C-340/-335
Freut mich zu lesen, dass es Euch gefällt… vielen Dank Jörg für die schönen 190´er Fotos!
Machen wir mal einen Zeitsprung in die Jahre um 1970 herum…
Cessna begann im Juni 1951 mit der Entwicklung einer der erfolgreichsten Produkte der Firmengeschichte. Wie viele meinen hatte Cessna damals
„the sexiest airplane on earth“. Die Rede ist von der Serie
C-310/ C-320. Speziell in der Version R wie ich finde das interessanteste und schönste Flugzeug unter sämtlichen Kolbentwins.
Nach der erfolgreichen Einführung dieser Modelle begann Cessna mit den Überlegungen für einen größeren
„Cabin-Class“ Nachfolger der
C-310/ C-320. Dieses, Projekt
C-330 genannte Flugzeug sollte folgende Eigenschaften aufweisen:
- 6 Sitze (Anordnung 2+2+2)
- Air-Stair-Door (also Einstieg über die später so bekannten 2-teiligen Treppen)
- Antrieb durch 2 6 Zylinder Turbomotoren von Teledyne Continental
- Verwendung eines Laminarprofils (Type 63000)
- Einfach-geschlitzte Landeklappen
- Verwendung eines Kreuz-Leitwerks
Die Flugtests mit der
C-330 von 1966 bis 1967 verliefen alles andere als gut! Es stellte sich heraus, dass vor allem das Überziehverhalten (das über 2.000-mal getestet wurde!!) alles andere als zufrieden stellend war. Erst die Verwendung von Stall-Strips und die Veränderung des Flügelprofils an der Nasenkante brachte eine Verbesserung der Situation. Das Flugzeug litt aber enorm an anderen Problemen und Zwischenfällen wie Abbrechen von Teilen des Leitwerks, Abbrechen eines der Querruder im Flug, Triebwerksprobleme…- so war es nicht verwunderlich, dass das Projekt
C-330 bald eingestellt wurde. Die Maschine wurde bis 1970 eingelagert.
Glen McCormick, Manager der Designabteilung für die Typen
C-402, 402, 31, 320 und frühe
421 Modelle sollte dem Projekt eines größeren Nachfolgers der C-310 neuen Schwung verpassen… die neue
Cessna 340 sollte das Angebot der größeren Druckkabinen Geschäftsreise-Twins
C-414 und
C-421 nach unten hin abrunden. Die Maschine sollte auch für den selbst fliegenden, anspruchsvollen Geschäftsmann interessant sein.
Also holte man den Rumpf der
C-330 wieder aus der Versenkung und kombinierte sie mit Leitwerk, Flügeln und Triebwerken der
Cessna T310.
Der Erstflug der
Cessna 340 fand am 10. April 1970 statt. Am Steuer saß Cessna Testpilot Don Evans. Begleitet wurde die Maschine von einer
C-414 mit Glenn Lanmon und Milt Sills. Als Fotograf war Jack Swayze mit an Bord des Chase Planes.
Der Erstflug verlief zunächst problemlos: Einfahren des Fahrwerks, Ausfahren der Landeklappen, allgemeines Handling, Herantasten an den Strömungsabriss in 10.000 Fuß. Don entschied sich danach zum Test der Höchstgeschwindigkeit im Horizontalflug und gab Vollgas. Kurz darauf lief die elektrische Höhenrudertrimmung nach oben und blockierte in einer Stellung von 30 Grad (Trimmklappe nach oben bewirkt Drücken des Ruders nach unten!). Der Pilot nahm sofort das Gas weg, was die begleitende
C-414 zum Überholen zwang. Sie zog dabei nach rechts weg. In der Zwischenzeit befand sich die
C-340 bereits in einer Fluglage von 30 Grad Nase unten, drehte weiter und erreichte schließlich eine Lage von 120 Grad unter dem Horizont. In dieser Fluglage lösten sich mehrere Teile vom Flugzeug, es drehte wieder zurück auf ca. 70 Grad unter dem Horizont, dann rollte sie auf den Rücken und schlug, im flachen Rückentrudeln auf dem Boden auf. Testpilot Don Evans hatte keine Chance. Wie sich später herausstellte wurde das Unglück durch einen losen Verbindungsbolzen zwischen Trimmklappe und Trimmantrieb. Die blockierte Trimmklappe drückte das Steuer mit einer Belastung von 300 lbs (=136 kg) nach vorne. Vom Piloten unmöglich auszusteuern.
Cessna reagierte auf den Absturz sofort mit einem Service Bulletin um bei allen Flugzeugen mit entsprechender Trimmklappen-Installation die Sicherheit des Bolzens zu garantieren. Kurz darauf verfügte die FAA in einer Airworthiness Directive, dass an allen Cessna Modellen einfache Bolzen für die Ruderanlenkung durch Bolzen mit Sicherungssplinten zu ersetzen seien.
Nach dem Verlust von Prototyp Nr. 1 wurde die statische Testzelle zum Prototyp Nummer 2 umgebaut und die Erprobungen fortgesetzt.
Die weitere Erprobung konzentrierte sich vor allem auf die Punkte Triebwerkskühlung, Entwicklung eines günstigen Kabinendrucksystems sowie Optimierung von Cockpitergonomie und Kabinengestaltung.
Die Grundversion der
C-340 verfügt über eine Motorisierung von 2, jeweils 285 hp leistenden, turbogeladenen TCM TSIO-520-K. Die ab 1976 vorgestellte C-340 A erhielt statt dessen leistungsstärkere
TSIO-520-N Motoren mit einer Leistung von jeweils 310 hp. Inzwischen bietet die US-Firma RAM noch stärkere, 325 oder 335 hp starke Motorvarianten an, wofür die Zusatzbezeichnungen
RAM IV, RAM VI
und
RAM VII gelten.
Die
Cessna 340 weist sehr angenehme Flugeigenschaften aus und ist eine stabile Plattform für Instrumentenflug. Nachteilig ist ihr relativ kleiner Schwerpunktbereich – der bei einer Beförderung von 2+4 Personen sehr schnell ausgereizt ist und in den Meisten Fällen zur Mitnahme schwerer Gegenstände im kurzen Nasen-Gepäckraum zwingt. (hier sind die langnasigen Varianten der
C-414 und
C-421 eindeutig im Vorteil).
Als „interessant“ kann auch das Tanksystem der
C-340 gelten. Die Maschine ist mit diversen Tankkombinationen verfügbar – mit 2, 4, 5 oder 6 Tanks!
Haupttanks des Flugzeuges sind die großen, jeweils 50 Gl fassenden Tip-Tanks. Auxiliary Tanks liegen daneben im Flügel. Sie haben ein Fassungsvermögen von jeweils 31,5 Gallonen. Zusätzlich können Winglocker-Tanks in den Triebwerksgondeln installiert sein (entweder je einen Tank links oder rechts oder beide Tanks auf einer Seite). Sie haben eine Kapazität von jeweils 20 Gallonen. Die Gesamtkapazität beträgt somit maximal 203 nutzbaren Gallonen (=768 Liter).
Das Treibstoffsystem ist nach heutigen Gesichtspunkten sehr aufwändig (und fehlerträchtig) gestaltet:
Der Treibstoff wird mittels Pumpen von den Haupttanks zu den Motoren gedrückt. Dort nicht benötigter Sprit gelangt zurück in die Haupttanks. Selbst wenn die Auxiliary Tanks geschalten sind, gelangt dieser rückfließende Treibstoff zurück in die Haupttanks. Sind diese zu voll – weil der Pilot zu früh von den Haupt- auf die Zusatztanks geschalten hat, wird der Sprit über die Überläufe außenbords gedrückt!
Die Winglocker Tanks (für die es keine Füllstandsanzeigen gibt) entleeren ihren Treibstoff bei Bedarf ebenfalls in die Haupttanks. Das System ist also vergleichsweise knifflig und sollte gut Verstanden werden. Außerdem ist das Treibstoffmanagment sehr Pumpen-lastig: Fallen eine oder mehrere Treibstoffpumpen aus, verliert man je nachdem einen mehr oder weniger großen Teil der getankten Spirtmenge (ohne Pumpe kein Sprit).
Jedes Jahr verunglücken Flugzeuge der Serien C-310/ 320/ 340 durch falsches Treibstoffmanagment aufgrund von Missverständnissen im Umgang mit dem System.
Auf dem Markt der mittleren Kolben-Twins waren und sind die hauptsächlichen Gegenspieler der
C-340 die
Beech Baron 58P und (in geringerem Umfang) die
Aerostar 602P. Von diesen 3 Typen weist die
C-340 den größten Rumpf auf – rangiert hinsichtlich ihrer Flugleistungen deshalb aber auf Platz 3 hinter
Aerostar und
Baron.
Hier wieder die wichtigsten Daten auf einen Blick:
Leergewicht 4.480 lbs
Maximales Abfluggewicht 5.990 lbs
Höchstgeschwindigkeit im Horizontalflug in 22.000 Fuß 244 Knoten TAS
Realistische Reisegeschwindigkeiten bei 65 % Leistung je nach Zuladung und Bedingungen zwischen 195 und 210 Knoten TAS
Treibstoffverbrauch im Steigflug (325 hp RAM IV) pro Triebwerk 136 Liter/ Stunde
Treibstoffverbrauch im Reiseflug (325 hp RAM IV), 65 % Leistung pro Triebwerk 68 Liter/ Stunde
Zwischen 1979 und 1980 wurde eine abgespeckte, leichtere und billigere Version der
C-340 ohne Druckkabine angeboten – die
Cessna 335, angetrieben von TSIO-520-EB Motoren mit 300 hp. Die Fertigung wurde nach nur 64 Stück eingestellt.
Die
Cessna 340 ist hingegen mit
1.287 gebauten Flugzeugen bis zur Einstellung der Produktion im Jahre 1984 eine der erfolgreichsten mittleren Geschäftsreise-Twins überhaupt. Leider traf auch diese Maschine in den letzten Jahren das gleiche Schicksal wie fast alle anderen Cessna Twins: Extrem hohe Wartungskosten durch groß angelegte (meist technisch unberechtigte) Nachprüfungen der Flügelstruktur. Man wird sehen ob dies mittelfristig nicht vielleicht sogar das Todesurteil vieler dieser schönen Maschinen wird…