in ehem. brasilianischer 727-Pilot sagte mir mal das wäre dann "Over Thrust". Näher hatte er es mir leider nicht erklärt.
Moin oder besser Abend, auf die Frage antworte ich mal, der Rest wurde ja mehr oder weniger hinreichend beantwortet.
N1 und EPR sind ja nur "Näherungen", die als Ersatztwert für den Schub stehen, den wirklich messen kann man den Schub ohnehin nur auf Prüfständen.
Da der Schub sich ja aus Kraft=Masse x Beschleunigung ist und in unserem Fall die Kaft dem Schub gleichsteht, sieht man, dass man entweder an der Masse oder an der Bescleunigung "drehen" kann, um einfluss auf den Schub zu nehmen. Korrekterweise wird die Masse als Massenstrom bezeichnet um der Zeitkomponente gerecht zu werden, sprich wir beschleunigen eine Masse in einer gewissen Zeit um den Wert X.
Auf dem Prüfstand kommt nun raus, dass unser Triebwerk bei Drehzahl xx% unter ISA-Bedingungen (also die klimatischen Umstände) die geforderte Nennleistung bringt. Die Drehzahl kann man als äquivalent für das durchgesetzte Volumen des Fans betrachten und dieses wird eben mit der Temperatur auf die Masse "umgerechnet".
Das funktioniert bei Bläsertriebwerken ganz brauchbar ist aber nicht wirklich genau, weil der Massenstrom des Kerntriebwerks dabei aussen vor ist.
Weiterer Nachteil von N1: Schäden am Fan, der normale Verschleiss und auch der "Dirt Build-Up" verschlechtern die Förderleistung des Fans, dieses wird aber nicht in der N1-Regelung berücksichtigt.
Schön hingegen ist aber, dass man immer eine "in etwa" Referenz zu den 100% hat, sprich der Mensch tut sich hier leichter das intuitiv einzuordnen.
Bei der EPR wird der Eingangsdruck zu Ausgangsdruck des Triebwerks gemessen, auch dieses Verhältniss ist wieder nur ein Vergleichswert und steht für die Beschleunigung des Massenstroms. In der Praxis wird aber der Eingangsdruck vor dem Fan gemessen und der Ausgangsdruck nach der Turbine (vor der Schubdüse natürlich), sprich hier wird eigentlich nur wieder der Kernbereich betrachtet und anhand von diesem kann man dann den Schub ableiten. Das schöne am EPR ist, dass es zum einen nicht vom Verschleiss getrübt wird, weil der Motor dann "einfach" höher drehen muss, um die gleichen Druckverhältnisse zu liefern und zum anderen ist steigt der Schub proportional mit dem EPR-Wert bis zum jeweiligen Höchsschub.
Nachteil ist ganz klar die Bezugslose Zahl die da angezeigt wird, die sich auch von Triebwerksmuster zu Triebwerksmuster unterscheidet, da kann bei einem EPR 1,3 grade über Standgas sein, beim anderen fast Takeoff-Power. Auch die EPR wird entsprechend der Temperatur kompensiert, sprich auch hier sinkt der EPR-Wert bei sinkenden Temperaturen (und somit steigender Luftdichte).
Lediglich bei A380 (wurde ja auch schon erwähnt) wurde diese ACUTE-Anzeige erstellt, sprich hier wird dem Piloten ein prozentuale Wert des augenblicklich verfügbaren Schubs angezeigt. Dieser Wert wird aus dem TPR (Turbofan Pressure Ratio) errechnet und dieser wiederrum wird von dem Triebwerksrechner aus Eingangsdruck, Eingangstemperatur, Kompressorausgangsdruck und Abgastemperatur berechnet.
Der Autopilot macht sich die Mühe allerdings nicht, sondern schickt seine Vorgaben als N1-Demand althergebracht an die Triebwerksregler
.
Back2Topic: Was ist Over Thrust oder Overboost.
In der heutigen Zeit Regeln die Triebwerksregler den Schub, sprich mir ist egal wie kalt/warm das draussen ist, wenn ich die Hebel nach vorne lege, dann will ich 100% Schub haben. Früher war das etwas anders, da haben die Piloten anhand einer Temperaturtabelle abgelesen (wurde ja so vom Schorsch schon gepostet), wieviel Schub mein TW bei Drehzahl XX liefert und danach wurde dann N1 (und EPR entsprechend äquivalent) gesetzt.
Wenn ich nun bei niedrigen Temperturen am Boden mehr Drehzahl/EPR gesetzt habe, als ohnehin nötig wäre, um den zugelassenen Maximalschub des Triebwerks zu "produzieren", dann liefert der Motor mehr Schub als zugelassen (laut Gerätekennblatt) und der Motor ist im Over-Boost.
Wie gesagt, in der heutigen Zeit regeln die Triebwerksrechner das eigentlich völlig autark, sprich mehr Drehzahl oder mehr Schub als zulässig geht nicht (eine höhere EGT schon, die wird idR nicht begrenzt, sondern ergibt sich zwangsläufig aus den anderen Regelparameter).
Nur wenn irgendwelche Fehler vorliegen, kann es sein, dass die Triebwerke nicht mehr Schubgesteuert laufen, sondern nur noch Drehzahlgesteuert und genau dann muss man wieder die Liste rauskramen und entsprechend den Schub ausrechnen. Bei der B777 kann man das auch manuel erzwingen und die TW in N1-unrated laufen lassen, dann kann man die Motoren auch in Over-Boost schieben.
Dadurch, dass ich die TW flatrate, also unter einen gewissen Temperatur künstlich drossel, kann man diese auch entsprechend leichter bauen, weil ja immer nur der Maximalschub aufgenommen und übertragen werden muss, genauso wie Drücke und Temperaturen unter gewissen Schwellwerten gehalten werden.