01.06.09 Air France A330 (Flug AF447) von Rio nach Paris abgestürzt

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Air France Flug AF447 von Rio nach Paris vermisst

Du musst unterscheiden zwischen Ablesen im Sinne von genauen Werten oder Größenordnungen.
Wenn ich weis, dass ich irgendwo zwischen 10.000 und 20.000ft bin, dann ist mir damit mehr geholfen, als nur Zahlensalat zu sehen.

Ein analoger Fahrtmesser gibt mir die Möglichkeit anhand von Erfahrungswerten (z.B. 6 Uhr ± 200KIAS, etc) meine Geschwindigkeit abzuschätzen.
Mal ganz ehrlich: ist es bei solchen Turbulenzen überhaupt wichtig wie hoch ich bin? Die Höhe zu halten ist eh utopisch, Fluglageinformationen sind in dieser Situation wichtig. Und Geschwindigkeit (welche bei AF447 eh futsch war), welche durch die oberen und unteren Begrenzungen eingeschätzt werden kann.

mcm schrieb:
Z.B. das Handbuch grafisch aufbereitet, was zu machen ist wenn die Pitot-Sonden ausfallen. Sprich mögliche Vektoren in die 3D-Grafik einbelendet, wodurch (dieser Tabelle die die Piloten durchackern müssen) man wieder in einen sicheren Bereich geraten kann. So wie es jetzt ist, hat der Pilot ein Bündel an Aufgaben zu erledigen, die er dann auch noch in kurzer Zeit abgschlossen haben muss. Wenn das alles klar ist, wieso gibts dafür keine Hilfen?
3D mag dem Flugsimulationslaien helfen, aber nicht dem Profi. Piloten werden in vielen 100 Stunden (ob echt oder Simulator) darauf geeicht, aus dem kleinen PFD in minimaler Zeit alle Informationen zu filtern, und zwar je nach Situation die richtigen (viele Flugzeuge sind schon deswegen in die Heide gerammt worden, weil man den aktuellen Funktionsmodus des Autopiloten nicht im Blick hatte).
Das alles ist nicht "einfach" im klassischen Sinne, sondern erfordert Übung. Manche können das auch nicht, und die werden hoffentlich rausgefiltert. Ein gutes Type Rating für'n Bus sollte eigentlich zur Hälfte nur aus solchen "unmöglichen" Notfällen bestehen.
 
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Ein gutes Type Rating für'n Bus sollte eigentlich zur Hälfte nur aus solchen "unmöglichen" Notfällen bestehen.
Sehe ich genauso. Ich bezweifle ein wenig, dass die Praxis dieser Forderung gerecht wird.
 
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Am Boden bei der Unfallauswertung sind ja alle immer so schlau. Wenn das alles so klar ist, wieso gibt man diese Fälle nicht als "Problemlösungs-Makro" in die Automatik ein? Wieso gibt man dem Piloten nicht ein gut aufbereitete Problemlösung auf dem Schirm aus? Wieso muss er noch wie vor 100 Jahren alle Instrumente, Checklisten und Handbücher abarbeiten?
Von solch einem "Problemlösungs-Makro" träumen ja viele, aber aus meiner Praxis als Störungs- und Krisenmanager muss ich dir leider sagen, dass zu Beginn einer Störung selbst bei Auswertung aller verfügbaren Daten nicht immer klar ist, was zu der Störung führt. Meist hat man mehrere mögliche Ursachen und die wahre kristalisiert sich erst im Laufe der Zeit durch weitere Ermittlungen und Tests heraus. Für diese unterschiedlichen Ursachen gibt es aber dann auch unterschiedliche Lösungen. Wenn also ein System den Piloten einen Lösungsweg vorgeben soll, müßte es schon sehr sicher sein, dass es die wirkliche Ursache erkannt hat. Und genau daran mangelt es, besonders dann, wenn es nicht nur um eine ausgefallene Glühbrine geht. Wenn mehrere Systeme mit ihren Fehlerbäumen ins Spiel kommen, erreicht das Ganze schnell eine Komplexität, die nicht nur menschliche Gehirne überlastet.
 
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Das ist doch das Schema, wonach man moderne Avionik verhindert. Es ist nicht die Entwicklung die sinnvolle Sachen nicht einführen möchte. Nein, es ist der falsche Stolz den die Flugexperten immer vor sich hertragen.

Was spricht gegen eine sinnvolle 3D-Darstellung wie sich das Flugzeug in Zukunft im Raum bewegen wird. Absolut nichts, dieses in den Boden rammen ist absolut unnötig und kann nur aus mangelnd gebündelter, respektive mieser optischer Informationsaufbereitung entstehen.


Ziel von Betriebssicherheit erhöhen, kann eigentlich nur Vereinfachung bedeuten. Ich seh nicht was das Festhalten am Status Quo verbessern könnte. Du wirst die Ausbildung nicht signifikant anheben können. Im Gegenteil, je höher der Preisdruck auf die Airlines wird, desto mehr muss gespart werden.

Der Vorteil der Automatik ist der, dass du einmal programmieren musst und dann alle Systeme auf einen Schlag besser werden. Während man bei der Plotenausbildung immer wieder bei Adam und Eva anfangen muss.

Das, um was Du hier dauernd rumlamentierst, ist exakt dasselbe, was man andernorts tagtäglich im PC-Alltag erleben kann. "Klicki-Bunti-Mausschubsen" vs. "Kommandozeile" gewissermaßen. Wobei für den Anfänger das Erstere die potentiell effizientere Bedienweise ist, für den jahrelang erfahrenen Anwender auf demselben System wohl eher Letzteres...

Ganz einfach: ist man erst einmal in entsprechender Tiefe in ein System und seine "Spezialitäten" eingearbeitet (sei es als Admin in einem PC-Netzwerk, oder als PIC in einem Airbus), dann wird man in dessen Bedienung und exakter Diagnostizierung bzw. Steuerung effektiver, wenn man die Schnittstelle Mensch-Maschine vereinfacht.

Das bedeutet schlicht und einfach, dass man viele administrative Aufgaben am PC direkter und einfacher per shell-Befehl "aus dem Kopf" aufruft, anstatt sich ewig durch die Menükaskaden einer Benutzeroberfläche zu hangeln. Das trifft so bei Windows wie auch bei Linux zu, denn bei beiden erzählt einem die Oberfläche bei weitem nicht alles...


Und bei der professionellen Fliegerei ists eben auch nicht anders. Glaube doch einfach, was die Leute hier sagen. Die Schnittstelle Mensch-Maschine ist auch im Falle des Glascockpits bereits durch Jahrzehnte der Evolution gegangen, und über diese Zeit immer behutsam, aber bestimmt, den Erfordernissen angepasst worden.

Nur weil Du als Laie jetzt meinst, man könnte doch durch 3D-Darstellung u.v.m. hier den Informationsfluss Flugzeug-Pilot quasi verviel- und gleichzeitig vereinfachen, heißt doch nicht, dass das aus professioneller Sicht genauso zutreffen muss. Und das hat erst recht nichts mit hohen Rössern oder falschem Stolz zu tun... :rolleyes:



Bei komplexen System ist und bleibt der "krisensicherste" Weg, den Bediener (in unserem Fall der Pilot) durch die Qualifikation gezielt auf das System (in unserem Fall das Flugzeug) im gesamten Umfang einzulernen. Primär sollten alle Bedienvorgänge im Kopf des Bedieners ablaufen, und das Flugzeug das korrekte Ablaufen der Bedienung nur bestätigen. Steigende Systemkomplexität bedingt hier Kompromisse zugunsten der Bedienbarkeit, denn auch die "Rechenleistung" sowie die Auffassungsgabe eines geübten und spezialisierten menschlichen Geistes sind begrenzt.

Und dieses Themenfeld ist seit bestimmt 60-70 Jahren in "ständigem Audit", und ständig "momentan" so ausgereift wie nie zuvor...
 

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Solange ein Computer, die Software nicht "denken" kann, das ist der Vorteil des menschlichen Gehirns, wird der Computer keine komplexen Probleme lösen können.

Ein Mensch kann intuitiv Handeln, der Computer nicht, dazu müsssten alle Eventualitäten in der Software gefasst sein. Das ist Wunschdenken
 
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Sehe ich genauso. Ich bezweifle ein wenig, dass die Praxis dieser Forderung gerecht wird.
Man fliegt im Type Rating glaub ich eher selten eine Platzrunde mit allen Systemen verfügbar und alles in Ordnung. Um Normal Law ohne Störung zu fliegen bedarf es keiner speziellen Schulung.
"Unreliable Airspeed" wird eigentlich im Simulator bis zur Vergasung geprobt, und wenn man bereits Vorfälle in der Flotte hatte, vielleicht noch etwas mehr. Dazu werden den Piloten auch "Memory Items" eingepaukt (also der richtige Schub, als N1 oder EPR).

Ich denke daher nicht, dass die Piloten durch die Situation in extrem neuer Weise gefordert waren. Irgendwas war sicher anders (extreme Turbulenz), alles andere wurde in der Art schon mal geprobt.
 

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Es geht drum ob der Pilot das Problem in kurzer Zeit überhaupt erfassen kann, dafür dann eine Lösung findet und das dann auch noch korrekt abarbeitet.
Um dem Piloten diese Arbeit mittels dem Computer abzunehmen, müssten doch ALLE auftretenden Szenarien im Rechner vorhanden sein, das kann im vornherein kein Mensch prorammieren, da man ja nicht weiß was alles auftreten könnte.

Da ist der Mensch klar im Vorteil, nicht der Computer
 
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@mcgyvr81
Du begreifst nicht um was es geht. Es ist der Zeitfaktor der entscheidet welches System zur Informationsaufbereitung benötigt wird. Die Kommandozeile ist bei Administratoren deshalb beliebt, weil man nicht verschiedene Tools zur Wartung aufrufen muss und so unnötig Zeit verliert, zudem ohne Einschränkungen auf alles Zugriff hat, was bei den gängigen Programmen eben nicht der Fall ist (Kommandozeile die einzige Möglichkeit). Das kann man mit dem Flugzeug/Notfallsituation nur im Ansatz vergleichen.

Es geht drum ob der Pilot das Problem in kurzer Zeit überhaupt erfassen kann, dafür dann eine Lösung findet und das dann auch noch korrekt abarbeitet. Der Zeitfaktor bestimmt das optimale System. Wenn man ewig Zeit zur Analyse hat, dann kann man das dämlichste Kommandozeilensystem und lauter Einstein-Piloten mit Playstation-Fähigkeiten verwenden, dann kommts sicher gut. :D

Nur ist das einfach albern anzunehmen, dass man mit dem System in Extremsituationen wo die Zeit sehr knapp ist, beste Resultate erzielt. Das beste System ist immer das, welches selbst der dümmste Trottel intuitiv und schnell bedienen kann. Und das hat sicher nix mit einer Kommandozeile zu tun. Sorry, ich stamm auch noch aus der DOS-Zeit und hab den Müll auch mal verteidigt. Aber die komplexen Systeme die man heute verwendet, mit den wirklich intuitven einfachen Oberflächen sind um Welten besser. Von der Komplexität bekommst du nix mehr mit, so muss es sein.

Ähem...

Was Du da verlangst, geht einfach nicht. Bei der Fülle an möglichen Fehlerkaskaden (allein in der Flugsteuerung weit mehr als 10^6, wenn nicht sogar 10^7) kannst Du schlicht und ergreifend kein "Assistenzsystem" einführen, das dem Bediener dynamisch, exakt und trennscharf sagt, was gerade passiert ist, wer/was es verursacht hat, und wie die bestmögliche Abhilfe aussieht...

Du verlangst, dass der Computer mitdenken soll, und das kann er nicht. Er kann bei einfachen Problemlagen nach vordefinierten Mustern einen Lösungsweg vorschlagen, aber beim Gesamtsystem "Flugzeug" reden wir da von ein paar Größenordnungen drüber.

Und von Ausfällen in so einem Diagnosesystem will ich erst gar nicht anfangen...
 
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...Aber wieso soll man nicht die Wahrscheinlichsten grafisch darstellen und zur Behebung vorschlagen?
Leider ist der Mensch durch seinen Herdentrieb so gestrickt, dass er sich, mit einer anderen Meinung/Sicht der Dinge konfrontiert, sofort seiner eigenen Meinung unsicher wird und er sich an der "führenden Meinung" orientiert. Wenn also ein "Expertensystem" eine wahrscheinliche Ursache und einen darauf aufbauenden Lösungsvorschlag macht, wird der Mensch diesem sehr wahrscheinlich folgen.

Nicht unbedingt, es kann auch Varianten vorschlagen. Und jede Variante (Makro) beinhaltet vielleicht 6 Eingaben des Piloten die automatisch vorgenommen würden. Dies vermindert Fehleingaben oder das Vergessen von Eingaben unter Zeitdruck. Der Pilot überwacht und kann bei Bedarf die andere Variante klicken, wenn sich das Flugzeug nicht sinnvoll verhält......was macht der Mensch, ... er probiert nach dem "Try and Error" verfahren / Schema Handbuch/Checkliste. Aus meiner Sicht ist es besser wenn man die sinnigen Schritte durch die Automatik zusammenfasst und diese als Lösung anbietet.
Ich hätte kein Problem, wenn ein Computersystem dem Piloten Hilfe bei der Lösung anbietet, aber der erste Schritt ist die Erkennung der Störungsursache. Wenn der Pilot weiß, es liegt Ursache X vor, dafür muss ich Schritte 1-19 befolgen und der Computer bietet ihm dies dann automatisiert an, habe ich damit kein Problem. Aber dafür müsste man eben wissen, was die Ursache ist. Dies ist bei komplexen Situationen wie gesagt nicht der Fall. In der Praxis fängt man meist damit an, einzelne Elemente der komplexen Gleichung zu bearbeiten, also erstmal System C wieder herzustellen. Dabei hält man dann die Augen und Ohren offen und beobachtet die Auswirkungen des eigenen Handelns und bestimmt so immer genauer, was denn eigentlich kaputt ist. Dies können Computer leider gar nicht gut.

Bei einem Steuerungssystem, welches mit einer Fehlersituation nicht mehr weiter kommt, wird oft am Ende ein Stoppen der Verarbeitung stehen, z.B. die U-Bahn hält an, der Roboter bleibt in der letzen Stellung stehen, etc.. Bei einem Flugzeug geht dies aber nicht. Und ein Pilot, dem durch ein System 99,9999% aller Lösungen serviert werden, würde in den 0,0001% der Fälle dann mangels Erfahrung solche eine Situation durchzustehen, versagen.
 
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Ich hätte kein Problem, wenn ein Computersystem dem Piloten Hilfe bei der Lösung anbietet, aber der erste Schritt ist die Erkennung der Störungsursache. Wenn der Pilot weiß, es liegt Ursache X vor, dafür muss ich Schritte 1-19 befolgen und der Computer bietet ihm dies dann automatisiert an, habe ich damit kein Problem. Aber dafür müsste man eben wissen, was die Ursache ist. Dies ist bei komplexen Situationen wie gesagt nicht der Fall.
Ich halte das Anbieten von diesen Lösungen nicht für sinnvoll, denn wie du bereits schreibst weiss man möglicherweise erstmal nicht, wo der Fehler liegt. Wenn mich das Flugzeug jetzt auf der einen Seite mit Fehlermeldungen bombardiert und auf der anderen Seite mit Lösungsvorschlägen, dann hat sich die Informationsflut verdoppelt und ich habe nichts gewonnen.
 
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Wenn der Pilot weiß, es liegt Ursache X vor, dafür muss ich Schritte 1-19 befolgen und der Computer bietet ihm dies dann automatisiert an, habe ich damit kein Problem. Aber dafür müsste man eben wissen, was die Ursache ist. Dies ist bei komplexen Situationen wie gesagt nicht der Fall. In der Praxis fängt man meist damit an, einzelne Elemente der komplexen Gleichung zu bearbeiten, also erstmal System C wieder herzustellen. Dabei hält man dann die Augen und Ohren offen und beobachtet die Auswirkungen des eigenen Handelns und bestimmt so immer genauer, was denn eigentlich kaputt ist. Dies können Computer leider gar nicht gut.

Exakt dieses (allerwelts übliche) Vorgehen bei der Diagnose habe ich in meinem vorvergangenen Post gemeint, als ich davon schrieb, dass die Bedienhandlungen primär im Kopf und im Kontext der momentan vorliegenden Situation ablaufen müssen - und man dann am Feedback der Maschine anfängt, das Problem deterministisch "aufzudröseln". Hierfür ist eine hinreichend tiefe Systemkenntnis zur Interpretation Grundvoraussetzung - und das ist alles Voraussetzung zur Qualifikation fürs Typerating (und wird auch später immer wieder im Simulator geprüft).

@mcm: Und genau dieses Vorgehen zur Problemeingrenzung und -lösung kann bislang kein Computer "fail safe" leisten...
 
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Mal ganz ehrlich: ist es bei solchen Turbulenzen überhaupt wichtig wie hoch ich bin? Die Höhe zu halten ist eh utopisch, Fluglageinformationen sind in dieser Situation wichtig. Und Geschwindigkeit (welche bei AF447 eh futsch war), welche durch die oberen und unteren Begrenzungen eingeschätzt werden kann.
Die Höhe interessiert mich nicht weil ich die Höhe halten möchte, sondern um abzuschätzen welche Prioritäten ich setzen muss.

Zunehmende Höhe = geringerer Manöverspielraum und früher einsetzender Buffett.
Gleiche Turbulenzen müssen in unterschiedlichen Höhen nicht unbedingt gleiche Gefahrenpotentiale darstellen.

Bei solchen Turbulenzen kann man eh nur bedingt von Kontrollierbarkeit des Flugzustands sprechen.
 

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bei dieser Diskussion über "Computerhilfe" drängt sich mir unweigerlich der Song von Frank Zander "Captain Starlight" auf. :)
 
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Gut möglich, die Frage ist aber, taucht dieser Fall mehr auf als die "pilotenbedingten" Abstürze die wir jetzt haben.
Ja, denn die "Automatik" oder ein Teil davon geht relativ oft dahin, aus verschiedensten Gründen. Sinn und Zweck der Automatik ist es, die Arbeitsbelastung zu senken. Erstmal im normalen Reiseflug, mit den Flugzeugen aus den späten 80ern ging man dazu über dies (in meist separaten Systemen) auch auf "kritische" Situationen auszudehnen. Schaut man auf die Statistik dann ist dieser Ansatz richtig gewesen.
Wir diskutieren hier um einen Grenzbereich. Schaut man auf die große Zahl an Flugbewegungen bewegen wir uns im Bereich von 10E-9, dem ominösen Restrisiko.
 
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Stimmt das? Kann die Automatik nicht feststellen, ob Triebwerk eins noch funktioniert oder x-% Schub liefert, ob Klappen oder Fahrwerk ausgefahren sind, Spritmengen checken ... u.s.w.. Ich weiss es nicht, aber ich vermute das kann die Automatik auch, sonst könnte man die Zustände der Objekte nicht ins Cockpit zurückmelden. Der Computer muss in dem Modus einfach alles checken, notfalls mit einem minimalen Manöver prüfen.

...
Aber nicht weil sie es nicht könnten. Weil man beim Programmieren ein Ziel verfolgt: die Fehlervermeidung.
...
Beim Flugzeug handelt es sich aber um ein System was von vielen einzelnen Komponenten abhängig ist. Und deshalb könnte sich ein Diagnosesystem sehr wohl bewähren.
Das Problem ist nicht, dass der Computer nicht in der Lage wäre den Ausfall eines einzelnen Systems richtig zu erkennen und daraufhin geeignete Lösungen vorzuschlagen. Das Problem ist, dass der oder die Computer nicht mit komplexen Situationen umgehen können, in denen mehr als eine Fehlfunktion gleichzeitig vorliegt.

Die Bordcomputer sammeln pro Sekunden so ca. 10 000 Daten aller Art. Die Herausforderung besteht beim richtigen Korrelieren dieser Daten. Hierfür musst du die Fehlerbäume der X-Einzelkomponenten miteinander in all ihren Möglichkeiten verknüpfen. Glaub mir, das Leben ist viel zu variantenreich, als dass du alle Verknüpfungen erkennen und dem System einprogrammieren könntest. Bedenke, was für ein kolossaler Aufwand notwendig ist, damit ein Computer einen Menschen im Schach schlagen kann. Und dabei sind die Schachregeln ein geschlossenes, nicht sehr kompliziertes System.
 
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Wenn ein Computer einen "Fehler" macht und Menschen kommen zu Schaden, heißt das noch lange nicht, dass es ohne Computer besser wäre. Wie viele "Fehler" wären passiert, wenn es den Computer nicht gäbe oder was wäre alles nicht möglich gewesen? Wir Menschen neigen auch dazu, das Ganze aus den Augen zu verlieren.

Wenn natürlich der Mensch Kraft seiner Entlastung durch den Computer den vom Computer ausnahmsweise gemachten "Fehler" erkennt und korrigierend eingreift, ist es noch besser.
 
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Ich gehe aber davon aus das alle die ruf hier wieder sprechen Erfahrungen haben aus erster Hand. Wäre ja schon irgendwie grotesk, wenn einige hier wie die Blinden von der Farbe sprechen.
Und das sich das PFD durchgesetzt hat weil es die beste Lösung ist. Da habe ich auch leise Zweifel. Es gibt mehr als ein Beispiel wo sich nicht die beste Lösung durchgesetzt hat, sondern eine andere. Dennoch wird das heute als quasi Standard betrachtet. Warum sollte das in der Luftfahrt anders sein?

Hier möchte ich widersprechen.
Die Art und Weise wie Informationen im PFD angezeigt werden ist keine Erfindung von Airbus, sondern eine Evolution seit den frühen 80ern. Anscheinend ist diese Lösung als bester Kompromiss anerkannt. Ein PFD enthält eine Fülle an Informationen, inklusive Sinkrate. Daher halte ich die Aussage "Analoganzeigen sind ebenbürtig" für anzweifelbar.
Man hat PFD-Anzeigen in unzähligen Studien (seit den 70ern) analysiert, mit realen Piloten aller Ränge. Käme am Ende raus, dass es keinen Vorteil bietet, dann wäre die heutige Anzeigeform nicht so etabliert (Boeing, Embraer sehen ja nicht anders aus).



PFD: Primary Flight Display.
 
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Bei allem respekt, ich finde die Lösungsvorschläge und das "fachgesimpel" ja generell gut, aber wenn man wirklich soweit geht und hier etwas "anprangert", was über dekaden gewachsen ist und herrauskristalisiert hat, dann sollte man sich zumindest ein wenig auskennen und/oder die Hintergründe kennen.
Vorallem der Bereich "Automatisierung der Systeme" ist seit dem 2-Mann-Cockpit immer Thema bei der Konstrucktion und wird ständig weiterentwickelt. Es gilt fast immer, den "Usern" ein so simples Fluggerät wie möglich in die Hand zu drücken. Die Eigendiagnose und Fehlerbehebung der Systeme ist schon recht weit fortgeschritten und i.d.R. werden keine einzelnen Fehler angezeigt sondern immer die Auswirkungen.
 
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Ich gehe aber davon aus das alle die ruf hier wieder sprechen Erfahrungen haben aus erster Hand. Wäre ja schon irgendwie grotesk, wenn einige hier wie die Blinden von der Farbe sprechen.
Und das sich das PFD durchgesetzt hat weil es die beste Lösung ist. Da habe ich auch leise Zweifel. Es gibt mehr als ein Beispiel wo sich nicht die beste Lösung durchgesetzt hat, sondern eine andere. Dennoch wird das heute als quasi Standard betrachtet. Warum sollte das in der Luftfahrt anders sein?
Wenn man einen Pilotenschein und Type Rating braucht, um einem Piloten zu widersprechen, möchte ich demnächst das persönliche Ingenieurspatent präsentiert bekommen, wenn mir jemand widerspricht.
Wie bereits gesagt: ich äußere meine Meinung, welche in diesem Falle nicht komplette eingebildete Wahnvorstellung ist. Wenn der Herr "ruf_motorsport" diese dann ob meiner mangelhaften Qualifikation in der Pfeife rauchen möchte, so soll er das gerne tun.
Die "Beste Lösung" setzt sich meistens durch, nur sind manchmal nicht alle Optimalitätskritierien sofort sichtbar. Manche mögen nicht technisch begründet sein.
 
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@mcnoch

Der Rechenaufwand ist beim Schach mindestens 1000x grösser als bei einer solchen Problemanalyse.

Beim Flugzeug gibt es nicht 10000tausende Varianten die sich aus einem Zug ergeben können. Da geht etwas kaputt und dann ergeben sich in der Regel die Folgefehler weil der Pilot falsch reagiert hat.
Bin jetzt zwar nicht mcnoch, darf da aber hoffentlich trotzdem was einwerfen.

Du denkst m.M. zu schematisch und "digital", bzw. "schwarz-weiß". Ein System muss mitnichten stets immer genau mit "fail"-flag ausfallen. Es gibt unzählige Beispiele, wo Systeme Fehlfunktionen hatten, diese aber nicht "scharf" zu diagnostizieren waren. Eines, was mir da spontan einfällt, war der Radio Altimeter der türkischen 737, die im Februar 2009 in Schiphol zu kurz kam.

Was würde in solchen Fällen von unvorhersehbarem Systemverhalten ein Computer diagnostizieren? Es hat ja noch nicht mal die RadAlt-interne Logik den Fehler erkannt (sonst hätte der Altimeter sich selbst fail-geflagged). :confused:

Bzw. anders gefragt: wie sollte man ein Diagnosesystem für unvorhersehbare Fälle zertifizieren?


Die Welt besteht in der Wirklichkeit eben aus Bunt- und Grautönen, nicht nur aus "an - aus", oder "geht - geht nicht"...
 
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01.06.09 Air France A330 (Flug AF447) von Rio nach Paris abgestürzt

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