Ich habe nicht gesagt, dass alle Inseln künstlich sind, sondern dass China (keiner!) keine Hoheitsrechte um künstliche Inseln reklamieren kann. Meines Wissens finden die "Freedom of Navigation"-Fahrten der US Navy in Zusammenhang mit den künstlichen Inseln statt, nicht mit den tatsächlichen, eigentumsrechtlich umstrittenen Inseln (da gibt es ohne Zweifel eine 12 Meilen Zone, fraglich nur, von wem).
ok, so ist es nachvollziehbar und verständlich
Schauen wir doch mal auf ein paar Zitate aus den berühmten drei Links. Sie sind übrigens ja wohl noch älter als der Spiegel-Artikel Die Hervorhebungen sind von mir.
….
erst mal Danke, dass Du Dir tatsächlich die Mühe gemacht hast, das nachzulesen. Natürlich kann sich jeder aus so umfangreichen Aufsätzen raus suchen, was er will. Aber alle drei Links zeigen, dass es unterschiedliche Sichtweisen gibt. Das wird insbesondere aus dem von Dir wiedergegebenen Zitat aus der Expertise der Uni Halle deutlich:
China fußt seine Ansprüche am Spratly-Archipel hingegen auf historische Aktivitäten und Überlieferungen, die angeblich bis in das 2. Jahrhundert v. Chr. zurückreichen. Formal dokumentiert und artikuliert wurden Chinas Ansprüche am Archipel hingegen erst Ende des 19. Jahrhunderts im Rahmen des Vertrages zur Delimitierung der Seegrenzen zwischen China und dem französischen Protektorat Vietnam. Japan besitzt seinerseits historische Ansprüche, die auf einer militärischen Besetzung der Spratly-Inseln im Jahr 1917 beruhen. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges besetzte Japan die Inselgruppe erneut, sah allerdings nach Kriegsende im Vertrag von San Francisco davon ab Hoheitsrechte einzufordern. Im Vertragswerk ungeklärt blieb jedoch, wem die Rechte an Stelle Japans zufallen.
...
Die Neun-Striche-Linie ist ein Manifest chinesischer Geschichte, die der eigenen Auffassung zufolge den damaligen Herrschaftszustand im Südchinesischen Meer akkurat widerspiegelt. Zur Begründung verweist die Volksrepublik zudem auf historische Überlieferungen und Belege. Angeblich reicht die chinesische Souveränität an den Gewässern zurück bis in die Han-Dynastie des 2. Jahrhunderts v. Chr. Laut der Volksrepublik beweisen archäologische Funde zudem eine erste Entdeckung und Besiedelung des Meeres im 2. Jahrhundert n. Chr. Darüber hinaus beruft sich China auf eine erste Kartografie der Gewässer im 3. Jahrhundert n. Chr. Auf Grundlage der Überlieferungen negiert China konkurrierende Ansprüche, die auf späteren Ereignissen beruhen, wie der französischen Kolonialherrschaft im heutigen Vietnam oder anderweitigen Vereinnahmungen von Inselpartien durch die Anrainerstaaten.
Jetzt also erst mal zur vertraglichen Situation um diese ominöse "9-Strich-Linie":
Im Vertrag von San Francisco von 1951 wurde der den Krieg zwischen Japan und den USA offiziell beendet. Dieser Vertrag bindet nur die Vertragspartner.
Weder die Volksrepublik China - noch das spätere Taiwan (Republik China) - waren am Vertragsabschluss beteiligt, genauso wenig wie Myanmar (Burma) oder Korea.
Richtig ist, dass die Inseln in diesem Vertragswerk nicht ausdrücklich genannt sind.
Und dass daher die Inseln
(verbindlich nur für die Vertragspartner) entweder herrenlos geworden sind, und danach von Vietnam, China und den meisten anderen Anliegerstaaten entsprechende "Aneignungen" erfolgen konnten - oder dass die ursprünglichen Rechtsverhältnisse (die nie aufgegeben wurden) wieder gelten.
Siehe dazu mein Posting
#338
die Paracel-und Spratley-Inseln sind im Übrigen schon in Karten aus dem frühen 18. Jhdt. als "chinesisch" gekenntzeichnet.
Siehe dazu mein Posting
#335
Richtig ist weiter, dass das viel zitierte Dokument mit der "9-Strich-Linie" nicht irgendeine Kartographische Marotte aus China ist. Die Linie (die 9 Dash) wurde nach dem Zweiten Weltkrieg (1945) von der Republik China (ROC) während der Friedensverhandlungen mit Japan und den siegreichen Amerikanern und den ehemaligen südostasiatischen Kolonialmächten von Großbritannien, Frankreich und Japan vorgelegt. Sie beruht auf einer älteren Karte, die von Zhou Enlai ab 1945 vereinfacht wurde, die 11 Striche wurden in zwei Phasen auf 10 reduziert und dann
bis etwa 1952 zur 9-Strich-Linie.
siehe auch
Wikipedia (english)
China unterzeichnete im August 1978 einen eigenen Vertrag mit Japan, die Außenminister beider Länder unterzeichneten in Peking den Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen der Volksrepublik China und Japan und im Jahr 2000 einen weiteren Friedensvertrag mit
Vietnam. Einschließlich des Beibu-Golf-Abgrenzungsabkommens zur Beseitigung der Grenzen von 1999. Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in China und die vietnamesische Nationalversammlung haben diesen Vertrag im Jahr 2000 ratifiziert. Am 25. Dezember 2000 gaben beide Nationen eine gemeinsame Erklärung für die künftige Zusammenarbeit zwischen China und Vietnam heraus Vietnam und China und es wurde unterzeichnet.
Im Bereich der Grenzkonflikte zu Lande oder zu Wasser einigten sich China und Vietnam darauf, im Dialog friedliche Siedlungen zu suchen und militärische Mittel zu vermeiden. Es gab eine 9-Dash-Ausstiegsklausel, in der keine konkrete Maßnahmen zur Lösung des Südchinesischen Seekonflikts genannt wurden.
In keinem dieser Abkommen tritt China von 9 Dash, 10 Dash oder 11 Dash zurück. Chinas Position ist seit mindestens 1947 klar. Der 9 Dash ist die Position, die im UNCLOS-Fall dokumentiert ist und die seit 70 Jahren vor 1952 besteht.
So - und jetzt kommen wir zu den unterschiedlichen Inselgruppen:
Es handelt sich um ganz unterschiedliche Arten von Erhebungen:
Bei den Paracel-Inseln bilden Felsformationen, die miteinander verbunden sind, den Grundstock der Insel. Das sind Inseln auch im völkerrechtlichen Sinn.
Die Spratley-Inseln sind Atolle - also "untergegangene Vulkaninseln", deren äusserer Umfang durch einen Ring aus Korallen markiert wird. In diesem Ring befinden sich (teilweise überflutete) Sandbänke und genauso dauerhafte, mit Palmen bewachsene Inseln.
Wenn man diesen Atollen den Rang von "Festland" absprechen will, dann muss man sich die Konsequenzen an anderer Stelle vor Augen ziehen. Die Malediven und nahezu sämtliche Inselstaaten im Pazifik hätten plötzlich kein Staatsgebiet mehr. Nun gut, der durch den Klimawandel steigende Meeresspiegel führt eh dazu, aber das kann es doch nicht sein, oder?
Insbesondere hier - an diesen Atollen - hat China seine Landgewinnungsmaßnahmen durchgeführt. Ich nehme jetzt wieder das von Dir wiedergegebene Zitat mit einer anderen Betonung.
Betrachtet man die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Landgewinnung, verblassen die Aktivitäten der übrigen Anrainerstaaten hinter den chinesischen Ambitionen. Durch die Aufschüttung von Sand im Spratly-Archipel, erschuf die Volksrepublik rund 3200 Acre (13 Quadratkilometer) Land zwischen den Jahren 2013 und 2015. Die Landgewinnung innerhalb dieser zwei Jahre entspricht damit knapp dem siebzehnfachen der akkumulierten Gesamtmenge der übrigen Küstenstaaten in den vergangenen 40 Jahren. Am deutlichsten ist der Landflächenzuwachs am Subi-, Mischief- und Fiery Cross-Riff erkennbar. Den chinesischen Bebauungsmaßnahmen ist dabei jeweils eine drei Kilometer lange Landepiste inbegriffen. Im Vergleich zu den anderen Flugfeldern zeichnen sich diese durch eine erhöhte militärische Kapazität aus. Viele der Bebauungs- und Landgewinnungsmaßnahmen vollziehen sich innerhalb proklamierter Anspruchszonen anderer Küstenstaaten. Dies betrifft insbesondere die von China künstlich erweiterten Riffe, Mischief, Subi und Fiery Cross, die sich in der „ausschließlichen Wirtschaftszone“ der Philippinen befinden.
…
Die Aufzählung müsste durch das
Scarborough-Riff ergänzt werden. Hierbei handelt es sich um Korallenbänke, die um einen kleinen Felsen herum entstanden sind - und dieser kleine Felsen ist noch dazu bei Sturmflut und den in der Region üblichen Tropenstürmen (Taifune) auch noch überschwemmt. Dieses Riff liegt zwar innerhalb der "9-Strich-Linie", aber näher an den Philippinen als an jedem anderen von China beanspruchten Landstück in der SCS.
Und jetzt kommt ein wichtiger Punkt, der in der Diskussion ständig übersehen wird.
Die Philippinen hatten den Gerichtshof ausschließlich wegen des Scarborough-Riffs angerufen. Die Entscheidung ist lediglich zu diesem Riff ergangen. Sie kann bei anderen Inseln, Inselgruppen oder Atollen aufgrund der anderen Voraussetzungen nicht zwingend Wirkung entfalten.
Wenn man das berücksichtigt, dann ist auch die weitere von Dir zitierte Aussage klar:
…. In diesem Zusammenhang nahm das Schiedsgericht die von China vorgebrachten historischen Belege der territorialen Souveränität an einzelnen Inseln und der Herrschaft über die Gewässer zur Kenntnis. Das Schiedsgericht verwies hierbei allerdings darauf, dass eine Entscheidung der Frage danach, wem die territoriale Souveränität an den jeweiligen Inseln zuzuordnen ist, nicht in seiner Kompetenz liege.
...
Demnach entschied das Schiedsgericht (Anmerkung: im Streit um das Sarborough-Riff und nur für dieses Riff !) zu Gunsten der Philippinen und stellte fest, dass abseits der im Abkommen vereinbarten Rechte keine völkerrechtliche Grundlage für Chinas historische Rechte und Ansprüche an Gebieten innerhalb der Neun-Striche-Linie besteht.
...
Einfach, weil
dieses Riff trotz des zeitweise überspülen Felsens eben keine Insel und damit kein Festland ist. Das kann oder wird bei anderen Atollen und Inseln schon anders sein.