Flugunfall 01.09.06 und Organisation des FIS/SAR

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Die BFU hat den Abschlussbericht zum Flugunfall am 01.09.06 vor Cuxhaven, bei dem ein Passagier ums Leben kam veröffentlicht. Im Rahmen dieses Unfallberichtes wurden eine ganze Reihe von Organisationsverschulden verschiedener Stellen festgestellt, die vom Piloten des Luftfahrzeuges über den SAR Dienst bis hin zum FIS gehen.

Für den FIS wurde durch die BFU festgestellt, dass entgegen der geltenden Betriebsanweisung zwei FIS-Sektoren (Durchmesser 240NM) unerlaubt zusammengelegt wurden und somit der Flugverkehr beider Sektoren nur von einer einzigen Person bearbeitet werden musste. Das hatte nach Ansicht der BFU nicht unerheblichen Einfluss auf den weiteren Verlauf dieses Fluges bzw. dieser Rettung.

Ergänzung: Die BFU veröffentlichte aktuell einen weiteren Unfallbericht, zu einem anderen tödlichen Unfall am 22.09.06, bei dem zwei Luftfahrzeuge in 2500ft zusammenstießen. Eines der Lfz war mit einem speziellen Transpondercode spezifiziert und unter Beobachtung durch FIS. Auch an diesem Tag waren FIS Sektoren unerlaubt zusammengelegt, so dass der zuständige Mitarbeiter deutlich überfordert war. Die BFU stellt dazu nüchtern fest, dass die Bundesrepublik damit gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen in der ICAO verstieß.
Begründung der DFS: Krankheitsfall und Dienstbesprechung.


Die Bw hatte am Tag des erstgenannten Unfalls "aufgrund von Materialengpässen" zwei Hubschrauber SAR-Stationen vorübergehend geschlossen, doch diese Abweichung von bestehenden Veröffentlichungen und vom Luftfahrthandbuch Germany nicht mal per NOTAM angezeigt. Nach Ansicht der BFU führte dies zu einer deutlichen Verlängerung der Rettungszeit.

Der Pilot führte gem. LuftBO zwei Rettungswesten mit, die aber aufgrund hoffnungsloser Überalterung (27 Jahre alt) nur eingeschränkt funktionsfähig waren.

Nach der Notwasserung verließen beide Insassen unverletzt die Maschine. Die lange Rettungszeit von >2h, zu der die Probleme bei FIS und SAR erheblich beitrugen und die mangelnde Funktionsfähigkeit der Rettungswesten führten dazu, dass ein Passagier ertrank, obwohl die Grundbedingungen für eine Rettung ziemlich gut waren.

Angesichts der von der BFU dargestellten Probleme bei drei Säulen der Luftfahrt: Pilot, Flugsicherung und SAR, stellt sich mir die Frage, ob das ein repräsentantiver Querschnitt der aktuellen Luftfahrt in Deutschland oder nur ein zufälliges Zusammenkommen ungünstiger Faktoren ist? Außerdem frage ich mich, ob wir FIS nicht gleich ganz abschaffen, wenn dieser nicht mal in der Lage ist, eine per zugewiesenen Squawk identifizierte Maschine im Auge zu behalten. Sichtflugregeln schon klar, aber bei so einer Qualität schadet FIS mehr als es nützt, denn es gaukelt eine gewisse Sicherheit vor.

http://www.bfu-web.de/cln_005/nn_223970/DE/Publikationen/Untersuchungsberichte/2006/Bericht__06__3X137__Bellanca17__Nordsee,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Bericht_06_3X137_Bellanca17_Nordsee.pdf
 
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ChiNO

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Außerdem frage ich mich, ob wir FIS nicht gleich ganz abschaffen, wenn dieser nicht mal in der Lage ist, eine per zugewiesenen Squawk identifizierte Maschine im Auge zu behalten. Sichtflugregeln schon klar, aber bei so einer Qualität schadet FIS mehr als es nützt, denn es gaukelt eine gewisse Sicherheit vor.[/URL]
Falls diese Aussage auf den Bericht abzielt....es wurde kein Squawk zugewiesen und das Flugzeug wurde nie identifiziert, da der Pilot nur Infos über Beschränkungsgebiete haben wollte. Er flog die ganze Zeit mit 0021 (damals VFR low). Ein FIS-Squawk wird i.d.R. nur zugewiesen, wenn der Flieger den Flug über bei FIS bleiben will. In diesem Fall wäre die verunglückte Maschine wahrscheinlich auch eher lokalisiert worden, da der FIS Spezialist ja dem Bericht zufolge alle "seine" Maschinen überprüft hat, nachdem der Notruf einging.
Auch bei deinem zweiten angesprochenen Unfall ist das eine gewagte Aussage, denn man weiß nicht, ob die zweite Maschine überhaupt einen eingeschalteten Transponder hatte. Es gibt in Deutschland viele Gebiete, in denen eine schlechte Primärradarabdeckung ist, so daß der FIS Spezialist u.U. gar kein anderes Ziel außer seinem Flieger auf dem Schirm hatte. Außerdem ist FIS auch bei optimaler personeller Besetzung lediglich ein Informationsservice. Wer denkt, auf einmal von anderem Verkehr gestaffelt zu werden, nur weil er bei FIS ist, ist selbst schuld.
 
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grinch

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Mein Fehler, ich habe den Link zum zweiten Unfallreport unterlassen. Natürlich steht der auch auf der BFU HP.
Statt zu suchen, gibt es ihn hier.

http://www.bfu-web.de/cln_005/nn_223970/DE/Publikationen/Untersuchungsberichte/2006/Bericht__06__3X158__2xPA28__Gro_C3_9F-Parin,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Bericht_06_3X158_2xPA28_Groß-Parin.pdf


Wenn, dann würde es sich um "gewagte Aussagen" der BFU handeln. Ich zitiere:
Um 14:08 meldete sich der Pilot von Flugzeug 2 erneut bei ... in einer Flughöhe von 2500ft und bat um Fugverkehrsinformationen. Er erhielt... den Transpondercode 4402.
Bei beiden Unfällen bestand komplette Radarabdeckung. In beiden Unfällen standen die Piloten in Kontakt mit FIS. Im Unfall 2 wurde ein spezieller Squawk vergeben.

Mir als auch der BFU ist klar, was FIS bedeutet, die DFS ist wohl vorerst aus dem Schneider, da man sich bei beiden Unfällen hinter dem "Sichtflug" verstecken kann. Bei Sichtflug wird natürlich nicht gestaffelt, der FIS ist aber verpflichtet "Verkehrsinformationen" zu geben.

Für Leute denen FIS nicht geläufig ist, hier mal die Aufgaben des FIS:

Die Aufgaben des Fluginformationsdienstes bestehen darin, Luftfahrzeugführern Informationen und Hinweise zu geben, die für die sichere, geordnete und flüssige Durchführung von Flügen erforderlich sind, sowie im Rahmen des Fluginformationsdienstes Such- und Rettungsdienststellen zu unterstützen.

Folgende Aufgaben werden vom Fluginformationsdienst ausgeübt:
· Verbreitung allgemeiner Informationen als Flugrundfunksendungen;
· Verbreitung gezielter Informationen im Einzelfall;
· Entgegennahme und Verbreitung von Verkehrsinformationen;
· Entgegennahme und Verbreitung von Meldungen.


Die BFU hat ihre Ansicht der Dinge in zwei Sicherheitsempfehlungen an die DFS dargestellt und wer die BFU kennt, weiss, dass das das äußerste Mittel der BFU ist. Sollte die DFS diese nicht umsetzen und es würde sich ein Wiederholungsfall ergeben, müsste die DFS sich mit erheblichen rechtlichen Problemen auseinandersetzen.

Außerdem ist FIS auch bei optimaler personeller Besetzung lediglich ein Informationsservice.
Genau das ist mein Ansatz, lieber keine Information als eine solche fehlerhafte Information.
 
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