäre sie in unseren Köpfen vorbei, würde dieses Thema nicht so die Gemüter erhitzen. Bis heute hat sich das Bild des...
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Del Sönkos

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@ Del Sönkos:
Die Kriegspropaganda vom WK I ist doch wohl inzwischen übber, oder?
Genau das ist die Frage. Wäre sie in unseren Köpfen vorbei, würde dieses Thema nicht so die Gemüter erhitzen. Bis heute hat sich das Bild des Roten Barons mehr oder weniger fest gehalten. Man darf nicht vergessen dass der rote Baron fast 20 Jahre durch die Propagandamühlen wanderte und das zwangsläufig aufs Volk "abfärbte". Propaganda prägt das öffentliche Bild einer Gesellschaft auch wenn sie schon Jahrzehnte zurückliegt. Mal nebenbei: Dass Richthofen das Volk ablenken sollte, formulierte die Oberste Heeresleitung fast so offen, wie ich im vorigen Posting.
Was ist denn mit den Richthofen-Bildern in der Führungsakademie?! Welchen Einfluss haben sie denn deiner Meinung nach?
Welchen Einfluss die haben weiß ich nicht. Ich kenne nicht alle da persönlich.
Es zeigt aber bildlich, welches Bild man von Kriegshelden da hat. Es heißt ja nicht umsonst VORBILD. Das Ganze hat eine gewisse Ironie

Richthofen war ohne Frage ein ausgezeichneter Pilot (in zweierlei Hinsicht:cool: ) aber ob wirklich der Kriegsheld war, für den man ihn gemeinhin hält, ist mir völlig schnuppe. Von mir aus können die Bilder da auch hängenbleiben. Es muss den Leute klar sein, dass der Typ eben so hochgehalten wurde, weil er die Leute ablenkte. Ablenkung von Hunger, Millionenkriegstoten, dem Ausbleibenden Krieg, der totalen Niederlage eben.
Kurz: Es geht mir darum, zu erkennen, wie Richthofen instrumentalisiert wurde. Erkennt man dies, bleibt ein überdurschnittlicher Pilot übrig.
 
Luftpirat

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Genau das ist die Frage. Wäre sie in unseren Köpfen vorbei, würde dieses Thema nicht so die Gemüter erhitzen. Bis heute hat sich das Bild des Roten Barons mehr oder weniger fest gehalten. Man darf nicht vergessen dass der rote Baron fast 20 Jahre durch die Propagandamühlen wanderte und das zwangsläufig aufs Volk "abfärbte". Propaganda prägt das öffentliche Bild einer Gesellschaft auch wenn sie schon Jahrzehnte zurückliegt.
Gut, das ist schon lange unbestritten, dass die 'Helden der Lüfte' die Moral im Volke und in der 'Blutmühle von Verdun' heben sollten.

Der Mythos entstand aber nicht nur durch (deutsche OHL-)Propaganda, sondern vor allem auch in der englischsprachigen Welt der Alliierten. Den Rittmeister selbst kannte doch so gut wie niemand. Das Volk hat schließlich die Legende so weitergetragen, wie es sie gern gesehen hat: edel und ritterlich. Man hat ihn idealisiert. Das Zerrbild haben auch entsprechende Verfilmungen später weiter gefestigt.

Vielleicht hat sich der Mythos von der Kriegsverherrlichung hin zum ritterlichen Luftsportsmann ja deshalb entwickelt, weil die Menschen in Grunde nicht den Kriegskämpfer sondern das Menschliche verehren?!

Wenn heute eine Mutter in Kanada ihrem Kind einen roten Holzdreidecker mit einer Puppe samt Fliegerbrille und langem, wehenden Schal als Spielzeug und Dekoration ins Zimmer hängt, ohne dass die Familie den Namen "Manfred von Richthofen" je gehört hätte, freut sich das Kind, und das ist gut so. [Wowereitmodus aus]
Wer weiß, welche persönliche Entwicklung das Schicksal für Richthofen nach dem Krieg bereit gehalten hätte, wenn er nicht mit knapp 26 Jahren gefallen wäre? Vielleicht Wegbereiter der Zivilluftfahrt? Oder gar treusorgender Familienvater? Das wissen nicht mal seine Biografen...

Richthofen hat nicht mal selbst Schuld an seinem Mythos. Damals gab es nur Gazetten, die Berichterstattung im Heldenton gewöhnt waren. Wer weiß, wie die öffentliche Meinung auf ungeschminkte Kriegsberichterstattung mit Filmkameras reagiert hätte? Selbst wenn man an der Heimatfront das Elend in Schwarz/Weiß gesehen hätte, hätte sich wohl nicht viel geändert. Denn die Leute waren nicht zur kritischen Reflexion erzogen, vielmehr zu Opferbereitschaft als Ausdruck der Vaterlandstreue. Der Druck einer ganzen Gesellschaft lastete auf jedem Einzelnen, ob Frontsoldat oder in anderer Position.

Ein Zeitreisender aus dem 21. Jahrhundert wäre mit seiner modernen Ansicht 1917 wohl ausgelacht und dann in den Karzer geschickt worden. Wie tief wir heute als Historiker, Journalist oder FF-Leser so selbstverständlich wie Luft den Zeitgeist namens "2007" atmen, wissen wir erst, wenn wir versuchen, gegen den Strom zu schwimmen. Und siehe da: :FFEEK: es wird schnell ungemütlich und uns fallen 1000 gescheite Gründe sein, es bleiben zu lassen. Mit dem aufgeklappten Geschichtsbuch auf dem Schoß sehen wir aber, was "die Dussel damals" angestellt haben und murmeln, wie sie es hätten richtig machen sollen.

Vielleicht ist es wirklich zuviel verlangt von einem behäbigen alten 68er im weichen Sessel seines Studierzimmers, sich nicht nur in einen jungen, streng gedrillten Leutnant zu versetzen, der zeigen muss, dass er den Erwartungen von Truppe, Familie und Vaterland genügt, sondern sich in das ganze Drumherum der damaligen Zeit auch noch hinein zu denken! Nur ist es nicht ganz so leicht, den Zeitgeist von 1917 samt Sitten, Zwängen und Umgangsformen zu inhalieren wie einen Zug am Tabakspfeifchen. Nicht mal für einen durchschnittlichen, gelernten Historiker.

So, genug der Schelte. :D Ich habe fertig. [Giovanni-Trappatoni-Modus aus]
 
Hotte

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Ich plädiere ja schon seit der Streichung beim JG 74 dafür, einem Geschwader den Namen "Michael Schuhmacher" zu geben.
Weil das sind Vorbilder die junge Soldaten motivieren!
Wenn man bei 20 Grad - in der Grundausbildung im Dreck liegt und an den Formel 1 Helden denkt wird es einen sicherlich wärmer um`s Herz als bei den Gedanken an einem ***** Flieger aus dem WK I. Und die oberen Herren tun sich auch leichter. Denn so einen kann man bei der richtigen Entlohnung vll noch für eine Wahlkampfparty einsetzen. :HOT

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gero

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Wer weiß, welche persönliche Entwicklung das Schicksal für Richthofen nach dem Krieg bereit gehalten hätte, wenn er nicht mit knapp 26 Jahren gefallen wäre? Vielleicht Wegbereiter der Zivilluftfahrt? Oder gar treusorgender Familienvater? Das wissen nicht mal seine Biografen...
Immerhin weiß man ja, was aus den einigen seiner Geschwaderkameraden und aus vielen anderen Weltkriegshelden geworden ist.

Damals gab es nur Gazetten, die Berichterstattung im Heldenton gewöhnt waren. Wer weiß, wie die öffentliche Meinung auf ungeschminkte Kriegsberichterstattung mit Filmkameras reagiert hätte? Selbst wenn man an der Heimatfront das Elend in Schwarz/Weiß gesehen hätte, hätte sich wohl nicht viel geändert. Denn die Leute waren nicht zur kritischen Reflexion erzogen, vielmehr zu Opferbereitschaft als Ausdruck der Vaterlandstreue. Der Druck einer ganzen Gesellschaft lastete auf jedem Einzelnen, ob Frontsoldat oder in anderer Position.
Die Kriegsberichterstattung aus dem ersten WK ist ein Musterbeispiel für Propaganda. Wenn man sich ansieht, welche Informationen daheim angekommen sind (immerhin der erste große fotografisch dokumentierte Krieg) die ganzen Sammelbildalben, Fotoberichte, Fotobücher u.s.w. Alles voll von Helden, eroberten Festungen und Geschützen. Versenkten Schiffen und lachenden Frontsoldaten. Eigentlich erstaunlich, daß der Krieg trotzdem noch in letzter Minute wegen .... verloren ging :FFTeufel: Und diese Propaganda hat gewirkt. "Erziehung vor Verdun" und "Im Westen nichts Neues" haben bei weitem nicht diese Breitenwirkung gehabt.

Sicher, man müßte zwischen dem Propagandabild des Helden X und der "wirklichen" Persönlichkeit des Menschen X trennen. Aber gerade bei Kriegshelden, wer kann das? Ein Militärfachmann, der seine "Arbeit" erfolgreich tut, wird zu Propagandazwecken verwendet werden...

gero
 
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In London steht ein Denkmal für einen der Städte vom Schreibtisch aus niederbomben ließ. Die brit. Führung und die RAF stellen sich heute noch vor ihn
Hotte
Na besser kanns ja in diesem Thread gar nicht sein.
All das was hier zum Air Chief Marshal, Sir Arthur T. Harris, Commnader-in-Chief Bomber Command vom 22.2.1942 bis 14.09.1945 ist einfach nur eine Halbwahrheit.

Richtig in London steht ein Denkmal von Arthur Harris, aber kennt jemand auch den Ort und die Inschrift an diesem Denkmal?

Zum einen steht es vor der Kirche der RAF, die Inschrift bezieht sich aber nicht auf den Chef des Bomber Commands, sondern die Figur von Harris steht hier als Stellvertreter für die 55573 Toten des RAF Bomber Commands, das sind immerhin 70% der gesamten personellen Verluste der RAF im zweiten Weltkrieg.
Das britische Bomber Command hatte nach der deutschen U-Boot Waffe die höchsten prersonellen Verluste aller Teilstreitkräfte.
In den Reihen des Bomber Command wurde Arthur Harris nur "Butch" - Muskelprotz genannt.

Seinem Denkmal gegenüber steht das Denkmal des Air Chief Marshal Sir Hugh Dowding, Commander-in-Chief Fighter Command. Auch seine Statue ist den Piloten gewidmet, die im Fighter Command gekämpft haben.
Hier ist natürlich die Battle of Britain, die Luftschlacht um England besonders hervorgehoben.

Geschichte ist viel zu vielschichtig, als das man eine Meinung als immergültig stehen lassen kann, nur wenn man die Umstände und Zeit berücksichtigt entsteht ein halbwegs reales Bild.

modelldoc
 
mcnoch

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Ich mache hier mal dicht, das Thema droht zu entgleisen.
 
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