urigs Flohzirkus: Aus der Entwicklung der deutschen (Schul-) Segelflugzeuge

Diskutiere urigs Flohzirkus: Aus der Entwicklung der deutschen (Schul-) Segelflugzeuge im Segelflugzeuge Forum im Bereich ROLLOUTS - Die Bilder Eurer Flieger !; Nachdem hier im Bereich Segelflugzeuge meist weniger los ist als anderswo und nachdem ich, animiert durch den 1:72-Huma-Bausatz, mehrere Segler...
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Nachdem hier im Bereich Segelflugzeuge meist weniger los ist als anderswo und nachdem ich, animiert durch den 1:72-Huma-Bausatz, mehrere Segler gebaut habe, dachte ich, ich gönne uns allen einen passenden Rollout.
 
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Geschichte
Aufgrund der Beschränkungen des Versailler-Vertrags nahm der Segelflug in Deutschland nicht nur seinen Anfang sondern auch einen sehr raschen Aufschwung. Es ist erstaunlich, mit wie viel Kreativität unzählige Muster entstanden sind, vergl. www.j2mcl-planeurs.net/. Diese als Modelle auf den Tisch zu bringen, ist in meinen Augen unmöglich.

Gegen Ende der 1920-er Jahre fand eine Konsolidierung gewisser Trends statt, gefördert durch markante Einzelpersonen und Vereinigungen, wie die Rhön-Rossitten-Gesellschaft. Erste Firmen, die sich der Herstellung von Segelflugzeugen widmeten entstanden bei Alexander Schleicher in Poppenhausen an der Wasserkuppe und Edmund Schneider in Grunau/Schlesien.

Die Piloten-Schulung begann auf Holz- und Leinwand-Konstruktionen mit kleinen Hüpfern am Hang (nach Gummiseilstart). Die Schüler sollten das notwendige „Hosenbodengefühl“ für das Fliegen entwickeln. Weitere „Bordinstrumente“ waren dafür nicht vorgesehen. Heute an Nachbauten erkennbare Fahrt-, Höhenmesser oder Variometer wurden also nachträglich ergänzt.

Die heute praktizierte Schulung im Doppelsitzer wurde zwar erwogen, konnte sich aber vor 1939 nicht durchsetzen. Zu unterschiedlich war das Flug-Verhalten eines Doppelsitzers im Vergleich zum Einsitzer aufgrund anderer Massenträgheiten.

Zahlreiche Quellen, vergl. z.B. [1] - [7], liefern weitere Informationen.

Quellen
[1] Martin Simons: Segelflugzeuge Band 1: 1920 bis 1945, Königswinter, EQIP
[2] Peter Ocker: Hans Jacobs-Pionierleben im Flugzeugbau. Eigenverlag, Heidenheim, 2012, ISBN 978-3-00-039539-0
[3] http://en.wikipedia.org; http://de.wikipedia.org
[4] Günter Brinkmann, Hans Zacher: Die Evolution der Segelflugzeuge. Die deutsche Luftfahrt: Buchreihe über die Entwicklungsgeschichte der deutschen Luftfahrttechnik, Bd. 19, Bernard & Graefe-Verlag
[5] Brütting, Georg: Die berühmtesten Segelflugzeuge, Motorbuch, Stuttgart (1997)
[6] Wikipedia: Rhön-Rossitten-Gesellschaft, http://de.wikipedia.org/wiki/Rhön-Rossitten-Gesellschaft
[7] www.j2mcl-planeurs.net/

Rollout
Starten möchte ich mit einer Übersicht, die auf einer Zeichnung auf http://www.schulgleiter.de/ basiert. Ich habe hier lediglich Farbbilder meiner Modelle ergänzt. Im Folgenden möchte ich diese dann unter bestimmten Aspekten vorstellen.
 
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I. die Schulgleiter Grunau 9, SG 38 und Zögling

I. die Schulgleiter Grunau 9, SG 38 und Zögling
Hier nahm das Ganze seinen Anfang.

Zur Illustration verwende ich nochmals das Deckelbild des alten Huma-Bausatzes, der immer noch antiquarisch zu erhalten sein müsste.

Was den Schulgleiter SG 38 angeht, so gibt es inzwischen einen Bausatz aus neueren Formen (mit entsprechend besseren Details) von KP.

Dies nützt aber gar nichts, wenn man diesen dazu benutzen möchte, andere Flugzeugmodelle zu basteln. Dadurch, dass der Huma-Bausatz zwei Modelle mit unterschiedlichen Flügeltiefen enthält, hat man viel mehr Möglichkeiten weitere Segler aus jener Zeit als Modell zu bauen. Je nachdem, welcher Flügel besser passt, nimmt man den einen oder den anderen, vergl. meine Bauberichte.



Die gezeigten Rumpfverkleidungen waren optional. Für die reine Anfängerschulung unnötig bzw. hinderlich sollten sie den Widerstand reduzieren, um die Flugleistungen (Gleitzahl) etwas zu verbessern.

Die Grunau 9 wurde von Edmund Schneider entwickelt. Sie ist ein typischer Vertreter der sog. „Schädelspalter-Modelle“, bei denen die vorderste Rumpfstrebe vor dem Kopf des Piloten, strukturmäßig optimal, von der Kufe zum Spannturm verläuft.

Hans Jacobs und die RRG [2] haben viele Beiträge zur Erhöhung der Sicherheit und zur Reduzierung des Verletzungsrisikos der Piloten geleistet. So entstand der Zögling. Das auffälligste Merkmal dieser Änderungen ist die Verlagerung der „Schädelspalter-Strebe“ hinter den Pilotensitz. Dies sieht man, wenn man Grunau 9 (links) und Zögling (rechts) miteinander vergleicht.

 
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Der gezeigte Zögling ist nicht ganz Standard, weil sein Leitwerk von einem dreidimensionalen Stahlrohrfachwerk getragen wurde anstelle eines Holzfachwerkrahmens in der Symmetrieebene. Die „normalen“ Zöglinge der Jahre 1931 bis 37 hätten sich vom Grunau 9 Schulgleiter weniger markant unterschieden, daher habe ich diese Varianten nicht gebaut.
 
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Da die Nazis die Begeisterung der Jugend für den Flugsport nutzten und schürten, wurden Tausende von Schulgleitern benötigt. Die RRG vertrieb Baupläne für den Nachbau ihrer Entwürfe im Verein. Am Ende der Entwicklung stand der SG 38, der nach dem zweiten Weltkrieg in der DDR nochmals aufgelegt wurde.

Mein SG 38 Modell stellt einen Schulgleiter dar, der mit der Kennung 4-1612 auf dem Flugplatz Saarmund südlich von Berlin historisch belegt ist: http://www.flugplatz-saarmund.de/geschichte.html. Im Unterschied zum Bausatz musste ich ihm ein wenig V-Stellung gönnen. Außer den Steuer- und Spannseilen aus unsichtbarem Nähgarn habe ich kaum etwas nachdetailliert.
 
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Hier im direkten Vergleich zwischen Stahlrohr-Zögling und SG 38 sieht man Gemeinsamkeiten und Unterschiede: Ähnliche Verspannung der Tragflächen und ähnliche V-förmige Steuerseile für die Höhenruder.



Stark unterschiedlich ist dagegen die Fachwerkstruktur des Rumpfes.

 
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II. Zwei besondere Zöglinge: Stahlrohr- und Brett-Zögling

II. Zwei besondere Zöglinge: Stahlrohr- und Brett-Zögling
Wie schon geschrieben, ist mein „Stahlrohr-Zögling“, der auch unter dem Namen „Lippisch-Stamer-Zögling“ läuft, schon etwas Besonderes, weil er seltener ist als der normale Zögling und einen anderen Leitwerksträger aufweist. Noch exotischer wird’s mit dem „Brett-Zögling“, einem Einzelexemplar eines Nurflügel-Gleiters, der bei der Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) entwickelt wurde und von 1934 bis 1937 mit zwei Fotos belegt ist [2].

Hier die beiden im direkten Vergleich. Der wesentlichste Unterschied besteht darin, dass der Tragflügel hinter dem Hauptholm verändert wurde, so dass man ein Profil mit S-Schlag bekommt, das eigenstabil fliegt. Weitere Konsequenzen betreffen die Ruder, die nun als Klappen an der Hinterkante und als Endscheiben-Seitenruder ausgeführt sind. Das Ganze ging mit einer Verlagerung der Steuerseile für Höhen- und Seitenruder in den Flügel einher, von denen man nur noch die zahlreichen senkrecht nach oben verlaufenden Seilzüge im offenen Rumpfgerüst erkennt.
 
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III. Doppelsitzer/Einsitzer: „Poppenhausen“ und „Hol‘s der Teufel“

III. Doppelsitzer/Einsitzer: „Poppenhausen“ und „Hol‘s der Teufel“
Schleichers Versuch einen Schul-Doppelsitzer auf den Markt zu bringen ging schief. Laut Ocker [2] wurden mindestens 10 Exemplare gebaut. Das erste flog unter dem Namen „Luftkurort Poppenhausen a.d. Wasserkuppe“. Es unterscheidet sich in kleinen Details, z.B. anhand der unverkleideten Strebe am Ende des Rumpfboots, von den späteren Exemplaren. Wie damals üblich, stand der „Taufname“ des Flugzeugs in großen Buchstaben am Rumpf, und diente gleichzeitig als Kennzeichen.
 
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Der Flügel dieses Seglers musste entsprechend größer ausfallen, da das Flugzeug ja zwei Mann tragen musste. Für mich als Modellbauer hieß das, zwei SG 38 Flügel zu verwenden.

Daher als erstes ein Vergleich zwischen Poppenhausen und SG 38, so dass man sieht, was gegenüber dem Huma-Bausatz verändert wurde.
 
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Der von Lippisch und Jacobs konstruierte, von Schleicher gebaute, „Hol‘s der Teufel“ wird auch mal als einsitzige Variante der „Poppenhausen“ bezeichnet. Konstruktiv sind die beiden einander sehr ähnlich, nur eben unterschiedlich groß.

Für dieses Modell habe ich mir den flugfähigen Nachbau aus Tschechien als Vorbild gewählt, der mit der weithin lesbaren Aufschrift „Hol‘s der Teufel“ auffällt. Historisch ist diese Aufschrift nicht belegt.

Eine Besonderheit dieses Musters sind die nach oben gezogenen Enden der Querruder, die man auch in einigen meiner Modellfotos erkennen kann.
 
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JohnSilver

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Im Lotter Kreuz links oben
Tolle Idee mit dem gemeinsamen Rollout und dem direkten Vergleich! :TOP:

Und Flohzirkus passt ja auch irgendwie. :wink:
 
MiGhty29

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Berlin F`hain
verdammt...
seit wann ist es Flugzeugen,die keinen Krach machen,erlaubt sooo interessant zu sein???
für mich seit heute!!!
DANKE dafür ! :TOP:

Gruss Uwe
 
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