Absturz eines Segelflugzeuges in Hockenheim

Diskutiere Absturz eines Segelflugzeuges in Hockenheim im Flugunfälle und Flugunfallforschung Forum im Bereich Luftfahrzeuge allgemein; Am Sonntag, den 10.09.2017, ist in Hockenheim ein Segelflugzeug beim Windenstart abgestürzt. Hockenheim: Person stirbt bei Absturz mit...
innwolf

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Frage, wie weit wäre es für Unfallverhütung durch mehr Lernen aus leider vorkommenden Unfällen sinnvoll an Startwinden eine ActionCam anzubringen? Alle 30min endlos die Speicherkarte überschreiben würde ja ausreichen...

Wäre das in der Summe für die Windenfahrer auch eine Entlastung weil klarer wäre der Schleppvorgang wurde sachgemäß gesteuert?

PS.:

Glücklicherweise sind nicht alle Unfälle tödlich, lernen kann man auch aus reinen Sachschäden.
 
Nummi

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Ein Segelflieger bekommt schon in der Ausbildung eingebläut dass jederzeit mit einem Seilriss zu rechnen und entsprechend sofort zu reagieren ist.
 

wilco

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Abkippen aus dem Windenstart ist leider ein mit unschöner Regelmäßigkeit auftetender Standardunfall. Jedes Jahr gibt es dabei mehrere Todesfälle, deshalb ist in dieser Flugphase die volle Aufmerksamkeit und jede Sorgfalt des Piloten gefordert.

Leider ist es meist gar kein Seilriß, aus dem heraus diese schlimmen Unfälle geschehen. Der Seilriß ist in der Tat gut trainiert und wird in der übergroßen Mehrzahl der Fälle problemlos bewältigt.

Es ist das Abkippen aus voller Steigfluglage bei intaktem Seil, aber mit ungenügender Geschwindigkeit, das dann so überraschend einsetzt, daß es nicht mehr auszusteuern ist.

Im Windenstart ist Fahrt mehr als das sprichwörtliche halbe Leben, im Windenstart ist Fahrt einfach alles!
 
bodo

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Es ist das Abkippen aus voller Steigfluglage bei intaktem Seil, aber mit ungenügender Geschwindigkeit, das dann so überraschend einsetzt, daß es nicht mehr auszusteuern ist.

Im Windenstart ist Fahrt mehr als das sprichwörtliche halbe Leben, im Windenstart ist Fahrt einfach alles!
Genaugenommen ist es zu wenig Fahrt für den gewählten Anstellwinkel. Die Fahrt kann durchaus weit im grünen Bereich sein, aber wenn ein zu hoher Anstellwinkel gewählt wird (oder unkontrolliert eingenommen wird), dann reißt halt die Strömung ab.
@innwolf: Bau du auf deine Winde ruhig eine Dash Cam, aber sowas verpflichtend zu fordern, ist so ziemlicher Quatsch. Mir ist kein Fall bekannt, in dem der Windenfahrer die Verantwortung für einen Schleppunfall bekommen hätte. Wenn man etwas zur Unfallverhütung beitragen wollte, würde eine Kamera im Segelflugzeug mehr Sinn machen, aber auch sowas würde ich niemals fordern.
 
atlantic

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15m Höhe ? liest sich wie n Kavalierstart und zu wenig Geschwindigkeit.
 
mig-jet

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Ein Segelflieger bekommt schon in der Ausbildung eingebläut dass jederzeit mit einem Seilriss zu rechnen und entsprechend sofort zu reagieren ist.
Das ist schon richtig, aber bei einer Höhe von 15m kann es auch beim sofortigen drücken des Knüppels eng werden. Eine Frage bleibt auch noch offen, war es ein Seilriss oder ein Abkippen im Steigflug?
Gruß, Marc
 
Nummi

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Dann muss er aber wie irre beim Start gezogen haben. Der BFU Bericht wird sicher die Fakten veröffentlichen..
 
bodo

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Dann muss er aber wie irre beim Start gezogen haben. Der BFU Bericht wird sicher die Fakten veröffentlichen..
Es handelt sich bei dem Unfallflugzeug um eine LS8. Ich bin sie erst einmal geflogen, kann also selbst nicht viel dazu sagen. Aber man hört schon mal, dass der Flieger eine gewisse Aufbäumneigung hat, wenn er zu schnell angeschleppt wird.
Bei Segelflugzeugen mit Pendelruder (z.B. Standard Cirrus, LS1c/d) kann es auch passieren, dass du einen Kavallierstart machst, weil du zu viel gedrückt hast. Dann hat das Höhenruder noch keine anliegende Strömung, wenn der Flügel Auftrieb entwickelt. Ich selbst habe da im Std. Cirrus schon mal Starts erlebt, wo ich selbst nur noch Gast war. Viele LS1-Piloten gehen aus diesem Grund mit ihrem Flieger nicht an die Winde. Eine LS8 hat allerdings ein normales, gedämpftes Ruder.
 

wilco

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Es ist in der Tat so, daß die LS8 im Windenstart zum aufbäumen neigt; man muß da sehr konzentriert/kontrolliert dabei sein. Zuerst "klebt" sie ein bißchen am Boden, und dann geht es sehr plötzlich, wenn man nicht aufpaßt.

Die Schleppkupplung liegt aber bei allen Segelflugzeugen deutlich unterhalb des Massenschwerpunktes, so daß sich prinzipiell beim Anschleppen ein m.o.w. starkes aufrichtendes Moment ergibt. Schon das Anfängerflugzeug Ka8 zeigt das sehr deutlich. Wird dieses Moment nicht ausgesteuert, entsteht augenblicklich eine Fluglage, aus der es kein Zurück gibt, wenn der Seilzug wegfällt. (jedenfalls unterhalb einer Mindesthöhe)

Im Extremfall bedarf es nichtmal eines Seilrisses. Der starke Seilzug der Winde summiert sich mit der Zentrifugalkraft des zu eng geflogenen Aufwärtsbogens zu einer Flächenbelastung, die den Anstellwinkel über die kritische Grenze zum Strömungsabriß treibt. High Speed- bzw g-Stall im Handumdrehen.

Das Ganze in Bodennähe – Ende.
 
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atlantic

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Aufbäumneigung oder nicht, Ich zieh grundsätzlich erst wenn ich schon 50 m unter mir habe.
Die paar Meter mehr Höhe die man vieleicht duch nen Kavalierstart bekommen kann, sind mir da egal.

Es ist erschreckend wenn dir in 20 bis 50 m die Winde verreckt. Da dankst du deinem Schutzengel wenn du glücklicherweise noch wagerecht fliegst. ( ist mir leider schon 2x passiert )

mal sehen was die BFU findet.
 

alphamike

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Im Extremfall bedarf es nichtmal eines Seilrisses. Der starke Seilzug der Winde summiert sich mit der Zentrifugalkraft des zu eng geflogenen Aufwärtsbogens zu einer Flächenbelastung, die den Anstellwinkel über die kritische Grenze zum Strömungsabriß treibt. High Speed- bzw g-Stall im Handumdrehen.

Das Ganze in Bodennähe – Ende.
Um zu präzisieren:
Das obige Szenario ist bei einem Flugzeug mit gedämptem Höhenleitwerk physikalisch unmöglich - das Höhenleitwerk ist grunsätzlich so ausgelegt, daß es unter allen Umständen genügend Wirksamkeit um die Querachse besitzt. Ein Strömungsabriss am gedämpften Höhenleitwerk ohne gleichzeigen Strömungsabriss am Flügel ist nicht möglich.

Der einzige Fall, in dem obiges Szenario auftreten kann, ist der von Bodo beschriebene: Strömungsbariss am Pendel-Höhenleitwerk, falls der Pilot zu stark nachdrückt, und dadurch erheblich eingeschränkte Wirkung.
 

wilco

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Ich habe mich nicht auf einen Strömungsabriß am Höhenruder bezogen - weder wörtlich noch implzit. Das von mir angerissene Scenario setzt lediglich voraus, daß ein Pilot es unterläßt, das aufrichtende Moment des Seilzugs auszusteuern und unter Umständen sogar noch zieht.

Ich halte es in der Anfangsphase des Schleppvorgangs unter Aufsummierung von Effekten durchaus für möglich, daß es so zum Strömungsabriß am Flügel kommt. In einer Untersuchung der Akaflieg Karlsruhe konnte das gezogene Höhenruder allein im stationären Schleppvorgang keinen Strömungsabriß provozieren.
 
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alphamike

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Ich habe mich nicht auf einen Strömungsabriß am Höhenruder bezogen - weder wörtlich noch implzit. Das von mir angerissene Scenario setzt lediglich voraus, daß ein Pilot es unterläßt, das aufrichtende Moment des Seilzugs auszusteuern und unter Umständen sogar noch zieht.

Ich halte es in der Anfangsphase des Schleppvorgangs unter Aufsummierung von Effekten durchaus für möglich, daß es so zum Strömungsabriß am Flügel kommt. In einer Untersuchung der Akaflieg Karlsruhe konnte das gezogene Höhenruder allein im stationären Schleppvorgang keinen Strömungsabriß provozieren.

Ah - das stimmt natürlich.
Ich hatte Deine erste Aussage so interpretiert, daß das nose-up Moment des Seilzuges unter bestimmten Umständen selbst durch volles Drücken nicht kompensiert werden könne.

Hast Du einen Link zu dem Paper der Karlsruher (ansonsten würde ich mal selber fragen, wenn ich das nächste Mal bei denen vorbeischaue)? Mich würde das genaue Messverfahren interessieren.
Im oberen Teil des Schlepps ist ja standardmäßig bei einigen Segelflugzeugen das Höhenruder bei vorderer Schwerpunktlage ohnehin am hinteren Anschlag, um das nose-down Moment des Schleppseils zu kompensieren - ich bin mir aber sehr sicher, daß in der Anfangsphase die Höhenruderwirkung locker ausreicht, um das Segelflugzeug so weit rotieren zu lassen, daß ein Stall auftritt. Was ich aber nicht gerne persönlich testen würde...
 

wilco

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rti
Hast Du einen Link zu dem Paper der Karlsruher
Ja, in diesem Jahrbuch ist es zu finden:
https://akaflieg-karlsruhe.de/wp-content/uploads/2015/03/1998.pdf

Eine sehr fundierte Darstellung der Kräfteverhältnisse im Windenstart gibt es hier von Hans Fitterer, zu finden auf "steckenflugAT":
Flugmechanik des Windenstarts

Die sichere Geschwindigkeit im Windenstart liegt beim 1,3- bis 1,5-fachen der Mindestgeschwindigkeit im freien Flug!

Beispiel Diskus: Mindestgeschwindigkeit im freien Flug 72 km/h - sichere Schleppgeschwindigkeit zwischen 108 und 123 km/h.
 
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wilco

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Doppelpost, bitte löschen!
 

Baumreihe

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Die sichere Geschwindigkeit im Windenstart liegt beim 1,3- bis 1,5-fachen der Mindestgeschwindigkeit im freien Flug!
Genau! Das entspricht der aktuellen Methodik der Segelflugausbildung des DAeC. Lesenswert nicht nur für Fluglehrer, sondern auch für Flugschüler und als Auffrischung für Scheininhaber. Die notwendigen Übungsflüge zum Scheinerhalt können sehr gut genutzt werden um die aktuell anerkannten Verfahren zu trainieren. Es können gerne weitere freiwillige Starts sein und bei grenzwertigem Ausbildungsstand müssen Fluglehrer diese auch einfordern...

Von der British Gliding Association gibt es aus den letzten Jahren gutes und anschauliches Material zum sicheren Windenstart.

Ich darf noch keine externen Links posten, daher hier die Suchbegriffe ;)
  • Methodik der Segelflugausbildung DAeC
  • BGA Safe Winch Launching
 
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Absturz eines Segelflugzeuges in Hockenheim

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