Bitte nicht alles miteinander vermischen. Das anglo-amerikanische und das das deutsche Insolvenzrecht beruhen auf unterschiedlichen Rechtstraditionen und sind daher nicht vergleichbar. Insolvenzverfahren für juristische Personen und natürliche Personen sind ebenfalls unterschiedlich ausgestaltet. Also bitte nicht alles in einen Topf werfen.
Wenn ein Unternehmen seine Schulden nicht bezahlen kann, beginnen die Gläubiger in die Masse des Schuldners zu vollstrecken, sei es durch Konten- oder Sachpfändung, sei es durch Aussonderung bzw. Absonderung von Gegenständen. Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet, reicht also die Masse der Aktiva nicht mehr aus um die Masse der Passiva zu decken, würden nicht mehr alle Gläubiger befriedigt werden können. Ohne ein geordnetes Verfahren würde es also zu einem "Wettlauf der Gläubiger" kommen, wer zuerst seine Forderungen durchsetzen kann und am Ende würden die Letzten ohne alles dastehen, während die Ersten noch ihre gesamte Forderung durchgesetzt bekommen haben. Daher greift in solchen Situationen das Insolvenzrecht ein und stellt ab dem Zeitpunkt des Insolvenzeröffnungsbeschlusses alle Gläubiger (innerhalb bestimmter Gruppen) gleich und befriedigt diese dann zum Verteilungszeitpunkt nach Rang ihrer Gruppen. Der Geschäftsführer ist zur Einreichung des Insolvenzeröffnungsantrages verpflichtet, wenn die Bedingungen für eine Insolvenz erfüllt sind.
Chapter 11 in den USA führt zwar ebenfalls zum Stopp des Wettlaufs der Gläubiger, hat aber eine etwas andere Zielrichtung und einen anderen Anwendungsbereich. Über diese Regelung soll schon im Vorlauf auf das nachfolgende Sanierungsverfahren verhindert werden, dass ein Gläubiger betriebswichtige Gegenstände oder Rechte nicht nur pfändet, sondern sie dem weiteren Betrieb ganz entzieht und so dem Betrieb die Abzahlung seiner weiteren Verbindlichkeiten unmöglich macht. Es soll also verhindert werden, dass ein angeschlagenes Unternehmen durch einen oder mehrere Gläubiger endgültig in die liquidierende Insolvenz getrieben wird, obwohl es noch sanierungsfähig ist oder nur eine zeitweise Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Im Fall der US Fluggesellschaften sind dies klassischerweise die Flugzeuge, bei den Herstellern Rohstoffe, Werkzeuge und Patente. Damit soll verhindert werden, dass ein Gläubiger durch die Durchsetzung seiner Rechte das Unternehmen so schädigt, dass auch alle anderen Gläubiger in Mitleidenschaft gezogen werden.
Chapter 11 ist also meist eine Vorstufe des Insolvenzverfahrens und bedeutet nicht, dass das Unternehmen wirklich pleite ist, sondern nur, dass die Gläubiger nicht mehr ihre vollen Vollstreckungsrechte haben. Ein entsprechendes Instrument gibt es in der deutschen Insolvenzordnung nicht. Im weiteren Verfahren wird dann entschieden, ob es dauerhaft mit einer Sanierung weitergeht oder eine Liquidierung vorgenommen werden muss. Diese beiden Varianten gibt es dann wieder in beiden Rechtsgebieten.