Mir kommt als Hobbybetrachter der Gedanke auf, dass die Fokker 100 eventuell gar nicht in Russland zugelassen ist (?) und es sich einfach gar nicht mehr lohnt, dieses Muster zu zertifizieren? Vielleicht bin ich da total auf dem Holzweg.
Meinerseits interessiere ich mich sehr für Flugzeugmuster wie die Fokker 100 und diesen Flugzeugtyp halte ich trotz aller Unkenrufe für ein wirtschaftliches und ein für Kurzstrecken sehr durchdachtes Flugzeug ihrer Zeit und angepasster Technologie – dies mag man als Naivität und Dummheit auslegen und es würde auch den Rahmen hier sprengen, wenn ich meine Argumente vorbringen würde. Es sei nur angemerkt, dass es schon vor Jahren Fluggesellschaften gab, die u.a. Probleme mit der Wirtschaftlichkeit der Fokker 100 hatten, wobei dies wohl eher weniger mit Kerosinverbrauch etc. zutun hatte, sondern eher mit sehr hohen Kosten für Piloten. Der Marktbereich der Fokker 100 wurde problematisch, da man doch mit 70 bis 90-sitzigen Regionaljets ungleich zu teilweise erheblich „wirtschaftlicheren Konditionen“ Flüge durchführen lassen konnte als durch eigene Mainline-Fokker 100-Dienste. Es gab sogar Zeiten, wo ein 50-sitziger Regionaljet „wirtschaftlicher“ war, obwohl nahezu jedes halbwegs normale 110-sitzige Flugzeug bessere Kosten pro Passagier generierte...
Es verwundert somit nicht ernstlich, dass bei diversen Fluggesellschaften der westlichen Welt die eigenen (neu gelieferten) Flugzeuge doch erst ab einer Kapazität von ca. 120 Sitzen anfangen, nach Möglichkeit eher in den Bereich ab 140/150-Sitzen.
Der Markt für 100-Sitzer ist seit Jahren nicht unproblematisch und ich glaube, dass dies auch in Russland nicht wirklich anders ist und gleichzeitig auch in Russland der Drang nach modernerer Technologie nicht weniger groß ist. Wo noch vor zehn oder 15 Jahren ein westliches XYZ-Flugzeug ein wahnsinniger Sprung nach vorne gewesen wäre, so sind heute oftmals diese gebrauchten westlichen Flugzeuge unter optimalen Bedingungen seit einigen Jahren nur eine Zwischenlösung. So ändern sich die Zeiten.
Auch glaube ich, dass die Schwemme an gebrauchten Boeing 737 und A320 die Leasingraten merklich gedrückt haben. Diverse Airlines trennen oder trennten sich von ganzen Flotten von 737 der zweiten Generation und auch ältesten A320. Durch geplante Erneuerungen der 737-Flotte z.B. bei Ryanair stoßen auch nach X Jahren relativ junge, aber stark genutzte 737-800 auf den Gebrauchtmarkt.
Was die Fokker 100 angeht: zwei Produktmappen der Fokker 100 nenne ich mein Eigen und es wird in den Präsentationen deutlich, dass die Fokker 100 für den Kurzstreckeneinsatz optimiert wurde – und dies für die Bedürfnisse der 1990er. Leise, effizient und nach Meinung von Fokker günstiger im Betrieb als die zum Vergleich herangezogenen BAe146, Boeing 737-500 und MD-87, wobei dies bekanntlich diverse Fluggesellschaften nicht als einziges Kriterium ansahen und sich gegen die Fokker 100 entschieden. Nach heutigen Maßstäben – und ob diese wirklich optimal sind, ist eine andere Frage – halte ich die Fokker 100 im Vergleich zu einer 737-600 oder A318 für „leistungsschwach“ und somit optimal für Kurzstrecken. Die Fokker 100 glänzt nicht durch eine hohe Reichweite oder eine sehr hohe Frachtkapazität (dies war schon offiziell ein Problem beim Einsatz der ersten Fokker 100 bei KLM mit anschließender Stornierung der ausstehenden Bestellungen und Eintausch der Fokker 100 durch 737-400 der Air UK Leisure). Das Leistungsspektrum der Fokker 100 hielten diverse Fluggesellschaften schon Ende der 1980er/Anfang der 1990er von dem ansonsten gelobten Design ab, da man mit der 737-500 oder MD-87 ein erheblich größeres Einsatzprofil abdecken und auch erheblich mehr Nutzlast über längere Routen befördern konnte. Selbst Lufthansa lobte die Fokker 100 in einem ihrer Jahrbücher, begründete aber ihre „Absage“ durch die Tatsache, dass es wenig Sinn machen würde, eine Zusatzteilflotte einzuführen – die 737-500 war die logischere Lösung. Auch eignete sich die Fokker 100 mehrheitlich nicht für den klassischen Chartereinsatz zu Sonnenzielen ab Mitteleuropa – bei der Reichweite mit voller Nutzlast stieß die Fokker 100 an ihre Grenzen. Bekannt ist hier die damalige Evaluierung der Schweizer CTA gewesen, die ursprünglich (wohl mit technischer Unterstützung des Fokker 100-Erstkunden Swissair) eine von Fokker angebotene „Fokker 100ER“ als Ersatz ihrer Caravelle bestellen wollte. Die Gründe gegen die Weiterentwicklung der ER-Version sind mir nicht bekannt, aber CTA entschieden sich für die MD-87 (Unterstützung durch Swissair erschien auch hier logisch durch die damalige Verbreitung der MD-80).
Möglicherweise sprach die Kurzstreckenoptimierung auch gegen die von Fokker aufgezeigten Versionen in den Broschüren einer 119 bzw. 122-sitzigen Version (mit der optionalen hinteren Servicetür als Standard) der Fokker 100. Abgesehen von der eher engen Kabinenbestuhlung, wäre eine so konfigurierte Fokker 100 möglicherweise schon auf „normalen Routen“ an ihre Grenzen gestoßen, während eine 737-500 mit 128 Sitzen (damals z.B. Hapag-Lloyd) oder 125 bzw. 137-sitzigen MD-87 bei CTA und Aero Lloyd ganz andere Leistungsprofile aufwiesen.
Gruss :-)