Von vornherein aber größtes Unverständnis, wieso Du dich auf ein Statement einer Konferenz versteifst, die Deutschland im Verlaufe der Verhandlungen zweimal verlassen hatte. Wie schon von Dir oben gesagt, dieses war eine "Bekundung". Nicht mehr und nicht weniger. Seit wann haben Bekundungen einen relevanten Wert, wenn es um ein Vertragswerk wie den Versailler Vertrag geht ?
Was ich versuche, ist die deutsche Motivation deutlich zu machen, die ich durchaus nachvollziehen kann. Für die deutsche Führung hatte diese Bekundung sehr wohl relevanten Wert. Die militärische Gleichberechtigung war also GRUNDSÄTZLICH zugestanden worden, aber als es dann konkret werden sollte, kniffen GB und F. So im Link von Sens: "Als britische und französische Pläne Deutschland die sofortige militärische Gleichberechtigung vorenthielten und Übergangsfristen von mehreren Jahren vorsahen, nutzte das NS-Regime dies als willkommenen Anlass, die Genfer Abrüstungskonferenz und den ohnehin verhassten Völkerbund zu verlassen."
Deutschland konnte sich also auf eine gegebene, aber nicht eingehaltene Zusage berufen. Das war seitens der Alliierten nichts anderes als diplomatischer Betrug. Etwas, dass Deutschland schon beim Friedensschluss erfahren musste, als es sich erfolglos auf Wilsons "14 Punkte" berief. Was es später erfahren musste, in Form der von Halifax angekündigten Quasi-Generalrevision, und den Scheinverhandlungen um die Korridorfrage, die letzten Endes den Zweiten Weltkrieg auslösten.
Unklug war das deutsche Verhalten sicherlich, und das nicht erst 1939. Im Jahr 1933 hätte man die Übergangsfristen durchaus akzeptieren können, auch unter der Prämisse, dass derartige Aufrüstungsvorgänge ohnehin Jahre dauern würden und auch dauerten.
In Deiner Arbeit stehen ja auch zum Thema Aufrüstung und Völkerrecht nur Deine eigenen Interpretationen. Nirgendwo ein Zitat aus externer Quelle (oder ich habs überlesen).
Meine Quellenverweise stehen fast immer rechts im Anmerkungsteil. In diesem Fall bei Rauh, Bd. I, S. 164. Habe ich sofort wiedergefunden. Rauh verwendet auch die Formulierung GRUNDSÄTZLICH. Ich überlege mir, ob ich an dem Punkt nicht eine Modifizierung vornehme, die der kontroversen Thematik gerecht wird. Ich kann gern einen Screenshot liefern.
Sehe ich genauso.
Beim 1.WK mag man das ja noch verstehen, dass man da reingeschlittert ist. Ein kleines Attentat, welches in der Folge große Auswirkungen hatte. Niemand wollte das Gesicht verlieren und die Bündnisverpflichtungen haben einen Automatismus in Gang gesetzt. Wobei der Anteil Deutschlands an dieser Misere mehr als hoch war. Man hat den Krieg gewollt.
Deswegen hat das Buch von Clark durchaus seine Berechtigung.
Daran stimmt nun absolut gar nichts. MAN IST NICHT GESCHLITTERT!!! Alle wollten Krieg, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Ich habe Zitate von der Seite der Mittelmächte, die bis zur Selbstvernichtung gehen. Man wusste genau, was man tat, auch wenn uns das heute irrsinnig vorkommt.
@HolgerXX
Bevor du Clark und sein Buch kritisierst, solltest du es erstmal lesen!
Dass das Buch erst die Entwicklung ab 1903 behandelt ist hanebüchener Unsinn, die Geschichte Serbiens und die Beziehungen der europäischen Großmächte ab Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts nimmt breiten Raum im Buch ein.
Ich sagte, die Wikipedia-Rezension beginnt mit 1903. Den Focus auf Serbien halte ich für verkürzt. Was die Beziehungen der Mächte angeht, stellt Clark sie entweder richtig dar. Dann stimmt aber sein Titel nicht. Oder er stellt sie halt nicht ganz richt dar.
Beim 2.WK dagegen bestand keinerlei akute Not, einen Krieg anzufangen.
Die bestand genau genommen beim Ersten Weltkrieg auch nicht. Zumindest hätte man am 01.08.1914 noch ein paar Stunden warten müssen, bis man die Nachricht von der französischen Mobilmachung auf dem Tisch hat. Aber Deutschland hatte die Faxen dicke und wollte das Heft in der Hand behalten.
Deutschland war von keiner Seite akut bedroht, schon gar nicht angesichts dieser Armee, denen die Nachbarstaaten nichts entgegenzusetzen hatten.
Bedroht war nur Hitlers Reputation, Das war den Briten bekannt, und sie kalkulierten damit. Ein britisch-französischer Angriff auf Westdeutschland im Herbst 1939 hätte durchaus erfolgversprechend sein können. Er war aber politisch inopportun.
Man hat jahrelang auf den Krieg hingearbeitet und dann am 01.September auch begonnen.
Die Vorgeschichte des 01.09.1939 wird heutzutage komplett ausgeblendet.
Bis dann Deutschland gegen Frankreich zugeschlagen hat. Das war ein Fehler. Ein halbes Jahr später hatte man sich an den Briten die Zähne ausgebissen. Ein Jahr später das gleiche noch mal. Diesmal hatte man sich vor Moskau festgefahren.
Die einzige andere Option, die Deutschland hatte, wäre die bedingungslose Kapitulation bereits im Herbst 1939 gewesen. Hitler hielt den Krieg bereits da für aussichtslos. Aber das war nicht realistisch, auf keinen Fall mit einem Hitler an der Spitze.
Grüße, Holger