Weshalb wird die Zapfluft noch immer aus den Triebwerken entnommen

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Toryu

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Die VSV (manchmal auch "VIGV" - Variable Inlet Guide Vanes genannt) dienen der Begrenzung/ Steuerung des Massenstroms (erinnert sich jemand an die "Geschwindigkeitsdreiecke"?), und sind vor allem bei großen Lastwechseln von Vorteil.
Die (erstmals?) beim J79 verwendeten VSV sorgten u.a. für das schnelle Ansprechen des Triebwerks (~4s von Leerlauf auf vollen Trockenschub).
 
Taliesin

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Jene Luft, die zur Verdichterstabilisierung entzogen wird, kann vom Verdichter sowieso nicht verarbeitet werden (Druckgradient über Schaufel zu groß => Strömungsablösung => mögl. Stall).
Der Strömungsabriss kommt bei Teillast aber nicht durch zu große Druckgradienten, sondern durch Fehlanströmung.
Ich habe mal in einem meiner Scripte geblättert, was dort zu Teillastregelung steht:
Teillastbetrieb von mehrstufigen Verdichtern

Obwohl sich mit steigender Wellenanzahl das Teillastverhalten verbessert, haben bei einem Zwei- oder Dreiwellenkonzept die einzelnen mehrstufigen Verdichter noch ein so schlechtes Teillastverhalten, dass weitere Abhilfemaßnahmen vorgesehen werden müssen. Das Teillastverhalten wollen wir im Folgenden erklären, bevor wir im Anschluss die Abhilfemaßnahmen diskutieren. Dieser mehrstufige Verdichter sei auf den Volllastpunkt AP hin ausgelegt, was üblicherweise so gemacht wird.

Dann stellt sich in Teillast, z.B. beim Anlassen des Triebwerkes, der Betriebspunkt BP1 ein. Nun zeigt sich bei praktisch allen Verdichtern, dass beim Übergang von AP auf BP1 der geförderte Massenstrom m˙ stärker abfällt als die Drehzahl. Wie in Abbildung 4.3 angedeutet, ist gleichzeitig der statische Druckaufbau bei BP1 deutlich geringer, so dass die Dichte im hinteren Teil des Verdichters stärker als der Massenstrom abnimmt und der Volumenstrom damit größer als in AP ist. Daraus folgen die in Abbildung 4.4 gezeigten Geschwindigkeitsdreiecke:
die durchgezogenen Vektoren zeigen die inzidenzfreie Zuströmung der ersten und letzten Stufe im Auslegungspunkt AP. Im Vergleich hierzu kommt es bei BP1 in der ersten Stufe zu einer positiven Inzidenz, da die Axialgeschwindigkeit stärker als u abnimmt. Aufgrund der Zunahme des Volumenstromes bei gleichzeitiger Reduktion von u hat dagegen die letzte Stufe eine deutliche negative Inzidenz. Man erkennt auch, dass die Umlenkung (beta1 − beta2) der ersten Stufe in Teillast zu- und in der letzten abnimmt. Somit treibt die Teillast den Betriebspunkt der vorderen Stufen Richtung Pumpgrenze und den der hinteren Stufen Richtung Sperrgrenze. Aufgrund dieses Phänomens ist es immer extrem schwierig, das Triebwerk in tiefer Teillast zu betreiben, so dass insbesondere beim Anlassen des Triebwerkes in der Regel alle im Folgenden genannten Abhilfemaßnahmen gleichzeitig angewandt werden. Selbst wenn noch ausreichend Abstand zur Pumpgrenze vorhanden ist, führt die beschriebene Fehlanströmung zu erheblichen Wirkungsgradeinbußen, so dass auch deshalb Abhilfe geschaffen werden muss.

Die naheliegendste Möglichkeit, die Fehlanströmung zu beseitigen, besteht in einer Anpassung der Drehzahl. Für die vorderen Stufen ist eine Absenkung der Drehzahl erforderlich, die hinteren Stufen benötigen eine höhere Drehzahl, um den in Teillast verringerten Massenstrom und verringerten statischen Druckaufbau zu kompensieren. Mit dem Dreiwellenkonzept ist dieser Maßnahme allerdings die obere Machbarkeitsgrenze gesetzt. Als zweites könnte die Belastung – sprich, die Umlenkung (beta1 − beta2) – der ersten Stufen im Auslegungspunkt AP von vornherein reduziert und in den letzten Stufen erhöht werden. Somit bestünde im Teillastfall ein größerer Abstand zu den Stabilitätsgrenzen (Pump- bzw. Sperrgrenze). Hierdurch würde aber gerade auf die im kalten vorderen Bereich mit relativ wenig delta h erzielbare Druckerhöhung delta p teilweise verzichtet werden, um dies dann mit viel Aufwand in vergleichsweise ineffektiven hinteren Teil wettzumachen. Das ist keine sinnvolle Lösung.
Die dritte Möglichkeit besteht im Abblasen über die so genannten stability bleeds, am besten im mittleren Bereich des Verdichters. Hierdurch wird der Durchsatz bzw. die Axialgeschwindigkeit im vorderen Teil erhöht und im hinteren reduziert.

Die vierte Möglichkeit ist die sogenannte Leitschaufelverstellung. Sie ermöglicht das Verdrehen der Leiträder. Durch das Zudrehen des Vorleitrades im Teillastbereich kann der erste Rotor wieder inzidenzfrei angeströmt werden. Auch die nachfolgenden „regulären“ Leiträder können gleichermaßen in Teillast zugedreht werden, was sowohl die Zuströmung der nachfolgenden Rotoren als auch deren eigene Zuströmung gesundet. Es besteht also
keine Notwendigkeit, auch die Rotoren zu verstellen, was aufgrund der Fliehkraft der rotierenden Schaufeln mechanisch sowieso unmöglich ist.
 
Toryu

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Ein Strömungsabriss ist IIRC immer die Folge eines zu großen Druckgradienten - entsprechend der Anströmung verändert sich die Cp-Verteilung, und damit der Druckgradient.

"Druckgradient über Schaufel" ist etwas unscharf ausgedrückt.
Habe leider meine LFA-Unterlagen nicht hier, sonst könnte ich auch mal nachsehen.
 
Taliesin

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Ein Strömungsabriss ist IIRC immer die Folge eines zu großen Druckgradienten - entsprechend der Anströmung verändert sich die Cp-Verteilung, und damit der Druckgradient.
Ich dachte immer, dass Ablösung auf der Rückseite entsteht wegen des Druckgradienten und Ablösung an der Profilnase entsteht wegen Inzidenz, aber es kann trotzdem sein, dass Inzidenz und Druckgradient 2 Seiten der gleichen Medaille sind, ich muss mir das nochmal genauer angucken..
 

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Ich dachte immer, dass Ablösung auf der Rückseite entsteht wegen des Druckgradienten und Ablösung an der Profilnase entsteht wegen Inzidenz, aber es kann trotzdem sein, dass Inzidenz und Druckgradient 2 Seiten der gleichen Medaille sind, ich muss mir das nochmal genauer angucken..
Also die Ablösung hinter dem Maximum der Profildicke entsteht gemäß gängiger Lehrmeinung aufgrund des 'adverse pressure gradient' also des zu starken Druckanstiegs auf der Rückseite. Und der kann sicher neben einer zu starken Wölbung des Profils bei zu hoher Re- Zahl eben auch durch hohen statischen Druck hinter dem Profil hervorgerufen werden.
An der Nasenleiste passiert bei sehr hohen Anstellwinkeln eigentlich das gleiche. Der Druckanstieg hinter der Stelle maximaler Gesschwindigkeit wird zu groß (durch die starke Wölbung/Umlenkung) und die Strömung löst ab.
Das ist ganz klar das grundlegend gleiche Phänomen, und ein hoher statischer Druck hinter dem Profil bedeutet natürlich einen erhöhten Gradienten über die gesamte Länge des Profils mit erhöhter Gefahr der Ablösung auch an der Nasenleiste. Umgekehrt reduziert eine Verringerung der Inzidenz die maximale Geschwindigkeit an der Nasenleiste, damit den Miminaldruck und damit auch den Druckanstieg auf der Rückseite. Allerdings wird man den Effekt der Ablösung auf der Rückseite nicht komplett durch Änderung der Inzidenz in der Anströmung verhindern können, sondern nur verschieben.
Das dürfte der Grund sein, dass auch Triebwerke mit verstellbaren Einlasschaufeln (VSV/VIGV) Bleed Valves haben.
 
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