Kein Problem:
"Die letzte KC-135E wird am 31.09.2010 um 14.23 h Ortszeit auf der Barksdale AFB ihren letzten Flug zum Oklahoma City Air Logistics Center antreten, wo sie im Depot zerlegt und eingelagert wird. Der Zapfenstreich fällt wegen stark böigem Wind und niedriger, geschlossener Wolkendecke aus. Es ist auch kein dolles Fotowetter an diesem Tag."
Das wolltest du doch bestimmt hören!? :D Na gut, ich gebe zu: was du uns da fragst, kann trotz aller Planungen einzig ein Hellseher genau vorhersagen. Warum?
Ein fataler Unfall könnte die ganze E-Flotte sofort und endgültig aus der Luft holen. Gravierende Beschaffungsverzögerungen und Neuverhandlungen zur KC-X (durch Skandale oder politische Blockaden) können es andererseits nötig machen, wesentlich mehr -Es zu -Rs umzurüsten, als angedacht. Die Umrüstung gerade der Triebwerke bietet sich an, da die Triebwerksaufhängungen der -E ihr neuralgischer Verschleißpunkt sind. Je später und/oder je mehr KC-135Es von der Umrüstung betroffen sind, umso umfangreicher (und teurer) wird die Maßnahme pro Flugzeug werden.
Und die Beschaffung der KC-X hatte bereits wegen eines Korruptionsfalles vier Jahre Stillstand; der Ausschreibungssieger soll erst in diesem Januar 2008 gekürt werden. Und dann muss noch vieles verhandelt werden. Das Gejammer der USAF wegen des progressiven Anstiegs der Korrosionsschäden an der KC-135E dient möglicherweise einer Beschleunigung des Neuanschaffungsprozesses. Aber das nicht zu Unrecht, denn eine Ersatzbeschaffung will langfristig geplant sein, und der USAF schmilzen die Tanker- und Transporterflotten momentan langsam aber sicher dahin.
Der US-Kongress hat der USAF die Ausmusterung/Verschrottung großer Mengen C-130E und KC-135E für 2007 und 2008 wohl auch deshalb untersagt, damit die USAF ihre Nachersatzwünsche nicht radikal erzwingen kann. So summiert sich langsam die Anzahl der flugunfähigen oder technisch nur beschränkt einsatzfähigen KC-135Es. Im April 2007 hat das 'Senate Armed Services Committee' die sukzessive, instandsetzungsbedingte Stillegung der damaligen KC-135E-Flotte von 85 Maschinen bekannt gegeben:
Haushaltsjahr / Stückzahl
2007 / 14
2008 / 16
2009 / 44
2010 / 11
Demnach wäre der Betrieb der letzten KC-135E technisch bedingt zum 30.09.2010 beendet, jedenfalls auf dem Papier. Aber so glatt und planmäßig läuft das wahre Leben meist nicht ab.
Nach dem Stand von April 2007 gibt es noch 85 E-Modelle, die flugtauglich instandgesetzt oder zur KC-135R umgerüstet werden könnten. Die inzwischen stillgelegten KC-135E müssen (wie auch andere Typen der USAF) weiterhin minimal gewartet werden und langfristig in einen flugfähigen Zustand versetzt werden können. Es dürfen also nur Austauschteile ausgeschlachtet werden. Ihre Zukunft hängt von der Gesamtplanung des Kongresses ab.
Für die Modernisierungsplanung gibt es drei wichtige Größen:
- Soll-Stärke der strategischen Tankerflotte
- Anschaffungsplanung der KC-X
- Umrüstungsrate KC-135E in KC-135R (ggf. plus weitere Zwischenlösung)
Diese variablen Größen beeinflussen sich gegenseitig, da die jeweiligen Kosten sich deutlich gegeneinander verschieben, sobald irgendwo Verzögerungen auftreten. Dass alle Alternativen erheblich teurer werden, je länger man um den KC-X-Sieger und seine Zwischenlösung streitet, hindert die Politiker nicht daran, sich trotzdem zu zanken, bis eine drastische Verkleinerung der Tankerflotte durch technische Stilllegung eintritt und zum Handeln zwingt.
Einen schönen Einblick in die Komplexität der
Tankerflottenplanung gibt diese Übersicht des Pentagons von 2004. Nach dem Wunsch der USAF wäre die KC-135E heute bereits Geschichte. Da die USAF-Strategen auch keine Hellseher sind, konnten sie die lang anhaltende, hohe Nutzungsrate der Maschinen durch die anhaltenden Afghanistan- und Irak-Operationen nicht vorhersehen. Gegenüber den mehr als 500 Stratotankern fällt der andere Tankertyp (KC-10) mit 59 Stück im US-Inventar kaum ins Gewicht.
Die Kosten der politisch bedingten Verzögerungen und Ränkespiele werden sich über die gesamte Programmlänge hinweg aufsummieren und alle heute noch heiß diskutierten Kostenunterschiede für die einzelnen Alternativen wie 'peanuts' erscheinen lassen, denn die berüchtigte 'Kostenschere' wird in so einem Zig-Milliarden-Programm beeindruckend sein!
Ich unke, dass es so weit kommen wird, und der Lieferant des neuen Tankers, sei es nun Boeing oder Airbus, sich bei allen eintretenden Vertragsanpassungen wie zeitliche Streckungen und mengenmäßige Kürzungen des Programms für seine laufenden Kosten der Bereithaltung von Teams und einer unausgelasteten Produktionslinie am US-Haushalt schadlos halten wird.
Da man sich "aus Kostengründen" gegen zwei Tankermodelle entschieden hat, wird der Sieger nach Vertragsschluss so oder so mächtig an der Kostenschraube drehen, denn das kann er sich dann mit seinem exklusiven Lieferantenstatus erlauben.
Derzeit sind noch rund 535 KC-135 im Inventar von USAF, ANG und AFRES. Die Flotte ist Baujahr 1956-65 und folglich durchschnittlich älter als 45 Jahre; und die letzten Maschinen sollen um 2040 ausgemustert werden: mit 80 Jahren auf dem Buckel. Daran sieht man, dass die USAF sich ihre globale Luftpräsenz heute nur auf Grund des rüstungstechnischen Hochs des Kalten Krieges leisten kann. Seit der Wende hat aber die Zahl der Überseebasen abgenommen, und der Umfang der Luftbetankungen hat zugenommen, auch wegen der Verschiebung des Arsenals vom strategischen Langstreckenbomber hin zum Jagdbomber. Und heute betreibt man einen hochmobilen "globalen Krieg gegen den Terrorismus" an mehreren Schauplätzen der Welt - allerdings mit Ressourcen aus alten Zeiten.
Wir dürfen gespannt bleiben, ob die KC-135s ein Menschenleben lang durchhalten. Mehrere grundlegende Modernisierungen werden die letzten Stratotanker also noch nötig haben, bevor sie im Museum landen. Zusätzlich sollen - bei einem derzeitigen Bedarf von 600 Tankern dieser Klasse - alle KC-X bis 2040 ausgeliefert sein. Die Wahrung ihrer militärischen Weltmachtbestrebungen auf heutigem Niveau erfordert für die USAF eine Produktion von rund 20 neuen Tankern jährlich, simpel gerechnet ab 2010. Wir werden sehen, ob diese Rechnung aufgeht und ob sich der US-Fiskus auf Dauer eine solch muskulöse Außenpolitik wirklich leisten kann.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Hau' rein, Eis, und knipse deine fehlenden KC-135Es, so schnell und so lange es halt noch geht!