Als Erstes danke ich den freundlichgen Kollegen hier für die Antworten was die Türsiegel angeht. Ich hätte Euch nur gewünscht die Entwicklung der Diskussion miterlebt zu haben, die wir damals in einem anderen (englischsprachigen) Forum hatten bezüglich der Helios Air 737 und dem Druckausfall in der Kabine!
Als weiteren Punkt möchte ich Euch allen vorschlagen, dass wir mal den zeitlichen Ablauf der Geschehenisse durchgehen, um zu ermessen was für ein Meisterstück da geleistet wurde, und auch wieviel Glück mit dabei war:
- Die A320 startet in La Guardia, dreht nach Norden ein, dann etwas nach Westen, über Bronx (glaube ich), um in einer weitläufigen Schleife Kurs nach Süden zu nehmen.
- Nach etwa 2 Minuten, in ca. 1000 Meter Flughöhe ein lauter Knall, ein Eschüttern des Flugzeuges, Triebwerksausfall. Was da im Cockpit plötzlich los war - und in den Köpfen der Piloten - will ich mir nicht ausdenken!
- Erste Entscheidung: zurück zum Ausgangsflughafen oder eine Ausweichpiste nehmen? ATC von La Guardia kontaktieren, die - wenn ich es richtig im Kopf habe - schlägt Teterboro vor (da gerade vor der A320 liegend, auf der anderen Seite des Hudson River, also in New Jersey).
- Der Co kramt die Checkliste raus, und sucht sich die Seite für beidseitigen Triebwerksausfall raus (in der Hektik, und gerade mal 1000 m Über New York, oder schon weniger, nicht gerade was amüsantes...).
- PF (ich nehme stark an der Captain) sieht dass er es bis Teterboro nicht schafft, nach La Guardia auch nicht, trifft also die Entscheidung: notwassern im Hudson River. Meldung an den Co: "ditch checklist!" und an die Kabine: "brace for impact!". Ob er die Klappen für optimalen Segelflug konfigurieren musste, bleibt noch zu sehen. Bei 1000m Höhe hatte er sie noch nicht ganz eingefahren, nehme ich an.
- Während der Co die "ditch checklist" vorliest, muss er die Parameter checken und gleichzeitig nach aussen schauen, wahrscheinlich nur mit einem Auge, mit dem anderen immer die Geschwindigkeit prüfend. Die APU ist zu dem Zeitpunkt wohl schon "off", also muss er die 320 mit Notenergie steuern (Batterien). Zeit, die APU wieder anzuwerfen, gibt es nicht.
- Während er in den Hudson River einschwenkt, versucht er die GWB (George Washington Bridge) zu überfliegen, und hat ein Auge auf andere Flugteilnehmer im Raum (bekannt wurde bereits, dass ein Helikopter der segelnden 320 ausweichen musste!). Es muss hier erwähnt werden, dass viele kleinere Maschinen und Helikopter gern die Achsen der Flüsse nehmen, um in der Gegend zu ihren Bestimmungsflughäfen zu kommen.
- Als erfahrener Segelflieger - und gemäss der immer wieder trainierten Notverfahren - steuert er die 320 im optimalen Sinkflug dem Fluss entgegen, nimmt dann die Nase hoch um Geschwindigkeit abzubauen (siehe Augenzeugen, die ich in einem vorigen Post bereits erwähnt habe), ich nehme an der Co gibt ihm fortlaufend die speed damit er mit dem pitch angle die Notwasserung so hinbekommt wie es sein muss.
- Impact. Die Maschine ist unten, anscheinend heil und ganz. Ob all die Leute in der Kaibne die brutale Negativbeschleunigung auch heil überlebt haben?
- Evakuierung Aller auf die Flügel und in die Notrutschen der vorderen Türen, das macht wohl die Cabin Crew, wie man gesehen hat sehr professionell (trotz der fehlenden Schwimmwesten bei den meisten Paxen, aber dazu gab's wohl keine Zeit. Gibt es einen anderen Grund dafür?).
- Als alle Paxe draussen sind, geht er nochmal den ganzen Mittelgang runter und wieder rauf, um sich zu vergewissern dass alle auch evakuiert worden sind. Dass die Kabine da teilweise schon unter Wasser steht, ist bekannt.
Dieser Mann ist ein Held. Klar, all dies was ich hier beschreibe wird von jedem Flugkapitän erwartet, dafür werden sie ja trainiert und oft genug gecheckt, aber eines ist die Theorie, was anderes die Praxis, insbesonders gleich nach dem Start und inmitten einer der grössten Metropolen der Welt. Dass das Schicksal es gut mit diesen Leuten gemeint hat, muss auch erwähnt werden.
Wie ein Kapitän es hier in einem Fernsehinterview heute sagte: "Eines sind die Übungen im Simulator, etwas Anderes die Realität und unter so komplexen Umständen".
Mein (bescheidener) Tribut an Kapitän Sullenberger der US Air.