Da müsste Delta aber die Optionen für die weiteren A22x ziehen. Wie viel tiefer liegen die Kosten hier eigentlich?
Mir sind keine Zahlen auf Anhieb bekannt und es würde unabhängig davon sicherlich den Rahmen hier sprengen. Ich nehme aber an, dass (ähnlich wie bei der MD-80/-90) die Wartungskosten unattraktiv wurden und werden, da alleine die Ersatzteilversorgung nicht mehr so einfach ist und in Chargen bestellt werden muss und hier natürlich für eine insgesamt kleine Welt-Flotte. Die Produktunterstützung für ehemalige McDonnell Douglas-Flugzeuge wurde nach Übernahme von Boeing eben stetig so angepasst, dass die Ersatzteilversorgung nicht mehr so war wie zu MD-Zeiten. Diverse MD-Betreiber äußerten hier Ende der 1990er berechtigt ihre Befürchtungen gegenüber Boeing.
Es ist recht wahrscheinlich, dass Delta in ihrer aktuellen Situation starke Anpassungen umsetzt, die sich eben aufgrund der aktuellen Situation nun auch ergeben. Flottenpolitisch, personell, organisatorisch können Airlines aktuell Dinge umsetzen, die vorher nicht möglich waren.
Ein 1:1-Erstaz ist möglicherweise nicht zwingend. Die erheblich höhere Flexibilität der A220 ermöglicht zudem der Delta, 717-Märkte auch mit der A220 zu bedienen, die ihrerseits ja auch sehr lange und dünnere Routen bedienen kann und hier einer 717 aufgrund ihrer Charakteristika als Kurzstreckenmodell schneller die Puste ausgeht. Delta "räumt" auf, so erscheint es. Die A220 bietet so viele attraktive Leistungsmerkmale, dass letztlich die Boeing 717 obsolet wird. In Zeiten ohne Corona wäre die 717 eventuell bis ca. 2030 in der Flotte verblieben, eventuell ausschließlich im Einsatz auf Kurzstreckenflügen oder/und Shuttle. Die A220 wäre dann weiterhin optimiert eher auf Routen eingesetzt, wo die volle Leistungsfähigkeit auch zum Tragen kommt.
Bei Delta erzeugt die 717 offenbar leicht höhere Betriebskosten als die A220. Hier wirkt sich der Kurzstreckeneinsatz der 717 hier mit höheren Kosten negativ aus, umgekehrt zeigen sich niedrigeren Kosten bei der A220, da diese gerne auch auf längeren Routen verwendet wird. Die Kosten bei der A220 würden also auf das Niveau einer 717 steigen, würde diese ebenso zumeist auf kurzen Routen verwendet werden.
Die Entscheidung gegen den weiteren Einsatz der 717 hat natürlich indirekt auch Auswirkungen auf die verbliebenen 717-Betreiber. Bei nahezu allen anderen Nutzern werden sich moderne Alternativen bieten und fast alle Betreiber (sind ja nicht viele) spielen Ersatz-Szenarien durch. Wenngleich Qantas mit der 717 sehr zufrieden sind und (vor Corona) Interesse an weiteren 717 bestand, so ergibt sich nun bis Mitte der 2020er ein möglicher Ersatz durch moderne Flugzeuge.
Einzig Hawaiian Airlines stehen traditionell vor der großen Herausforderung, ein Modell zu finden, welches die Routen- und Einsatzprofile der 717 bewältigen kann. 12/14 oder 16 cycles am Tag verträgt nicht jeder Flugzeugtyp in der Kategorie der 717.
Hawaiian werden wohl versuchen, so lange wie möglich an der 717 festzuhalten. Für die anderen 717 sehe ich aktuell keine realistische Zukunft. Boeing hat schon vor Jahren offiziell geäußert, kein Interesse daran zu haben, ihr 717-Portfolio an mehrere, kleine Unternehmen zu vermitteln und hier Produktunterstützung zu gewähren. Damals galt es eher, eine Flotte von 20 Boeing 717 nach Möglichkeit an eine Airline zu vermieten; eine Volotea war somit perfekt.