Ist Fliegen lernbar?

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Ist Fliegen lernbar? Eine ziemlich provokante Fragestellung. Als ich im Frühjahr 1961 meinen ersten Segel-Schulflug auf dem Doppelsitzer Mü 13 E im Schlepp einer Do 27 der Bundeswehr mit einem Jet-Fluglehrer der Luftwaffe unternahm, war ich nach der Landung "baff". Der gute Mann eröffnete mir noch vor dem Aufklappen der Cockpithaube: "Du wirst ein guter Pilot". Wie konnte er das bereits nach meinem allerersten Schulflug behaupten? Noch heute, Mitte 70 und immer noch begeistert fliegend, studiere ich hin und wieder an dieser visionären Aussage herum.

Nun, bereits nach einigen Jahren Modellflug hatte ich mir seinerzeit Kenntnisse und Erfahrungen angeeignet, die auf die manntragende Fliegerei im Grundprinzip übertragbar waren. Dann kommt noch hinzu, dass ich nie ein fliegender Apparatschik (verknöcherter Bürokrat) wurde und stets das fliegerische Feingefühl für wichtig, ja unverzichtbar hielt. Neben dem Kopf ist beim Fliegen auch das Gesäss gefragt...........

Ein gewisses Mass an Bürokratie muss natürlich sein. So hielt und halte ich Checklisten für obligatorisch, da bei den vielen zu kontrollierenden Elementen, Bedienungseinrichtungen und Instrumenten ein eventuell folgenschweres Uebersehen einzelner Checkpunkte auf Dauer wohl unvermeidlich wäre.

Sich vor und während des Fluges bis zur Landung ganze Doktorarbeiten vor Augen zu führen, davon halte ich effektiv nicht viel. Der gesunde Menschenverstand und ein fliegerisches Feeling sollten da genügen. So ist es wohl selbstverständlich, dass ich immer mit einer mehr als ausreichenden Treibstoffreserve losfliege, die nach Flugplatzhöhe, Temperatur und Beladung erforderlichen Start- und Landestrecken nicht bis auf die letzten hundert Metern ausreize, bei zweifelhaftem Wetter statt im Cockpit lieber am Boden bleibe, in reglementierte Lufträume, wenn überhaupt, nur mit der entsprechenden Freigabe der Flugsicherung einfliege und stets Augen und Ohren offen halte.

Für Buschpiloten (das andere Extrem) in vielen wenig oder unterentwickelten Ländern hege ich grosse Bewunderung und Respekt. Sie beherrschen ihre Flieger unter oft sehr unwirtlichen Bedingungen meist perfekt, starten und landen auf kurzen Busch- und Schotterpisten mit einer vielfach sehr geringen Unfallhäufigkeit. Und das alles mit einem Minimum an bürokratischem Kram, der speziell uns Deutschen so sehr ans Herz gewachsen ist.

Neben dem sinnvollen und sehr beschränkten Papierkrieg sollte, speziell in der privaten Fliegerei, das fliegerische Gefühl wieder viel mehr in den Vordergrund rücken. Dann werden viele wieder zu Fliegern und nicht zu fliegenden Erbsenzählern.
 
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HoHun

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Moin!

Neben dem sinnvollen und sehr beschränkten Papierkrieg sollte, speziell in der privaten Fliegerei, das fliegerische Gefühl wieder viel mehr in den Vordergrund rücken. Dann werden viele wieder zu Fliegern und nicht zu fliegenden Erbsenzählern.
Im Englischen gibt es ja den schönen, aber schwer übersetzbaren Begriff "Airmanship".

(Wahrscheinlich inspiriert von "Seamanship", was als deutsche Entsprechung wohl "Seemannschaft" hat.)

Lilienthal schrieb über die "Fliegekunst" :-)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 

LFeldTom

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Ich werfe mal eine weitere These in den Ring.

Komfort steht oft in Konkurrenz zur Sicherheit. GPS und teilweise auch Autopilot sind keine unbezahlbaren Features mehr - und eben auch recht komfortabel. Aber es nimmt eben auch die Routine. Es darf nicht sein, dass Leute panisch werden nur weil das GPS unerwartet außerhalb der eigenen Platzrunde den Betrieb einstellt. Autopilot + GPS sind auch keine IFR-Ausrüstung für den kleinen Mann.

Wieder mehr Handarbeit erhöht letztlich den sportlichen Charakter des ganzen und schafft mehr Reserven in Ausnahmesituationen. Das Popometer will regelmäßig rekalibriert werden und das geht nur aktiv und nicht passiv.
 
Dimona-Jockey

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Ich werfe mal eine weitere These in den Ring.

Komfort steht oft in Konkurrenz zur Sicherheit. GPS und teilweise auch Autopilot sind keine unbezahlbaren Features mehr - und eben auch recht komfortabel. Aber es nimmt eben auch die Routine. Es darf nicht sein, dass Leute panisch werden nur weil das GPS unerwartet außerhalb der eigenen Platzrunde den Betrieb einstellt. Autopilot + GPS sind auch keine IFR-Ausrüstung für den kleinen Mann.

Wieder mehr Handarbeit erhöht letztlich den sportlichen Charakter des ganzen und schafft mehr Reserven in Ausnahmesituationen. Das Popometer will regelmäßig rekalibriert werden und das geht nur aktiv und nicht passiv.
So ist es. Ein guter Kommentar. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob ich als Geschäftsreisender - auch bei schlechten Wetterverhältnissen - schnell und relativ sicher auch von einem kleineren Platz, der von der Linie nicht angeflogen wird, zu einem ähnlichen Ziel gelangen muss oder ob ich aus reinem Spass am Fliegen unterwegs bin. Im ersteren Fall kann mein Flieger nicht genug gut ausgerüstet sein. Autopilot, GPS, FMS etc. sind dann unverzichtbar.
Wenn ich mich jedoch aus reiner Freude am Fliegen regional in die Luft und nicht auf Langstrecken in andere Länder begebe, dann brauche ich verschiedenen elektronischen Firlefanz, Transponder und Flarm zur Sicherheit einmal ausgenommen, wirklich nicht. Dann will ich selbst fliegen und nicht geflogen werden. Auch die Navigation mit Karte, Kompass und Uhr sowie nach Geländemerkmalen, nach alter Väter Sitte, macht erheblich mehr Spass und ist eine befriedigendere Herausforderung, als ständig auf einen Bildschirm zu starren. Heutige Piloten von Grossflugzeugen sind keine Piloten im ursprünglichen Sinne mehr, sondern Systemmanager, die zwar eine hohe technische Qualifikation besitzen müssen, jedoch nicht mehr fliegen im ursprünglichen Sinn können. Das wird jetzt vielleicht dem einen oder anderen Leser hier aufstossen - aber es ist leider so.
 

LFeldTom

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Der Fairheit halber sollte man erwähnen, dass das Thema GPS von mir ins Spiel gebracht wurde. Allerdings auch nicht mit der Intention das abzuschaffen, sondern als Denkanstoß für den einen oder anderen, dass das nützlich ist - aber kein Alleinfuttermittel werden darf.

Zu den restlichen Punkten halte ich mich raus - kenne eure Historie nicht.
 

netvoyager

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Grundsätzlich ist fliegen sicher lernbar. Es gibt allerdings ein paar Schwächen, die nicht so einfach korrigierbar sind. Viele Menschen haben Probleme im dreidimensionalen Erfassungsvermögen. Für die ist alles gut, so lange sie mit beiden Beinen auf dem Boden stehen und aus ihrem Sichtwinkel die Welt betrachten. Schwierig kann es allerdings werden, wenn oben plötzlich unten und rechts plötzlich links ist. Man merkt so etwas, wenn man beispielsweise ein ferngesteuertes Flugzeug lenken will, das auf einen zufliegt, oder wenn es im Rückenflug ist. Steuert man hier an der Fernsteuerung instinktiv links, wenn das Flugzeug nach rechts fliegen soll oder nach unten, wenn es steigen soll, hat man das entsprechende Abstraktionsvermögen "im Blut". Geht es erst einmal in die falsche Richtung, kann man es in einem längeren Lernprozess sicher auch noch in den Griff bekommen. Die Frage ist dann allerdings, wie es in einer Notsituation und Stressbedingungen aussehen würde. Die Bundeswehr ermittelte solche Kandidaten im flugmedizinsichen Institut mit der Aufgabe eine Spirale mit bestimmtem Höhengewinn zu fliegen und dabei einfache Rechenaufgaben zu lösen. Wer hier zu weit von der "geraden Linie" abweicht ist raus.
 
Dimona-Jockey

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Ist das wichtig? Was wäre gewesen, wenn es eine nichtdienende Fluglehrerin gewesen wäre? Hätte deren Urteil weniger gegolten?
Nein, ganz und gar nicht. Einen der folgenden Flüge hatte ich tatsächlich mit einer Fluglehrerin, damals eine Rarität, durchgeführt. Wenn diese Fluglehrerin den gleichen Kommentar gegenüber mir abgegeben hätte, wie der Bundeswehrpilot, hätte ich das in gleicher Weise erwähnt.
 
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Grundsätzlich ist fliegen sicher lernbar. Es gibt allerdings ein paar Schwächen, die nicht so einfach korrigierbar sind. Viele Menschen haben Probleme im dreidimensionalen Erfassungsvermögen. Für die ist alles gut, so lange sie mit beiden Beinen auf dem Boden stehen und aus ihrem Sichtwinkel die Welt betrachten. Schwierig kann es allerdings werden, wenn oben plötzlich unten und rechts plötzlich links ist. Man merkt so etwas, wenn man beispielsweise ein ferngesteuertes Flugzeug lenken will, das auf einen zufliegt, oder wenn es im Rückenflug ist. Steuert man hier an der Fernsteuerung instinktiv links, wenn das Flugzeug nach rechts fliegen soll oder nach unten, wenn es steigen soll, hat man das entsprechende Abstraktionsvermögen "im Blut". Geht es erst einmal in die falsche Richtung, kann man es in einem längeren Lernprozess sicher auch noch in den Griff bekommen. Die Frage ist dann allerdings, wie es in einer Notsituation und Stressbedingungen aussehen würde. Die Bundeswehr ermittelte solche Kandidaten im flugmedizinsichen Institut mit der Aufgabe eine Spirale mit bestimmtem Höhengewinn zu fliegen und dabei einfache Rechenaufgaben zu lösen. Wer hier zu weit von der "geraden Linie" abweicht ist raus.
Dein Kommentar ist absolut zutreffend. Das Fliegen im wahrsten Sinne des Wortes zu lernen und nicht auf das fliegerische Gefühl zu achten, ist beim Erwerb einer IFR-Berechtigung für den Blindflug entscheidend. Hier gilt, den Instrumenten voll zu vertrauen und nur nach diesen zu fliegen. Wird dieser elementare Grundsatz nicht beachtet, folgt die räumliche Desorientierung und anschliessend der tödliche Absturz.
 
Intrepid

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Das Fliegen im wahrsten Sinne des Wortes zu lernen und nicht auf das fliegerische Gefühl zu achten, ist beim Erwerb einer IFR-Berechtigung für den Blindflug entscheidend.
Menschen, die zuerst am PC fliegen geübt haben, fliegen in IMC mit Leichtigkeit perfekt ein Flugzeug.

Nach IFR zu fliegen ist etwas anderes, das hat zunächst nichts mit Blindflug zu tun. Um nach IFR fliegen zu können, muss man beispielsweise lernen, die CFMU zu bezwingen und eine einigermaßen akzeptable Route ohne spaßverderbende Slots für den Flugplan zu finden. Man muss auch lernen, eine Route mit Departure, Arrival und Approach perfekt in das FMS zu hämmern, ohne dass der Flieger unterwegs auf einmal unbemerkt vom IF direkt zum Platz dreht. Man muss auch wissen, wie man sich verhält, wenn man in einer ungünstigen Gelegenheit plötzlich ein Rerouting mit 8 Intersektions diktiert bekommt, von denen man noch nicht einmal weiß, wie sie geschrieben werden.
 
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Menschen, die zuerst am PC fliegen geübt haben, fliegen in IMC mit Leichtigkeit perfekt ein Flugzeug.

Na, eine Boeing 747 habe ich auch schon "geflogen". Perfekt mit Starts und Landungen - am Flugsimulator. In der Realität steht mir das Fliegen nach Sicht, also das Erlebnis Fliegen, aber wesentlich näher. Wenn ich schon für jede Flugstunde bezahlen muss, dann will ich auch etwas sehen bzw. erleben und nicht in den Wolken oder im Nebel herumgeistern. Für die nächsten Ferienflüge hast Du mich jedenfalls völlig beruhigt. Wenn es Kapitän und Co gleichzeitig übel werden sollte, dann werde ich mein Simulatortraining aktivieren. So kann ja überhaupt nichts mehr passieren................:applause1: (Dimona Jockey)

Nach IFR zu fliegen ist etwas anderes, das hat zunächst nichts mit Blindflug zu tun. Um nach IFR fliegen zu können, muss man beispielsweise lernen, die CFMU zu bezwingen und eine einigermaßen akzeptable Route ohne spaßverderbende Slots für den Flugplan zu finden. Man muss auch lernen, eine Route mit Departure, Arrival und Approach perfekt in das FMS zu hämmern, ohne dass der Flieger unterwegs auf einmal unbemerkt vom IF direkt zum Platz dreht. Man muss auch wissen, wie man sich verhält, wenn man in einer ungünstigen Gelegenheit plötzlich ein Rerouting mit 8 Intersektions diktiert bekommt, von denen man noch nicht einmal weiß, wie sie geschrieben werden.
 
Intrepid

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... dann will ich auch etwas sehen bzw. erleben und nicht in den Wolken oder im Nebel herumgeistern ...
Wer über eine Instrumentenflugberechtigung verfügt, darf in Wolken fliegen. Er muss es nicht. Den überwiegenden Teil ist man über den Wolken - bei bester Sicht, wärend sich der VFR-Flieger unter den tief hängenden Wolken bei eingeschränkten Sichten immer in der Nähe der Hindernisse herumquält.

Wer sich den Instrumentenflugregeln unterwirft, bekommt dafür etwas sehr kostbares: das Anrecht auf Separation! Gerade bei schönem Wetter, wenn sich alles in der Treibholzschicht bis 2000 ft GND tümmelt und dadurch das Zusammenstoßrisiko auf ein vielfaches des normalen Wertes anschwillt, habe ich das Anrecht auf Separation schätzen gelernt. Dem VFR-Flieger kann der Fluginformationsdienst Verkehrsinformationen geben, den IFR-Flieger muss der Radarlotse auf Verkehr hinweisen und ihn gegebenenfalls drum herum führen.

Und ganz wichtig: wer eine IFR-Berechtigung besitzt, darf wählen: er darf auch nach VFR fliegen. Wählen zu können ist immer besser als auf VFR festgelegt zu sein.
 
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Wer über eine Instrumentenflugberechtigung verfügt, darf in Wolken fliegen. Er muss es nicht. Den überwiegenden Teil ist man über den Wolken - bei bester Sicht, wärend sich der VFR-Flieger unter den tief hängenden Wolken bei eingeschränkten Sichten immer in der Nähe der Hindernisse herumquält.

Wer sich den Instrumentenflugregeln unterwirft, bekommt dafür etwas sehr kostbares: das Anrecht auf Separation! Gerade bei schönem Wetter, wenn sich alles in der Treibholzschicht bis 2000 ft GND tümmelt und dadurch das Zusammenstoßrisiko auf ein vielfaches des normalen Wertes anschwillt, habe ich das Anrecht auf Separation schätzen gelernt. Dem VFR-Flieger kann der Fluginformationsdienst Verkehrsinformationen geben, den IFR-Flieger muss der Radarlotse auf Verkehr hinweisen und ihn gegebenenfalls drum herum führen.

Und ganz wichtig: wer eine IFR-Berechtigung besitzt, darf wählen: er darf auch nach VFR fliegen. Wählen zu können ist immer besser als auf VFR festgelegt zu sein.
Nun, Du übersiehst bei Deinen durchaus zutreffenden Argumenten einen ganz entscheidenden Faktor. Ich war, bin und bleibe Segelflieger - mit der Erweiterung für TMG (Reisemotorsegler). Ich fliege nur bei schönem Wetter, weil mir gerade das Spass macht. Ich habe nicht die geringste Lust, mich bei tief hängenden Wolken und eingeschränkten Sichten in der Nähe von Hindernissen herumzuquälen oder mich on top über einer geschlossenen Wolkendecke zu bewegen. Bei schönem Wetter treibe ich mich auch nicht in der "Treibholzschicht" (wie Du es beschreibst) bis 2000 ft herum, sondern fliege in die Berge bis in Höhen von ca. 3'500 m MSL, wo die Freiheit noch fast grenzenlos ist (wie es ein bekannter Sänger beschreibt). FIS nutze ich gerne immer dann, wenn ich Informationen brauche, die nicht über Flugfunk vom Band abrufbar sind. Die Flugsicherung (Separation etc.) brauche ich als reiner Sportflieger nicht auch noch stressen. Die haben mit dem übrigen Verkehr mehr als genug zu tun.
Ich glaube, wir haben jetzt unsere verschiedenen (durchaus nachzuvollziehenden) Standpunkte hinreichend erläutert - ganz nach dem Prinzip "jedem das Seine":wink2:
 
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Nach IFR zu fliegen ist etwas anderes, das hat zunächst nichts mit Blindflug zu tun. Um nach IFR fliegen zu können, muss man beispielsweise lernen, die CFMU zu bezwingen und eine einigermaßen akzeptable Route ohne spaßverderbende Slots für den Flugplan zu finden. Man muss auch lernen, eine Route mit Departure, Arrival und Approach perfekt in das FMS zu hämmern, ohne dass der Flieger unterwegs auf einmal unbemerkt vom IF direkt zum Platz dreht. Man muss auch wissen, wie man sich verhält, wenn man in einer ungünstigen Gelegenheit plötzlich ein Rerouting mit 8 Intersektions diktiert bekommt, von denen man noch nicht einmal weiß, wie sie geschrieben werden.
Das mag für die heutige Zeit zutreffen, aber in der Zeit ohne FD, AP, MFS und GPS sah das noch anders aus. Und die Basics sollten auch heute unbedingt noch sitzen, sonst geht's schief. Beispiele gibt es genug dafür.

C80
 
Intrepid

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Und die Basics sollten auch heute unbedingt noch sitzen, sonst geht's schief.
Das sieht leider nicht gut aus, die sogenannten Basics werden immer weniger praktiziert. Es entsteht eine Lücke, die das automatische Fliegen noch nicht füllen kann. Das betrifft ausdrücklich die Verkehrsfliegerei, ist also off-topic. Mein persönlicher Eindruck (Unfälle der letzten Jahre, beobachten des Betriebes an den großen Verkehrsflughäfen) ist, die Lücke wird größer. Ich bin gespannt, wann die Automatisation so zuverlässig und umfassend wird, dass sich die Lücke langsam wieder schließt - bis es am Ende keine manuelle Fliegerei mehr gibt. Wenn ich vergleiche, wie hoch der Anteil manuelles Fliegen in meiner Ausbildung vor mehr als 25 Jahren war (die Autopiloten waren unzuverlässig, ständig kaputt, hat sich niemand drauf verlassen) und wie wenig heute noch in der Ausbildung manuell geflogen wird (ohne funktionierenden Autopilot wird die Stunde abgesagt, mehr als 4/5 der Flugzeit fliegt der Automat), wird mir mulmig.

In der PPL-Ausbildung gibt es aber auch einen Trend zu konfortablen Abständen zu den Grenzen des Flugzeuges. Eine 500-Meter-Piste gilt als sehr kurz für eine C152, und viele Schüler haben kurz vor der Prüfung nur bis zur Annäherung an den überzogenen Flugzustand geübt. Und wenn man einen Probanden in der Auffrischungsschulung mal nach Handbuch Kurzstart, Steigen mit Vx und Anflug mit der langsamsten im Handbuch beschriebenen Geschwindigkeit ausprobieren lässt, entwickeln sich Schweißperlen auf der Stirn.

Aber das ist ja in vielen anderen Bereichen auch so, dass Gefühl, Haptik und Geschicklichkeit eine immer kleinere Rolle spielen.

Zurück zum Threadthema: mit genug Bananen würde man auch einem Affen das Fliegen beibringen.
 

netvoyager

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Zum Thema Basics waren für mich früher (vor der F/A-18 Ära) Unglücke der Swissair ein besonderer Fall. Nahezu alle Piloten der Swissair waren Milizpiloten der Schweizer Luftstreitkräfte und mehrere Wochen im Jahr mit Kampfflugzeugen unterwegs. Hier waren die Basics sicher mehr als üblich vorhanden und auch die Orientierungsfähigkeit im dreidimensionalen Raum sicher ausgeprägter als bei einem Linienpiloten, der keine entsprechende Erfahrung oder Ausbildung hat. Bei den wenigen fatalen Swissair Unfällen waren so auch überwiegend von der Cockpitbesatzung nicht mehr beeinflussbare Ursachen gegeben.
 

n/a

Guest
Swissair Flight 306 – Pilotenfehler, Bremsen vor dem Start überhitzt
Swissair Flight 316 – Pilotenfehler, nicht stabilisierter Anflug
Swissair Flight 330 – Terroristischer Anschlag
1954 Swissair Convair CV-240 crash – Pilotenfehler, in Genf aufgenommene Kraftstoffmenge nicht überprüft

Deine Aussage ist also so nicht haltbar, @netvoyager – wenn es sich hier um Milizpiloten gehandelt hat, darüber sagen die Artikel nichts. Die anderen Unfälle (einer von 1934, einmal mehrere Entführungen und Swiss 111, der war lange nach der Einführung F/A-18) habe ich außen vor gelassen.
 
Intrepid

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Militärpiloten sind nicht gleich Militärpiloten. Transportflieger beispielsweise haben mehr Gelegenheiten, in IMC zu operieren, als Kampfpiloten. Entsprechend waren mir bei den Kampfpiloten Defizite aufgefallen. Zumindest habe ich mir das so als Grund zurecht gelegt.
 
Dimona-Jockey

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Da hat sich eine recht interessante Diskussion entwickelt. Als ich in einem meiner vorangegangenen Beiträge geäussert hatte, dass Piloten von Grossflugzeugen zwar hochqualifizierte Systemmanager aber keine Piloten im ursprünglichen Sinne mehr sind, wurde ich von einem unserer Akteure hier fast gefressen. Aber - die Fakts kristallisieren sich in unserer Diskussion zunehmend heraus. Nur nach Instrumenten und per Autopilot zu fliegen, würde mich nerven. Ich muss immer sehen, was um mich herum vorgeht und selbst den Knüppel "rühren" - sonst ist mir nicht wohl.

Meine weit über eintausend Flugstunden habe ich jede einzelne ausschliesslich per Hand geflogen. Wobei ich z.B. heute Transponder und FLARM ausserordentlich schätze, weil sie mich vor jenem warnen, was ich oft nicht selbst sehe oder einen Kollegen in der Luft darauf aufmerksam machen, dass ich auch noch in der Nähe bin. Ich war und bin der Ueberzeugung, dass wirkliches intuitives Fliegen vor allem beim Segelfliegen gelernt werden kann. Stundenlanges "Knüppeln" in der Thermik erfordert präzise Handarbeit. Diese ist dann ebenso auch im Motorsegler nützlich. Auch bei Aussenlandungen mit dem Segler gibt es kein ILS und andere "Krücken" ; bei solchen ist man fast ausschliesslich auf Hand, Kopf und Popo angewiesen..................:blink:
 
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... Ich war und bin der Ueberzeugung, dass wirkliches intuitives Fliegen vor allem beim Segelfliegen gelernt werden kann. Stundenlanges "Knüppeln" in der Thermik erfordert präzise Handarbeit. Diese ist dann ebenso auch im Motorsegler nützlich [...] bei solchen ist man fast ausschliesslich auf Hand, Kopf und Popo angewiesen ...
Du hast mal von einem Vorfall berichtet, wo Du den Motorsegler fast auf den Kopf gestellt hast, nachdem die Fahrtmesseranzeige viel zu geringe Werte anzeigte. Hast Du schon einmal die Anstellwinkel-versus-Leistung-Tabelle für Deinen Motorsegler betrachtet?
 
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