Effektivität von Raketen
Ich verfolge die Diskussion hier schon eine Weile und gebe heute mal meinen Senf dazu.
Ich habe von 84-88 in Zittau studiert und war dann von Mitte 88 bis Mai 90 Feuerzugführer in der RA-20.
Zum Thema Zuführung von Gefechtsköpfen kann ich nur bestätigen, das wir nie mit sowjetischen Einheiten trainiert haben. Sehrwohl war bekannt, das im Falle einer realen Zuführung Begleitoffiziere und Sicherungskräfte vor Ort gewesen wären. Die GK-Übernahme war Teil der Aufgabe 6b zur Herstellung der Bereitschaftsstufe 3 (BS 3) (GK-Montage mit Rampenkran). Als Transportfahrzeuge stand jedem Zug ein URAL (mit dem bewusten Gestell zur Verfügung). Die Montage vom ISO (Isothermisches Fahrzeug) wurde regelmäßig zur Taktischen Übung oder Komplex 5 mit Kräften der BRTB geübt.
Die Standzeit in der BS-3 war übrigens mit "bis zu einem Jahr" definiert. Die Rakete hätte unter feldmäßigen Bedingungen bis zu einem Jahr einsatzbereit auf der Startrampe liegen können. Das Temperaturregime des GK wäre nur mit Heizbezug und der Planenabdeckung aufrechterhalten worden.
Insofern sind die URAL doch etwas anders zu bewerten.
Die Zuführung der Gefechtsköpfe wäre sicher auch maßgeblich von taktischen Gegebenheiten beeinflußt worden. In jedem Stellungsraum wurde ein Hubschrauberlandeplatz erkundet und vorbereitet.
Im Rahmen einer Komplexausbildung habe ich auch nur einmal erlebt, dass die Zuführung von Raketen mit Kasetten-GK gespielt wurde. Bei der Starteinrichtung der Luna-M musste dort ein Kabel umteckt werden. Standartmäßig haben wir den Einsatz von Raketen 9M21B oder B1 trainiert.
Ab Komplex 2 war in unser Abteilung der 2.Start im 1.Kernwaffenschlag der Front Übungsgegenstand. Daran nahm pro Bttr. nur noch ein Feuerzug teil.
Der Ablauf der Übung war folgendermaßen:
1.Gefechtskopfmontage
2. Startbereitschaft für 1.KWS (Schutzanzug anziehen) simuliert 1.Start, danach Auszeit-Rakete am Startpunkt entladen)
3. "GAS" Stellungswechsel Marsch zur Wechselfeuerstellung dabei auf dem Weg Beladung durch den Technischen Zug (Rakete hing bereits am Hacken)
4. Herstellen Startbereitschaft 2.Start im 1.KWS
5. Feuerverlegen und simulierter zweiter Start, Stellungswechsel
6. Teilweise Spezialbehandlung
Allgemein zur Effektivität -
bei 9K52 und 9K72 war ein effektiver Einsatz nur mit Kernwaffen möglich.
Und selbst dabei macht man sich keine Vorstellungen von den erforderlichen Mitteln.
An der OHS haben wir mal ein Extrem-Beispiel zum Kernwaffeneinsatz "gerechnet".
Ziel: PzBtl auf dem Marsch - Mittelgebirge - vernichten(mind 55%-Ausfälle)
Ergebnis mit GK AA38 (9M21B1) angenommenes Äquivalent 10kt - Aufgabe durch Raketenabteilung (4Startrampen) nicht erfüllbar.
Ergebnis mit GK AA52 (9M21B) angenommenes Äquivalent 200kt - Aufgabe durch Raketenabteilung mit 4 Startrampen erfüllbar.
Also ca 800kt auf ein Marschband von unter 10km Länge - Irrsinn!!!!
Ein konventioneller Einsatz von Luna-M hätte den folgenden Kräfteansatz im Angriff erfordert: Quelle NVA R326/8/007 Operativ-taktische Berechnungen bei der Planung der Bekämpfung des Gegners durch das Feuer der Raketentruppen und Artillerie in Angriffs- und Verteidigungsoperationen(-gefechten) Teil 2 1987 -VVS siehe Tabelle
Interessant dabei - Luna-M wird "nur" mit Kasette gerechnet!
Dieses wird mein einziger Beitrag zum Thema sein.
Kernwaffeneinsatz haben wir damals fast täglich trainiert. Der Einsatz von Kernwaffen sollte mit absoluter Härte und allen verfügbaren Mitteln durchgeführt werden, um ggf. doch zu "gewinnen".
deshalb war es aus sowjetischer Sicht nur zu logisch alle Mittel, auch die der Koalitionäre in solch einem Schlag einzusetzen.
Grüße aus Trier
Luna-M