Hallo Kollege sens,
nun wird das zwar gewaltig OT, aber eine längere Anmerkung zur Sache sei gestattet:
Grundsätzlich kann kein halbwegs klar denkender und emphatischer Mensch an Krieg und dessen Ende etwas "Süßes" finden und nicht nur das Ende eines Krieges ist bitter. Bitter in der Hinsicht, dass sich eine komplette Generation getäuscht sah, verblendet und betrogen, einer Ideologie verfallen, die Deutschland, und mit ihm unzählige Kulturgüter unwiederbringlich in Trümmern zurückließ.
Die angefragte Literatur hat autobiographischen Charakter, es sind keine wissenschaftlich-ideologischen oder allgemeinen militärpolitischen Abhandlungen über die Kriegs- und Nachkriegszeit. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass darin natürlich sehr individuelle Erfahrungen und Erlebnisse des Einzelnen reflektiert werden. Das Verfasste muss folglich subjektiv sein.
Subjektivität mit Objektivität verpaaren, können nur sehr wenige Autoren mit der nötigen Distanz (Wolfrum, Zorner) und andere kaum oder gar nicht (Dickfeld,Herrmann). Bei ersteren gelingt die Auseinandersetzung mit der eigenen Verzahnung im gewaltigen Getriebe der Kriegsmaschinerie, bei letzteren nicht. Da bleibt ein Leser zurück, der sich fragt, ob es ein Paralleluniversum gibt.
Dennoch: Es ist billig, mit heutigen Wissen, mit unserer Sozialisierung und unserem Kenntnisstand über eine Generation zu urteilen: Nehmen wir z.B. Angehörige der Jahrgangs 1923, die waren bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten 10 Jahre alt, bekamen in der Schule die volle Dröhnung Übermenschentum, Judenhass und Propaganda eingehämmert. Als der Krieg ausbrach, war diese Generation schon wehrfähig- und mit 20 Jahren, also 1943, evtl noch am Leben. 1945, im festen Glauben an den Endsieg in Berlins Trümmern, kämpfte z.B. mein Großonkel (nun 22) noch mit der tiefen Überzeugung, man würde "den Russen" in Berlin schlagen.
Das war bekanntlich eines der Hirngespinste des OKW und 1950 kehrte er, in Gefangenschaft wegen Misshandlungen erblindet, aber zumindest doch lebend zurück. Für die, die schmerzvoll aus diesem ideologischen Tunnelblick erwachten, war das Ende "bitter".
Was war noch da? Viele hatten alles verloren, Familie, Heimat, Besitz... da gingen 30jährige gemeinsam mit 16jährigen in die Lehre. Die "Alten" hatten ja zuvor nichts anderes gelernt: nur das, was man euphemistisch als "Kriegshandwerk" umschrieb.
Kann also ein Kriegsende ganz allgemein "bitter" sein?
Nein, denn das hieße, dass alle, die in KZ zusammen gepfercht wurden, in Arbeitslagern vegetierten, nach Deutschland verschleppt Zwangsarbeit untertage verrichten mussten oder unter Drangsalierungen vielfältigster Art litten, das Ende des Krieges ebenso "bitter" empfunden hätten. Unsinn- denn vermutlich gab es für diese Menschen keinen schöneren Tag mehr in ihrem Leben, als den Tag ihrer Befreiung.
Kann es aber ein "bitteres" Kriegende für ein individuelles Schicksal geben?
Ja, denn Lernen durch Schmerz ist nicht der leichteste Weg zur Erkenntnis.