urigs Flohzirkus: Aus der Entwicklung der deutschen (Schul-) Segelflugzeuge

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Alien
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Variometer
Ein Variometer https://de.wikipedia.org/wiki/Variometer soll Änderungen des Luftdrucks (und damit der Höhe) im Flug messen. Als Referenz benötigt man ein geschlossenes, wärmeisoliertes Ausgleichsgefäß (in der Art einer Thermoskanne), das über eine dünne Leitung mit dem Außendruck verbunden ist. Dies führt dazu, dass bei schnellen Höhenänderungen ein vorübergehender Über- oder Unterdruck relativ zum Innendruck des Gefäßes auftritt. Die Höhe des Druckunterschieds ist dann ein Maß für die augenblickliche Steig- bzw. Sinkrate.

Die Erforschung der Atmosphäre und die Nutzung von Aufwinden für den Segelflug soll auf Prof. Walter Georgii aus Darmstadt zurückgehen.

[1] und [2] berichten, dass im Mai 1928 ein junger Pilot namens Robert Kronfeld mit Testflügen für Georgii begann:

„Der Prototyp des ≪Professor≫ flog erstmals Mitte Mai 1928 und Georgii und Lippisch wollten mit diesem Mittelklasseflugzeug im Wettbewerb Erfolge erzielen. Den Einbau eines Variometers hielt man vor den anderen Piloten geheim und alle Beteiligten waren zu strenger Verschwiegenheit verpflichtet. Nach der Thermosflasche in seinem Cockpit befragt, gab Kronfeld vor, sie enthalte Kaffee und es sollte noch ganze zwei Jahre dauern, bis das Wissen über dieses Instrument außerhalb des eingeweihten Kreises rund um Georgii, Lippisch und deren Piloten bekannt wurde.“


„Nach Kronfeld war Wolf Hirth der erste Pilot, der die Möglichkeiten des Variometers erprobte. Er stattete sein ≪Musterle≫ mit diesem Instrument aus und flog damit bei den amerikanischen Wettbewerben. Es ist bemerkenswert, dass niemand fragte, was diese ungewöhnliche Anzeige, verbunden mit Flasche und Schläuchen, bedeutete. Und in der Tat wurden Variometer außerhalb Deutschlands während der nächsten zwei oder drei Jahre praktisch nicht eingesetzt.“
[1]

„Am 6. August 1928 stieß der Rhöngeist zu anderen im Wettbewerb befindlichen Flugzeugen über dem Hang. Als das Variometer Steigen unter einer Wolke anzeigte, begann Kronfeld zu kreisen. Der Professor stieg, ließ die anderen Piloten weit unter sich und wurde mit dem Wind versetzt. In großer Höhe verließ Kronfeld den Wolkenaufwind und steuerte Richtung des Himmeldunkbergs, den er sich als Tagesziel gesetzt hatte. Dort angekommen, hielt er sich einige Zeit im Hangflug, bis er unter einer weiteren Wolke so viel Höhe gewinnen konnte, dass ihm der Rückflug zur Wasserkuppe gelang. Bei Gegenwind fand er immer wieder Aufwinde unter Wolken vor und erreichte so die Wasserkuppe mit mehreren hundert Metern Höhenreserve. Sofort erkannte man die enorme Bedeutung dieses Fluges. In den folgenden Tagen flogen auch einige andere Piloten, obwohl sie kein Variometer besaßen, Kreise unter Wolken und gewannen so an Höhe. Edgar Dittmar stellte den offiziellen Höhenweltrekord mit seinem Flug auf 775 m ein und glitt dann 33,5 Kilometer weit zu seinem Ziel Bad Kissingen. Auch Wolf Hirth nutzte die thermischen Aufwinde, um über Land zu fliegen. Am Ende des Wettbewerbs waren sich alle Piloten darüber im Klaren, dass hiermit eine neue bahnbrechende Entwicklung im Segelflug begonnen hatte, aber nur wenige verstanden deren genaue Hintergründe.“ [1]
 

FEA 1

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Vielen Dank für deine Mühe, Uli. Hochinteressant, was du da ausgegraben hast.
 
JohnSilver

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Super, Uli! :TOP:

Interessant wäre es ja mal, von dieser offensichtlich tragbaren Konstruktion ein Foto oder auch nur ein Zeichnung zu sehen, aber wegen der Geheimhaltung gibt es die vermutlich nicht. :headscratch:
 
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und das Thema ist auch sehr gut beschrieben im Buch von Peter Riedel:
Vom Hangwind zur Thermik" Erlebte Rhöngeschichte 1927-1932

Gruß
Hans-Jürgen
 
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Super, Uli! :TOP:

Interessant wäre es ja mal, von dieser offensichtlich tragbaren Konstruktion ein Foto oder auch nur ein Zeichnung zu sehen, aber wegen der Geheimhaltung gibt es die vermutlich nicht. :headscratch:
Jetzt habe ich doch zufällig die Thermoskanne entdeckt! :HOT: Schaut mal hier.

Aufgenommen in der Horten IV in der Flugwerft des Deutschen Museums. Man sieht auch den Schlauch zum Variometer.
 
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Bergfalke

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Erst jetzt gesehen (schon länger nicht mehr in diese Rubrik reingeschaut).
Ich bin total begeistert :HOT:von Deinem Rollout mit den tollen Segler-Modellen!
Die Modelle auf den Fotos könnte man glatt für Originale halten. Super recherchiert, gebaut, detailliert und wunderbar in Szene gesetzt! Gefällt mir äußerst gut !! 10 von 10 Punkten!!!!!:TOP::TOP::TOP::TOP::TOP::TOP::TOP::TOP::TOP::TOP:
 
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Schulgleiter Zögling und SG 38
Mein Anlass dafür, nochmals ins Besenstiel-Thema einzusteigen, war die Bitte meines Freundes ManniGausA, ihn bei seiner Ausstellung zum Vereinsjubiläum zu unterstützen (nachdem er mich selbstlos mit ungebauten Bausätzen versorgt hatte). Hinzu kam dann aber auch noch der neue KP-Bausatz für den Schulgleiter SG 38, siehe später bzw. Schulgleiter SG 38 – KP 1:72

Auf der Basis von zwei Huma-Bausätzen der Grunau Gr.9 entstanden also zwei Zöglinge, deren Vorbilder im Archiv des LSC Attendorn-Finnentrop fotografisch belegt sind. Baubericht



Eine Besonderheit des Baus ist die großflächige Verwendung von Decals, die die Verspannung darstellen (sowohl unter als auch auf den Flügeln). Diese wurden nach den Zeichnungen im Buch „Segelflugzeuge 1920-1945“ von Martin Simons erstellt.



Die Verspannung besteht aus unsichtbarem Nähgarn, einem nur leicht anthrazit-gefärbtem Polyamid-Faden, der sehr reißfest ist.

 
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Der KP-Bausatz enthält ja gleich zwei komplette Modelle, so dass ich eines für Attendorn und eines für mich bauen konnte. Es gibt drei verschiedene Rumpfboote (Gondeln) im Bausatz und man kann sie auch weglassen, so dass man ohne viel zu tun vier verschiedene SG 38 bauen könnte.



Die Attendorner Maschine wurde auf den Namen „Ursinus“ getauft.

 
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Hütter H17 – Gante Modell 1:72
Geschichte
Der Einfachheit halber zitiere ich aus Simons Band 1, Segelflugzeuge 1920-1945:

„Speziell für den Alpensegelflug entwarfen die Brüder Wolfgang und Ulrich Hütter aus Salzburg ein kleines Segelflugzeug mit 10 m Spannweite, das ein Gleitverhältnis von 17:1 erreichen sollte. Deshalb nannte man es Hütter 17 oder H-17. Das Flugzeug sah aus wie ein kleines Grunau Baby, ein Hochdecker mit Gö 535-Profil, abgestrebt mit sechseckigem Rumpfquerschnitt und offenem Cockpit. Zur besseren Wirkung verwendete man Spaltquerruder und unternahm alles, um das Flugzeug im Hinblick auf die Herstellung zu vereinfachen.
Gleich nachdem der Prototyp zufriedenstellend geflogen war, veröffentlichte man Pläne und etwa ein Dutzend Flugzeuge konnten bald verkauft werden. Im Anschluss gingen die Gebrüder Hütter als Konstrukteure zu Schempp-Hirth nach Göppingen. Aus der H-17 entstand so die Göppingen 5, die ein Fahrwerk sowie eine Haube mit Windschutzscheibe erhielt. Einige Flugzeuge dieses Musters, dessen Pläne große Verbreitung fanden, wurden in der Fabrik gebaut.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man die Produktion in Göppingen wieder auf und es entstand die H-17B, die eine geschlossene Haube, einen längeren Rumpf, Landeklappen und einige weitere Modifikationen erhielt. Auch von diesem Flugzeug wurden Pläne vertrieben.
Wie viele Exemplare der H-17 letztendlich gebaut und geflogen wurden, ist nicht bekannt. In England existieren noch mindestens zwei Flugzeuge und weltweit befinden sich weitere in Betrieb. Die H-17 steigt hervorragend in der Thermik, es erweist sich allerdings als nicht so einfach, den nächsten Bart zu erreichen, denn das Gleitverhältnis ist offensichtlich schlechter als 17:1.“


Bausatz und Baubericht
Manfred Gante hat sich mit dem Vorbild befasst und damit begonnen, Resinteile für beide Varianten zu gießen. Mich hat er mit Probegüssen versorgt.



Abmessungen:
Soll: 4638/72=64,4 (Länge) und 9690/72=134,6 (Spannweite). Ist: 64,9 und 136,6

Als Vorbild habe ich mir das Exemplar der Akaflieg Stuttgart gewählt, das in der Flugwerft Schleißheim an der Decke hängt.



Eine leichte Asymmetrie des Flügels musste korrigiert werden. Ein Sitz, Steuerknüppel, Seitenwände am Einstieg und Flügelstreben wurden ergänzt. Das Seitenruder musste etwas erhöht werden.



Wer meine anderen Bauberichte gelesen hat, weiß wie ich es gemacht habe. Daher komme ich diesmal rasch zum Punkt.

 
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Thema:

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Sucheingaben

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