Irgendwo und irgendwann las ich mal, dass der hier besprochene Flugzeugtyp nicht nach dem fail-safe-, sondern nach dem safe-life-Prinzip konzipiert wurde und nach damaliger Haltung ein Flugzeug X Flugstunden sicher zu absolvieren hatte und eher durch eine neu produzierte Tupolev ersetzt werden sollte. So sah man auch früher Sauerstoffmasken für Fluggäste bei vielen Tu-154 als nicht notwendig an, da es sowieso zu keinem strukturellen Versagen der Druckkabine kommen würde. Diese Haltung sagt viel über die Philosophie aus. Ähnlich wurden auch vor Jahrzehnten britische zivile Flugzeuge konzipiert, bis man sich dem fail-safe-Design näherte. Darum weiss ich nicht, ob von Anfang an Tupolev ihre Flugzeuge zwangsläufig auf Langlebigkeit ausgelegt hatte, tendenziell würde ich eher behaupten, dass diese trotz einer begrenzten Lebensdauer derart robust und konservativ konstruiert wurden, damit diese in ihrem Einsatzleben nicht versagen. Vielleicht kann da jemand mehr Klarheit einbringen. Später änderte sich diese Haltung und die Flugzeuge wurden dann ebenfalls weiteren D-Checks unterzogen und weiterhin eingesetzt. Diese Obergrenze der erlaubten Flugstunden war und ist aber immer ein spezielles Thema beim Betrieb der TU5 gewesen , mehr als bei westlichen Flugzeugen ähnlicher Größe. Hier wird ja schon geschrieben, dass manch eine TU5 vom Alter her eher jung ist und es wurde auch mehrfach in der englischen Fachpresse berichtet, dass diese Tupolevs speziell für den Einsatz im Iran modifiziert wurden (u.a. stärkere Klimaanlagen).
Die Tupolev Tu-154 war bisher eine der praktikablen Lösungen für iranische Fluggesellschaften und hier dem Typ anzulasten, dass im System etwas nicht den Sicherheitsanforderungen genügt, ist sehr einfach. Ich habe meine Zweifel, ob ohne Änderung der Gesamtumstände im iranischen Luftverkehr der Einsatz alternativer Flugzeugtypen tatsächlich die Sicherheit erhöhen wird. Meinerseits nehme ich an, dass kurzfristig einige der betroffenen Fluggesellschaften u.a. zusätzliche MD-80 anmieten und einführen werden, da diverse Unternehmen schon dieses Muster einsetzen. Dies löst aber nicht das Problem und verschiebt die Problematik möglicherweise nur. Falls dann die ersten MD-80 vom Himmel fallen oder von der Piste geraten, dann wird eben halt der MD-80 ein Verbot erteilt – und eine vermeintliche Lösung von Problemen präsentiert. Da kann dann eine MD-80 25 Jahre lang beim Erstnutzer unterwegs gewesen sein, manchmal überlebt so ein Flugzeug ihre zweites Dasein und Einsatz beim neuen Besitzer nur wenige Tage.
Ich gehe sogar so weit und behaupte, dass selbst bei modernsten Flotten im Iran (also Airbus A320-Familie, Boeing 737NG etc.) die Systemdefizite offenbar werden würden, eine chronologische Überlastung der Infrastruktur, die Problematik mit der organisatorisch effizienten Umsetzung von Wartung. Bisher habe ich den Eindruck, dass zum Beispiel die Techniker von Iran Air unter widrigen Umständen versuchen, die Flugzeuge technisch zu betreuen. So kann dann möglicherweise auch der D-Check der kürzlich verunglückten Boeing 727 sehr lange dauern und ich teile als Außenstehender nicht die populistische Meinung, dass bei Iran Air in den Werften geschlampt wird oder forciert Defizite hingenommen werden. Eher versuchen hier – unabhängig von den Gründen – die Mitarbeiter die Flotte flugbetriebsfähig zu halten und die 727 war eventuell sogar besser gepflegt als einst manch eine frühere 727 bei einer vor dem Bankrott stehenden westlichen Airline.
Gruss