Bauchlandung einer Boeing 767 der LOT in Warschau!

[Intrepid]

Da preist man auf der einen Seite den Kapitän für die "tolle Landung", und auf der anderen stellt man seine zentrale Entscheidung in Frage?

Ein paar wenige stellen die Entscheidung in Frage.

Ich kann die Entscheidung nicht in Frage stellen, denn ich weiß nicht, was für einen solchen Hydraulikausfall vorgesehen ist.

 

[Bowser]

Vielleicht hatte es der Kapitän ja einfach für sicherer erachtet eine Bauchlandung zu machen.

 

[marek54]

Das Notausfahren ist nach meinem Wissen an das zweite Hydrauliksystem angekoppelt.
Dort sind die verantwortliche Pumpen allerdings über Bordnetz elektrisch angetrieben. Das Rätsel wieso und warum tat sich nichts, bleibt aber offen.
G.

 

[Learjet]

Wenn dies wirklich so ist, fragt man sich natürlich ob die Notentriegelung wirklich nicht funktioniert hat.

 

[Fw 200 Condor]

Moin marek54,

Wie schon in meinem Beitrag (#27) geschrieben:

Zum Verständnis zum Fahrwerks ein- und ausfahren: Das funktioniert normal hydraulisch; bei der 767 eben mit dem center system. Die alternative Methode zum ausfahren (Notausfahren), funktioniert mittels Schwerkraft und Fahrtwind.

Grob gesagt: Durch Betätigung der alternate gear extension, wird die Hydraulik am Fahrwerk drucklos gemacht. Dann werden die Verriegelungen der Fahrwerkschachtklappen und der Fahrwerke geöffnet. Die Fahrwerke fallen schwerkraftbedingt heraus. Der Fahrtwind hilft dabei, die Fahrwerke in die Ausfahrverriegelungen zu drücken. Fertig.

Die B767 hat kein "zweites" Hydrauliksystem. Es gibt hier 3 Hauptsysteme, die in Links / Center / Rechts aufgeteilt sind.

Das die alternate gear extension, also das "Notausfahren" nicht funktionierte, ist anzunehmen. Sollten nicht irgendwelche weiteren, uns unbekannten Probleme vorhanden gewesen sein, währe es äußerst unsinnig gewesen, die Sicherheit der Flugzeuginsassen mit einer Bauchlandung zu gefährden.

 

[mATRatze]

Auszug AOM:

Landing Gear Alternate Extension
The alternate landing gear extension system uses a dedicated DC powered electric
hydraulic pump to extend the landing gear. Fluid within the supply line to the
pump is sufficient for alternate gear extension operation. This fluid is isolated
from the left hydraulic system. Selecting DN on the ALTN GEAR EXTEND
switch releases all door and gear uplocks. The landing gear free–fall to the down
and locked position.
When all gear are down and locked, the gear down lights illuminate and the GEAR
light extinguishes. During alternate extension, the DOORS light remains
illuminated and the EICAS advisory message GEAR DOORS displays because all
the hydraulically powered gear doors remain open.

 

[Learjet]

Damit ist die Frage, warum die Gear Alternate Extension nicht funktioniert hat, aber immer noch im Raum. Da wir ja bereits wissen, dass das Center Hyd Sys versagt hat, bleibt dann noch die Frage welches System der "Gear Alternate Extension" nicht funktioniert hat.

 

[marek54]

@mATRatze,
Das ist AOM aus 1999 und trifft sicherlich die polnische Maschine, da das Baujahr näher liegt.

AOM von 2009 spricht nur von einem elektrischen Motor für Entriegelung und ohne Pumpen. Nur Schwerkraft wird genutzt. Ist quasi das Moderne aber hier denke ich nicht zutreffend.
G.

 

[koehlerbv]

Irgendwie ist das wieder bezeichnend (wenn auch verständlich): Hätte nicht erst vorgestern eine LOT-767 bewiesen, dass ein Flugzeug zumindest bei der sicheren Landung ohne Räder auskommen kann, wäre diese Meldung niemals durch Agenturen verbreitet worden.

Bei Qantas ist das derzeit auch "gut" zu beobachten: Wenn auf eine abgestellte Maschine (bevorzugt eine 380) eine Möwe auf Leitwerk scheisst, dann ergibt das gleich eine Headline. Selbiges gestern mit der Maschine von Singapore Airlines in EDDM: "Schleudert", "trudelt", "knapp an der Katastrophe ..." etc. pp. Okay, lustig ist sowas nie, aber Berichte darüber, wie es den Betroffenen (Fluggäste, Flughafen, Fluggesellschaften) bei der plötzlichen Halbierung der Münchener Kapazitäten ergangen ist und wie damit umgegangen wurde - (zumindest) sehr dünne Ausbeute.

Bernhard

 

[Taliesin]

Bei Qantas ist das derzeit auch "gut" zu beobachten: Wenn auf eine abgestellte Maschine (bevorzugt eine 380) eine Möwe auf Leitwerk scheisst, dann ergibt das gleich eine Headline. Selbiges gestern mit der Maschine von Singapore Airlines in EDDM: "Schleudert", "trudelt", "knapp an der Katastrophe ..." etc. pp. Okay, lustig ist sowas nie, aber Berichte darüber, wie es den Betroffenen (Fluggäste, Flughafen, Fluggesellschaften) bei der plötzlichen Halbierung der Münchener Kapazitäten ergangen ist und wie damit umgegangen wurde - (zumindest) sehr dünne Ausbeute.

Bernhard

Qantas wird immer beobachtet, die australische Presse hasst Qantas. Bei Qantas werden Sachen an die große Glocke gehängt und zur Kernfrage nationaler Identität erklärt, da kann man sich nur an den Kopf packen. Lufthansa hat quer über Europa verteilt Wartungsbetriebe, sogar auf den Phillippinen. Das kratzt keine Sau, in Australien werden wegen der Auslagerung von ein paar Jobs eine Streikwelle nach der anderen angezettelt.

 

[Schorsch]

Man braucht für eine mediale Vermarktung folgende Zutaten:
- entweder spektakuläre Bilder
- oder Tote (klingt makaber, ist aber so)
- oder ein neuartiges Ereignis
Allerdings ist letzteres kein Garant.
Ansonsten kann man in der Luftfahrt mitunter haarsträubende Vorfälle ganz gut unter'n Tisch kehren. Hat ja auch niemand Interesse daran, dass Average Joe Angst vor'm Fliegen bekommt. Die Experten kennen das Restrisiko und leben damit.

 

[Balu der Bär]

Update auf avherald!

About 15-20 minutes after the end of the evacuation the first members of PKBWL arrived at the scene and found the "C829 BAT BUS DISTR" circuit breaker on the P6 panel was in the popped position, the "C4248 LANDING GEAR - ALTN EXT MOTOR" circuit breaker was in the closed position. The recordings of cockpit voice recorder and flight data recorder were secured.
Circuit breaker C829 protects a number of systems including the alternate landing gear extension system. It's position was not recorded or indicated by any aircraft system.
After the aircraft was lifted off the runway, the circuit breaker C829 was closed, then the alternate landing gear extension was activated and successfully extended the landing gear, so that the aircraft could be towed to the airline's maintenance hangar.
On Nov 2nd the location of the hydraulic leak was identified in a damaged hose belonging to the center hydraulic system. The hose was disassembled and sent to the NTSB for further analysis.

Oha, da stand also ne Sicherung zwischen normaler Landung und Bauchlandung.......hätte man die Sicherung bemerkt und wieder reingedrückt, wäre es keine bauchlandung geworden.....

 

[Intrepid]

Wo ist das P6-Panel und stand die Sicherung auf der Checkliste?

 

[Toryu]

Bild des Panels von Avherald:


Muss wohl unter dem "FE"-Panel liegen:
http://www.rosboch.net/aviationmedia/B767-277 Ansett with the union mandated flight engineer's station.JPG
http://www.rosboch.net/aviationmedia/B767-277 Ansett with the union mandated flight engineer's station after conversion.JPG

In dem Zusammenhang ein wenig "nice to know"-Wissen:
http://webpages.charter.net/flyian/757-767/fe.htm

 

[pocket rocket]

vorläufiger Untersuchungsbericht

Hier gibt´s den vorläufigen Untersuchungsbericht in englischer Sprache:

http://www.transport.gov.pl/files/0/30680/20111400RWenglish.pdf


dunkle Schatten fallen auf die Helden von Warschau...

 

[mariob]

Hallo,
nach meinem mehr als bescheidenem Englisch und dem Unfallbericht haben die Jungs doch nichts falsch gemacht oder habe ich da was überlesen? Wieso also dunkle Schatten, wobei wir allerdings auch bei meinen Fragen wären, sofern man es hinkriegt das Winkel, Geschwindigkeiten etc. bis zum "Aufsetzen" stimmen, hat man in der sagen wir mal Abbremsphase keine Eingriffsmöglichkeiten mehr die Maschine in irgendeiner Form zu kontrollieren?
Ich könnte mir vorstellen, das es da wahrscheinlich eher gefährlich ist den Umkehrschub zu benutzen? Will heißen schaltet man vorher die Motoren komplett ab, da diese ja ebenfalls am Boden schleifen und von daher ist es doch sicherlich möglich, das dort bewegte Teile das Gehäuse verlassen könnten. Im schlimmsten Falle (eine Seite durch Schleifen im Eimer) produziert man dann einen asymmetrischen Schub, da aber keine Steuerogane (Bremsen) verfügbar sind landet man in der Wiese? Oder liege ich da falsch?

Gruß
Mario

 

[pocket rocket]

Die Bauchlandung hat perfekt geklappt - da lässt der Untersuchungsbericht auch keinen Zweifel.

Nach der Evakuierung sind dann die Leute der Untersuchungskommission an Bord gegangen und haben eine herausgesprungene Sicherung entdeckt.
Nachdem das Flugzeug aufgehoben war, wurde die Sicherung hineingedrückt und das Fahrwerk konnte ausgefahren werden (mit dem back-up System).

Also: Dunkler Schatten, weil eine unter Umständen übersehene Sicherung zum Stunt mit der Bauchlandung geführt hat...

 

[jockey]

Also: Dunkler Schatten, weil eine unter Umständen übersehene Sicherung zum Stunt mit der Bauchlandung geführt hat...

Konnten sie denn wissen das eine Sicherung rausgeflogen ist?

 

[mariob]

Hallo,
konnten sie nach dem Bericht nicht, da die Sicherung angeblich nicht überwacht ist.

Gruß
Mario

 

[pocket rocket]

Na GEWUSST haben sie es wohl nicht - sonst hätten sie die Sicherung wohl reingedrückt.
Wenn an Bord irgendetwas plötzlich nicht mehr funktioniert (wie in dem Fall das Notausfahren des Fahrwerks), schaut man üblicherweise nach, ob eine Sicherung heraussen ist. Das haben die Piloten in diesem Fall wohl auch getan, wobei sie eben diesen Sicherungsknopf unter gewissen Umständen übersehen haben könnten.
Die Sicherung ist von ihrer Beschreibung her ("BAT BUS DISTR", steht für "Battery Bus Distibution") auch nicht sofort als Sicherung fürs Fahrwerk zu identifizieren, aber das Backup-System für das Ausfahren des Fahrwerks ist nun einmal eine der vielen Funktionen, die sie absichert.
Das P6-Panel sitzt bei den Boeings hinter dem Kopiloten, das Corpus Delicti befindet sich da (nach dem Foto zu urteilen) genau an der unteren Ecke - reine Mutmaßung von mir, aber der Platz eignet sich wohl besonders gut, um im Vorbeigehen dran anzustreifen und dadurch die Sicherung unbeabsichtigt herauszuziehen.