Der Bundesrat hat die Kampfjet-Beschaffung verschoben. Nun rückt ein anderes Vorhaben in den Vordergrund: Die Armee brauche eine Lenkwaffenabwehr, sagt ein Top-Militär.
Gemäss Korpskommandant Markus Gygax wird die Schweiz «schon im laufenden Jahrzehnt in den Einflussbereich von Lenkwaffen kommen, die ausserhalb Europas in Richtung Europa katapultiert werden können». Daraus zieht der Luftwaffenkommandant eine klare Folgerung: «Wir benötigen eine Lenkwaffenabwehr.» Das sagt er im Interview mit dem «Sonntag».
Gygax spricht von Lenkwaffen mit einer Reichweite «um die 3000 Kilometer». Diese würden die Schweiz «erpressbar» machen. «Deshalb müssen wir gemeinsam mit Europa ein adäquates Lenkwaffenabwehrsystem aufbauen. Die Schweiz kann sich hier nicht raushalten», so Gygax.
Im Alleingang wäre eine wirksame Abwehr für die Schweiz wohl schwierig. Gygax schlägt deshalb vor, unser Land könne sich «dem europäischen Verbund anhängen, damit man eine echte Lenkwaffenabwehr realisieren kann. Daran denken und planen wir.» Gygax denkt dabei zum Beispiel an das Lenkwaffenabwehrsystem Patriot PAK3, das Deutschland bereits heute besitzt.
Die Aufrüstung sei dringend. Denn: «Wir haben keine Ahnung, was nur schon in einem Jahr geschieht. Wir hatten auch 1988 keine Ahnung, dass 1989 die Mauer fällt. Ereignisse, die die Welt verändern, können ganz kurzfristig auftreten. Niemand weiss, was in fünf oder zehn Jahren ist.» Die Gefahr ortet Gygax weniger bei anderen Staaten als bei terroristischen oder mafiaähnlichen Organisationen – hinter denen allerdings «Götti» stünden, die sie mit modernen Waffen belieferten.
Konkret nennt er die Taliban in Afghanistan. «Nehmen Sie die Taliban. Das ist auch eine Art Organisation. Diese Organisationen wollen auch wirtschaftlichen Nutzen aus ihren Operationen ziehen. Mit entsprechender Bewaffnung kann man eine Bedrohung aufbauen und andere erpressen. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.»
Die sicherheitspolitische Debatte erhält damit eine neue Dimension. Am Mittwoch hat der Bundesrat die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge verschoben, doch jetzt geht es um noch mehr.