Die X-37B ist im Gegensatz zum Shuttle KEIN Trägersystem um Nutzlasten, wie z.B. Satelliten, ins All zu bringen. Die X-37B IST selbst die Nutzlast! Wie hier schon vorgängig erwähnt wurde, wäre die X-37B auch ein sehr ineffizienter und teurer Weg einen relativ kleinen Satelliten ins All zu befördern. Die X-37B hat eine Startmasse von knapp 5 Tonnen. Davon stehen gerade mal ca. 225 kg für eine Nutzlast in der Ladebucht zur Verfügung. Die Ladebucht ist zudem gerade mal rund 1.20m x 2.10m gross. Einen Satelliten dieser Grösse und Masse kann man viel günstiger mit kleineren Trägersystemen, z.B. Pegasus, starten.
Auch das Einfangen und Rückholen von Satelliten dürfte aufgrund der geringen Kapazität kaum möglich sein, mal ganz abgesehen davon, dass es dazu auch noch spezieller Rendezvous-Ausrüstung bedürfte, wie z.B. Radar, spez. Software, usw. Zum Einfangen bräuchte es auch einen Manipulatorarm, dessen Gewicht und Platzbedarf dann auch noch zulasten der Nutzlast ginge. Ausserdem müsste auch der einzufangende Satellit mit einem dazu passenden Gegenstück ausgerüstet sein.
Daher halte ich diese Verwendungszwecke für wenig plausibel.
Vielmehr denke ich, dass die X-37B wirklich nur ein Testvehikel und Technologieträger ist, wie ja auch die "X"-Bezeichnung schon andeutet. Unter anderem ist sie ja mit neuartigen Materialien für den Hitzeschutz (TPS) ausgerüstet, die hier ein erstes Mal zum Einsatz kommen.
Wirklich neu (zumindest für die USA) ist ja auch die Fähigkeit, den Wiedereintritt und die Landung vom Deorbit Burn bis zum Stillstand komplett vollautomatisch und selbständig auszuführen. Auch dies wird hier zum ersten Mal getestet. In der frühen Phase des Shuttle-Programms wurden damals zwar auch Versuche in dieser Richtung durchgeführt, aber die Landungen wurden immer manuell ausgeführt.
(Den Russen ist vollautomatischer Wiedereintritt und Landung ja schon seinerzeit mit dem Buran gelungen.)
Ausserdem denke ich, dass in der Ladebucht auch Experimente mitgeführt werden können, um z.B. neue Sensoren oder Materialien unter Weltraumbedingungen über längere Zeit zu testen und sie dann zurückholen und untersuchen zu können. (Die max. Flugdauer der X-37B soll ja 270 Tage betragen.) Allerdings denke ich auch, dass auf diesem ersten Flug solche Tests, wenn überhaupt, eher nebensächlich sind. Jetzt dürfte es erst einmal hauptsächlich darum gehen, die X-37B selbst mit all ihren Systemen gründlich zu testen. Daher nehme ich an, dass auf diesem Flug in der Ladebucht zusätzliche Testausrüstung für die X-37B selber mitgeführt wird.
In der untenstehenden Grafik lassen sich die Platzverhältnisse sehr gut einschätzen, da ein Grössenvergleich mit dem Space Shuttle und auch mit einem Menschen angestellt wird. Da wird eigentlich schnell klar, dass da nicht viel Platz für allfällige Satelliten vorhanden ist.
Bei den in der Grafik genannten Treibstoffkomponenten möchte ich aber mal ein Fragezeichen setzen, da die X-37B mittlerweile über einen hypergolischen Antrieb mit Hydrazin (MMH?) und N2O4 verfügen soll, sowohl für das Haupttriebwerk, wie auch für das RCS (Lageregelung). Dies ist offenbar geändert worden, nachdem das Programm in die Hände der USAF überging. Kerosin und H2O2 hingegen sind nicht hypergolisch. Dazu bräuchte es noch einen Katalysator für das H2O2.
Da als Quelle für die Grafik u.a. die NASA angegeben wird, ist anzunehmen, dass die Grafik diesbezüglich nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand ist, da sie wohl eben noch aus der Zeit stammt, als das Programm noch bei der NASA angesiedelt war.
Uebrigens: Als das Programm noch unter den Fittichen der NASA war, war ursprünglich mal geplant die X-37 mit dem Shuttle ins All zu bringen und auszusetzen, um sie dann vollautomatisch landen zu lassen. Nachdem das X-37 Programm schliesslich bei der USAF gelandet war, musste auch ein anderes Trägersystem gefunden werden. Zuerst wollte man dafür eine Delta II Heavy benutzen. Allerdings brauchte man aus Stabilitätsgründen eine Nutzlastverkleidung für die X-37B. Diese gab es für die Delta nicht im erforderlichen Durchmesser von 5 Metern, weshalb man schliesslich auf die Atlas V zurückgriff.
Die Nutzlastverkleidung der Atlas V wird übrigens, ebenso wie jene der Ariane, von der RUAG in der Schweiz hergestellt.