Hallo,
Der Massestrom wird durch den "choked flow" nicht begrenzt, sondern die Strömungsgeschwindigkeit. Sie richtet sich nach der Schallgeschwindigkeit, die wiederum maßgeblich von der Temperatur und ein wenig von der Zusammensetzung des Abgases abhängt.
Da hast du natürlich recht :red:
Was ich eigentlich meinte ist, dass die ABSTRÖMUNG (Düsenaustritt) keinen Einfluss mehr stromauf des Schalldurchgangs hat, sofern das Druckverhältnis überkritisch bleibt. D.h. ich bekomme zunächst nicht mehr Massendurchsatz, wenn ich die Düsengeometrie ändere.
Normalerweise tritt der SChalldurchgang bereits im Leitgitter der ersten Turbinenstufe statt. Damit steht (zunächst) der Massendurchsatz fest und damit auch das, was die Turbine zu fressen bekommt. Natürlich kann sich das Arbeitsdruckverhältnis der Turbine durch Änderung des Drucks in der Abströmung noch verändern und somit rückwirkend über den Verdichter auch den Turbineneingang beeinflussen
Du hast einige Fragen gestellt... Also fangen wir mal etwas Überschallaerodynamik an... Thema Lavaldüse zuerst, da wir das nachher für den Einlauf "umdrehen" können.
Bei reinen Unterschallströmungen ist es ja so, dass wir die Düse mit einem abnehmenden Querschnittsverlauf versehen müssen, um die Strömung zu beschleunigen.
Der Massendurchsatz ist in jedem Querschnitt gleich: dM= rho*V*A. Das is die einfache Kontinuitätsgleichung der Strimröhre. Rho ändert sich im Unterschall nicht so riesig. Also muss, um V zu vergrößern, A kleiner werden. Einfach.
Wenn wir das Spielchen ne weile treiben, erreichen wir irgendwann (bei einem gewissen Druckverhältnis, siehe oben) einen Punkt, an dem wir gerade Schallgeschwindigkeit erreichen. Und dann ändern sich die Spielregeln plötzlich gewaltig.
Zwar gilt nach wie vor dM= rho*V*A, ABER die Dichte rho nimmt in einer beschleunigten Strömung im Überschall schneller AB als die Geschwindigkeit ZUNIMMT. Damit dann der Massenstrom dM gleich bleibt, muss die Querschnittsfläche der Düse im Überschall ZUNEHMEN. Wir brauchen also idealerweise eine Düse, bei der der Querschnitt zunächst ABNIMMT (Unterschallteil) und dann wieder ZUNIMMT (Überschallteil). So ein Ding
heißt LAVALdüse, man kennt es eigentlich in der Praxis nur von Raketentriebwerken.
Jetzt also umgekehrt, die "Düse Rückwärts", der Einlauf. Wie funktioniert der?
Der Triebwerksverdichter "braucht" eine reduzierte Zuströmgeschwindigkeit, da bei zu schneller Durchströmung der Einstellwinkel der Laufschaufeln zu flach liegt, ähnlich eines Propellers in Segelstellung. Das würde zwar im Reiseflug gehen, aber im Standfall zu Ablösungen führen. Außerdem wäre die Vektorsumme aus Umfangsgeschwindigkeit und Zuströmgeschwindigkeit zu groß, wir kämen viel zu früh in den verlustbehafteten Überschallbereich.
Zudem wollen wir aus thermodynamischen Gründen (Wirkungsgrad) das Triebwerk mit einem großen Gesamtdruckverhältnis (Brennkammerdruck zu Umgebungsdruck) ausführen. Der Einlauf liefert bereits einen Teil des dafür nötigen Verdichtungsvorganges, indem die Strömung verzögert wird (am Rande: bei einem Staustrahltriebwerk ist das der EINZIGE Verdichtungsanteil).
Der Einlauf soll also die Strömung auf eine geringere Geschwindigkeit bringen und dabei möglichst VIEL Druck aufbauen.
Im Unterschall ist das wiederum recht einfach: Ein sich erweiterndes Rohrstück vors Triebwerk, und fertig ist der Pitot-Einlauf.
Im Überschall wirds schwieriger, denn eine Lavaldüse funktioniert lederleider nicht in gleichem Maße rückwärts wie eine konvergente Unterschalldüse.
Die Verzögerung einer Überschallströmung zum Zwecke der Druckanhebung und Verlangsamung geht im Allgemeinen nicht ohne Verdichtungsstöße. In einem Verdichtungsstoß erfolgt die Verzögerung der Strömung SCHLAGARTIG - das Wort "Schockwelle" hat sich in der deutschen Populärwissenschaft eingeprägt, im Englischen ist die Shock Wave sogar das "richtige" Wort dafür. Ich bleibe mal bei "Stoß" oder "Verdichtungsstoß".
Ein Verdichtungsstoß hat nun die traurige Eigenschaft, dass er VERLUSTBEHAFTET erfolgt. Zwar steigt der Druck über einen Verdichtungsstoß hinweg stark (sprungartig) an, jedoch ist die DRUCKAUSBEUTE nicht so groß, wie sie theoretisch bei echt adiabater Kompression möglich wäre. Ein Verdichtungsstoß ist eine "schlechte" Art der Druckerhöhung.
Es gibt unterschiedliche Arten von Verdichtungsstößen. Worst Case ist der SENKRECHTE Verdichtungsstoß, bei dem die Strömung sprungartig von Überschall auf Unterschall verzögert wird. Die Stoßfront verläuft senkrecht zur Strömungsrichtung (deshalb SENKRECHTER Stoß...). Dieser Senkrechte Stoß hat die schlechtestmögliche Ausbeute an Druckerhöhung. Je höher die Machzahl, desto schlimmer.
Verwendet man einen "normalen" Pitoteinlauf in einer Überschallströmung (Beispiel: F-16), so wird sich im Einlauf ein senkrechter Verdichtungsstoß ausbilden, welcher Leistung/Wirkungsgrad schluckt. Der Machzahlbereich, in dem man sowas sinnvoll einsetzen kann, ist deshalb begrenzt.
Will man eine aerodynamisch sauberere, aber technisch VIEL aufwendigere Lösung haben, so verwendet man Rampeneinläufe (typisch für F-14, Tornado, Mig29, Su27 etc..).
Bei denen macht man sich SCHRÄGE Verdichtungsstöße zu Nutze. Bei einem SChrägstoß wird die Strömung zwar verzögert, aber nicht bis in den Unterschall. Die Druckausbeute ist deutlich besser. Mit einem cleveren System MEHRERER SChrägstöße kann man die Strömung bis knapp über Mach 1 verzögern. Danach folgt ein letzter, senkrechter Stoß, der aber nur wenig Verluste bringt, da er nur bei kleiner Überschallmachzahl erfolgt.
Das "Problem" an der Sache ist nun, dass die Geometrie der Verdichtungsstöße zum Betriebszustand und zur Flugmachzahl genau passen muß, um optimale Druckausbeute zu bringen. Deshalb sind solche Rampen normalerweise verstellbar. Wird die Verstellung (wie beim dt. Tornado) NICHT verwendet, so ist die Druckausbeute im Einlauf suboptimal, da das Stoß-System nicht 100%ig passt und sich zu früh ein stärkerer senkrechter Stoß einstellt.
Hier ist ganz grob das System aus schrägen Verdichtungsstößen skizziert:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/9/90/Concordeintake.gif
2. Teilbild, die gestrichelten Linien.
Soviel also zum Thema Überschalleinlauf.
Noch zum Verdichtungsstoß selbst:
Bei diesem wird die Strömung SCHLAGARTIG (auf einer Strecke, welche etwa in der Größenordnung der mittleren freien Wegglänge der Moleküle zwischen zwei Kollisionen entspricht) abgebremst, verdichtet und aufgeheizt. Diese Schlagartigkeit rührt aus dem "hyperbolischen Charakter" der Strömung her... was ist das denn schon wieder? In Überschallströmungen kann sich Druckinformation nicht wie im unterschall gleichmässig und in alle Richtungen im ganzen Strömungsfeld ausbreiten, sondern nur innerhalb der sog. "Charakteristiken"... das ist der Bereich INNERHALB des machßschen Kegels stromab des betrachteten Punktes. Insbesondere kann sich ein erhöhter Druck in einem Gebiet STROMAB nicht kontinuierlich auf das Strömungsfeld STROMAUF auswirken. Die Auswirkung erfolgt dann irgendwann SCHLAGARTIG per Verdichtungsstoß.
Warum schlagartig?
Man stelle sich als Gedankenexperiment eine Reihe von Druckerhöhungswellen vor, welche durch ein Medium laufen... z.B. verursacht durch den höheren Druck am Ende einer Diffusorströmung.
Die erste Teilwelle läuft "ganz normal" mit Schallgeschwindigkeit durch und verursacht dabei eine kleine Druck- und Temperaturerhöhung. jetzt kommt die nächste Welle. Diese findet ein bereits leicht aufgeheiztes Medium vor, in dem die Schallgeschwindigkeit GRÖSSER ist. Sie läuft also SCHNELLER durch das Medium. Die nächste wird NOCH SCHNELLER usw. Die "jüngeren" Wellen sind aber schneller als die älteren und holen diese ein. Das geht so lange, bis ALLE Wellen der Druckerhöhung in einer EINZIGEN steilen Wellenfront zusammenlaufen - dem Verdichtungsstoß.
Das ist zwar keine 100% korrekte Erklärung, aber sie ist recht anschaulich.
Zuletzt noch zum Thema "warum-muss der Strahl-schneller-sein-als-die-umgebende-Luft"
Das ist NUR im athnmosphärischen Flug so. Bei Raketen ist das in der Tat langsamer (relativ zum Bezugsystem des Raketenstarts). Strahlgeschwindigkeit ist im einstelligem km/s bereich, die Fluggeschwindigkeit kann durchaus zweistellig sein. (Google-Suche Ziolkowski-Gleichung).
Spätestens seit Einstein muss ja auch klar sein, dass das Startplatz-Bezugssystem ohnehin willkührlich ist.
Bei (Reise)Flug in umgebender Luft muss aber SCHUB erzeugt werden, nicht um die Massenträgheit des Körpers zu überwinden, sondern um den Luftwiderstand auszugleichen. Und damit quasi auf der Düsenfläche genug schuberzeugender Totaldruck (gegenüber dem totalen Umgebungszustand) herrscht, muss die Geschwindigkeit im Austritt größer sein als die Fluggeschwindigkeit.
Im Unterschall ist das recht leicht per Bernoulli nachzurechnen, im Überschall wirds komplizwickter.
Kurzum: der Unterschied zwischen Jet und Rakete kommt aus dem Druckzustand der umgebenden Luft.
So, Rekordlängenposting, sorry, aber das waren ja auch keine banalen Fragen.
Gruß
A.P.