Jumo 213 und DB 603

Diskutiere Jumo 213 und DB 603 im WK I & WK II Forum im Bereich Geschichte der Fliegerei; Danke für die Dokumente! Ob es wohl auch einen "Internen Aktenvermerk" von Focke-Wulf zu der Besprechung vom 12.11.44 gibt, da wäre ein Abgleich...

Ta152

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Danke für die Dokumente!

Ob es wohl auch einen "Internen Aktenvermerk" von Focke-Wulf zu der Besprechung vom 12.11.44 gibt, da wäre ein Abgleich bestimmt interessant. Mir kommt der DB-Aktenvermerkt irgendwie ein bisschen zu positiv vor.
 
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speciman

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@Junkers-Peter
Vielen Dank, super interessant. Habe ich es richtig verstanden, dass der DB603L mangels Platz nicht in der 190 verbaut werden können? Ich dachte immer, die D-15 War mit dem 603L geplant?
 
Junkers-Peter

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@Ta152
Was meinst du mit zu positiv?

@speciman
Kann ich so nicht sagen. Leider sind die Baureihenangaben in den Dokumenten nicht immer präzise. Man spricht einmal vom DB 603 L mit und ohne Ladeluftkühler, obwohl die Baureihenbezeichnung des 603 L ohne LaluKü DB 603 LA war.
Ich habe leider auch keine Angaben zur konkreten technischen Ausführung des LaluKü. Eventuell weiß @78587? was dazu?

Ich habe noch ein ähnliches Dokument über die Sitzung im OKL vom 11. Oktober 1944. Das ist noch ein wenig interessanter, da direkt auf den Stand der Erprobung eingegangen wird und mehrere Vergleichsdaten 213-603 genannt werden. Leider ist die Qualität sehr schlecht und kaum Kontrast vorhanden. Mal sehen, ob man das halbwegs lesbar hinbekommen kann.
 

78587?

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Eventuell weiß @78587? was dazu?
ich hab da leider auch nichts weiter führendes, was den Ladeluftkühler angeht.
Der "L" sieht so aus:



es gibt auch noch einen Motor, der stand jahrelang im Museum von Friedel Münch, aber nach dessen Auflösung ist er jetzt im Dornier Museum in Friedrichshafen.

.
 
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Ta152

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@Ta152
Was meinst du mit zu positiv?
F sagt, Motor zu schwer. DB sagt nee ist nicht so. DB 603 10km/h langsamer aber kein voller Ladedruck. FW sagt Schwerpunkt past nicht, DB sagt past doch.. Ausser ein paar verbogen Blechen alles perfekt mit dem DB 603. Da FW vermutlich mit einer negativen Grundhaltung in das Gespräch gegangen ist kann ich mir das irgendwie nicht vorstellen das das alles so friede freude eierkuchen gewesen sein soll.
 
Junkers-Peter

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Danke, Hilmar, für das schöne Foto. Der Lader hatte ungefähr einen Außendurchmesser von 60 cm, Ansaugvolumen rund 3,6 m³/s bei 20300 U/min. Zum Vergleich hatte der Lader des Rolls-Royce Merlin-Höhenmotors ein Ansaugvolumen von 1,95 m³/s bei einem schlechteren Wirkungsgrad. (Quelle: Dr. Reinhold Kamps: Die Aufladung des Flugmotors, 1947)

Im Werksmuseum von MTU in München steht übrigens ein restaurierter Doppellader des 603 L. Wußte gar nicht, dass es noch einen kompletten 603 L gibt.

In Dietmar Hermann, Focke-Wulf Ta 152 - Der Weg zum Höhenjäger, Oberhaching 1998, sind auf S. 41 zwei zeitgenössische Fotos des 603 L abgebildet. Der Laderausgang nach der Spirale ist offen. Wahrscheinlich wäre dort der Ladeluftkühler gesessen. Interessant wäre zu wissen, wie man die Ladeluft gekühlt hätte. Der Kühlerring vorn war durch Kühlwasser- und Schmierstoffkühler belegt. Entweder man hatte das Kühlsystem mit 603 L komplett neu konstruiert oder die Kühlung musste durch einen Zusatzkühler erfolgen. Das silberne Gebilde am Laderausgang auf Hilmars Foto kann aber kein Ladeluftkühler sein, oder?

@Ta152
Ich denke, das sind die normalen Schwierigkeiten während der Entwicklung eines neuen Flugzeugs bzw. eines neuen Antriebs für ein Flugzeug. Man muss bedenken, dass das die ersten DB 603 E-Motoren und Triebwerke waren, die in die Fw 190 eingebaut worden sind. Das hätte man sicher noch in den Griff bekommen. Soweit ich mich erinnere, spielten aber das erhöhte Triebwerksgewicht und damit der Ballast im Heck und die erhöhte Spornlast der Ta 152 C bis zum Schluss eine Rolle. Der 603 ECM/EBM mit MW 50-Einspritzung und 2400 PS hätte schon ordentlich Leistung gehabt. Durch den Einstufenlader des 603 E haperte es halt an der Höhenleistung.

Sicher wäre es interessant, die Besprechung auch aus Sicht des OKL, von FW und Jumo dargestellt zu sehen. Aber anscheinend sind diese Dokumente nicht mehr vorhanden.
 
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78587?

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Das silberne Gebilde am Laderausgang auf Hilmars Foto kann aber kein Ladeluftkühler sein, oder?
das ist das Drosselklappengehäuse.
Es gibt noch einen kpl. Lader bei einem Sammler, ich selber hab eine Laderkupplung und das hintere Flanschgehäuse von so einem Zweistufenlader.
Ich könnte mir vorstellen, dass der Ladeluftkühler ähnlich angeordnet sein sollte, wie beim "DB 627"


.
 
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Der 603 ECM/EBM mit MW 50-Einspritzung und 2400 PS hätte schon ordentlich Leistung gehabt. Durch den Einstufenlader des 603 E haperte es halt an der Höhenleistung.

Sicher wäre es interessant, die Besprechung auch aus Sicht des OKL, von FW und Jumo dargestellt zu sehen. Aber anscheinend sind diese Dokumente nicht mehr vorhanden.
Aus heutiger Sicht leicht zu sagen, aber hier zeigt sich, dass man selbst zu solch "später Stunde" viel zu wenig out of the box gedacht hat:

Zum Zeitpunkt der Besprechung waren an der Westfront gute Höhenleistungen alleine nicht mehr ausschlaggebend - auch in niedrigeren Flughöhen flog man der Konkurrenz inzwischen deutlich hinterher, oder konnte nur mit Ach und Krach mithalten.
Speziell gegen die 2nd TAF* wäre eine leistungsgesteigerte D-14/D-15 - mit vielleicht moderat geringerer Höhenleistung als mit einer Jumo 213E oder F bestückten Variante - ein Gottesgeschenk gewesen. Da der Jumo 213 und der DB 603 weitestgehend auswechselbar waren, hätte sich hier die Möglichkeit zu einem Sofortprogramm ergeben.

Überhaupt: Wenn man sich ansieht, wie seinerzeit mit Entwicklungsressourcen umgegangen wurde (als eindrückliches Beispiel sei die Ta 154 genannt), stehen einem die Haare zu Berge. Einerseits wurden Lastenhefte geschrieben, die selbst der F-35 die Schamesröte ins Gesicht steigen ließen, andererseits verkannte man sowohl die taktische als auch strategische Lage bis ganz zum Ende und entwickelte statt Zweckmäßigem einen riesigen Haufen Goldrandprogramme.

Eine Fw 190 mit Jumo 213A ist im Prinzip ein Flugzeug, das hätte Ende 1943 vom Band laufen können und müssen.

___
*Die hatte mit Spitfire XIV, Tempest V und der auf bis zu 80 Inch Ladedruck aufgeblasenen Mustang III drei absolute Vollblutjäger zur Verfügung, denen die Luftwaffe dank Schnarchprogramm bei der Motorenentwicklung nicht viel entgegensetzen konnte.
 
spicmart

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Aus heutiger Sicht leicht zu sagen, aber hier zeigt sich, dass man selbst zu solch "später Stunde" viel zu wenig out of the box gedacht hat:

Zum Zeitpunkt der Besprechung waren an der Westfront gute Höhenleistungen alleine nicht mehr ausschlaggebend - auch in niedrigeren Flughöhen flog man der Konkurrenz inzwischen deutlich hinterher, oder konnte nur mit Ach und Krach mithalten.
Speziell gegen die 2nd TAF* wäre eine leistungsgesteigerte D-14/D-15 - mit vielleicht moderat geringerer Höhenleistung als mit einer Jumo 213E oder F bestückten Variante - ein Gottesgeschenk gewesen. Da der Jumo 213 und der DB 603 weitestgehend auswechselbar waren, hätte sich hier die Möglichkeit zu einem Sofortprogramm ergeben.

Überhaupt: Wenn man sich ansieht, wie seinerzeit mit Entwicklungsressourcen umgegangen wurde (als eindrückliches Beispiel sei die Ta 154 genannt), stehen einem die Haare zu Berge. Einerseits wurden Lastenhefte geschrieben, die selbst der F-35 die Schamesröte ins Gesicht steigen ließen, andererseits verkannte man sowohl die taktische als auch strategische Lage bis ganz zum Ende und entwickelte statt Zweckmäßigem einen riesigen Haufen Goldrandprogramme.

Eine Fw 190 mit Jumo 213A ist im Prinzip ein Flugzeug, das hätte Ende 1943 vom Band laufen können und müssen.

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*Die hatte mit Spitfire XIV, Tempest V und der auf bis zu 80 Inch Ladedruck aufgeblasenen Mustang III drei absolute Vollblutjäger zur Verfügung, denen die Luftwaffe dank Schnarchprogramm bei der Motorenentwicklung nicht viel entgegensetzen konnte.
Man liest immer wieder, dass die D-9 den genannten Jägern ebenbürtig war und nicht schlechter. Was hätte man von einer mit DB 603 angetriebenen Dora
denn mehr erwarten können?
 
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Die D-9 war gemessen an der A-8 ein großer Schritt nach vorne. Trotz Sondernotleistung reichten ihre Leistungsdaten aber nicht mehr ganz an die alliierten Feindjäger heran.
Abgesehen von vielleicht der P-47 unterhalb von 25000ft, waren die kontemprären westalliierten Flugzeuge schneller und z.T. auch steigfähiger.
Je nach Muster in einem unterschiedlichen Höhenband.

Hier die drei schnellsten Jäger in niedrigen Höhen:
Die D-9 erreichte (je nach Datensatz und wohl- oder misswollender Auslegung) etwa zwischen 370 und 385mph am Boden.
Selbst unter top-Voraussetzungen ist eine Mustang III oder Tempest V mit den zur gleichen Zeit verwendeten Boost-Settings knapp 20mph schneller.
Die Spitfire XIV ist meines Wissens nach nicht mit +25lbs Ladedruck im Einsatz gewesen, sondern nur mit +21lbs. Dabei war sie "on the deck" etwa 365mph schnell. Ihr Trumpf war gegenüber der Dora eher die Höhe, der Steigflug. Und die Kurverei so wie so.

Die D-9 wäre Anfang 1944 eine große Nummer gewesen, aber gen Ende des Jahres schloss sie nur notdürftig die inzwischen rieseige Leistungslücke zu den Alliierten. Man darf dabei natürlich nicht vergessen, dass dies mit einem Triebwerk möglich war, das bis dato keinen Ladeluftkühler hatte und nur mit der B4-Plörre lief. Nicht mit dem hochoktanigen Teufelszeug der Westalliierten (das wiederrum eigene Probleme mit sich brachte).

Bei Vergleichsflügen (mit der V76 und V77*) zeigte sich, dass der DB603E im Vergleich mit dem Jumo 213A "unten herum" etwa gleiche Leistungen bot. Oberhalb der Volldruckhöhe des Jumo 213A zeigte sich ein deutlich besseres Höhenpotenzial des DB603E.
In VDH des Jumo waren beide Muster nahezu gleich schnell (die V76 mit DB 4km/h schneller, was locker innerhalb der Zellentoleranz liegen kann).
In VDH des DB war das mit DB ausgestattete Flugzeug über 20km/h schneller als das Jumo Flugzeug.
In 10000m wurde eine Geschwindigkeitsdifferenz von über 50km/h gemessen.
- Quelle D. Hermann.'s Buch über die Langnasen

Man hört immer wieder von einem "Jumo 213AG" mit Bodenlader und einem Output von etwa 2250PS.
Wäre interessant, was da dran ist und warum dieser Motor nicht forciert wurde.

Die "Renndoras" (D-12 und D-13) waren dank des Dreigang-Zweistufenladers in großer Höhe konkurrenzfähig - ganz besonders mit dem für Mitte des Jahres '45 projektierten Jumo 213EB, der rechnerisch noch einmal knapp 40km/h Zugewinn gegenüber der D-12/-13 mit Jumo 213F bringen sollte**. Da Dieser mit LLK ausgestattet war, hätte sich mit MW50 möglicherweise weiteres Geschwindigkeitspotenzial am Boden ergeben.
Aber das wurde bis zum Schluss nicht umgesetzt.
___
* Letztere war zunächst mit einem Jumo 213A in der 1900PS Leistungsstufe ausgerüstet und wurde im Anschluss auf den DB603E umgerüstet.
** Dabei wurden 20km/h durch die optimierte Kühlung mit verbesserter Kühlklappenstellung und 20km/h durch verbesserte Höhenleistung erwartet.
 
HoHun

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Aus heutiger Sicht leicht zu sagen, aber hier zeigt sich, dass man selbst zu solch "später Stunde" viel zu wenig out of the box gedacht hat:
Bezüglich der Motoren: Ich habe gerade das neu erschienene "The Secret Horsepower Race" von Calum Douglas überflogen, und er kritisiert die Entwicklungsprogramme aller am Krieg beteiligten Großmächte. Für die deutsche Motorenentwicklung ist dabei ein Faktor dominant, und das ist die schlechte Rohstoffsituation, die dazu führt, dass es streckenweise statt einer Weiterentwicklung einen Stillstand oder einen Rückstand gibt, weil die Motoren in der Massenproduktion nicht ausreichend standfest sind, weil sie mit minderwertigen Werkstoffen hergestellt werden müssen. Das Problem wird dadurch verschärft, dass die Lösungsversuche meist sehr schnell in die Serie einfließen und dann, als sie sich nicht bewähren, zu erneuten Umkonstruktionen führen, so daß es den Herstellern nicht gelingt, die Motoren über einen längeren Zeitraum gezielt weiterzuentwickeln.

Einen ähnlichen Gesamteindruck hatte ich z. B. auch schon aufgrund von "Flugmotoren und Strahltriebwerke" von von Gersdorff et al. gewonnen, aber Calum Douglas geht da doch etwas mehr ins Detail (und schreibt in Form einer zusammenhängenden Chronik, während "Flugmotoren und Strahltriebwerke" eher eine Sammlung - hochinteressanter - Einzelartikel über technische Errungenschaften ist, d. h. sich etwas mehr auf die Lösungen als die im historischen Kontext ungelösten Probleme konzentriert).

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
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Bezüglich der Motoren: Ich habe gerade das neu erschienene "The Secret Horsepower Race" von Calum Douglas überflogen, und er kritisiert die Entwicklungsprogramme aller am Krieg beteiligten Großmächte. Für die deutsche Motorenentwicklung ist dabei ein Faktor dominant, und das ist die schlechte Rohstoffsituation, die dazu führt, dass es streckenweise statt einer Weiterentwicklung einen Stillstand oder einen Rückstand gibt, weil die Motoren in der Massenproduktion nicht ausreichend standfest sind, weil sie mit minderwertigen Werkstoffen hergestellt werden müssen. Das Problem wird dadurch verschärft, dass die Lösungsversuche meist sehr schnell in die Serie einfließen und dann, als sie sich nicht bewähren, zu erneuten Umkonstruktionen führen, so daß es den Herstellern nicht gelingt, die Motoren über einen längeren Zeitraum gezielt weiterzuentwickeln.

Einen ähnlichen Gesamteindruck hatte ich z. B. auch schon aufgrund von "Flugmotoren und Strahltriebwerke" von von Gersdorff et al. gewonnen, aber Calum Douglas geht da doch etwas mehr ins Detail (und schreibt in Form einer zusammenhängenden Chronik, während "Flugmotoren und Strahltriebwerke" eher eine Sammlung - hochinteressanter - Einzelartikel über technische Errungenschaften ist, d. h. sich etwas mehr auf die Lösungen als die im historischen Kontext ungelösten Probleme konzentriert).

Tschüs!

Henning (HoHun)
Die beiden Bücher sind wirklich gut. Wobei ich hier die konkrete Frage stellen würde, was denn am Jumo 213 im Jahre 1942 so viel Zeit in Anspruch genommen hat. Es wird von gerissenen Abgasdüsen gesprochen - aber die werden nicht fast ein Jahr zur Serienreife gebraucht haben.

Douglas spricht an, dass sehr viel Analyse von Feindmaterial beim RLM und nur wenig bei den einzelnen Motorherstellern durchgeführt wurde - obwohl Diese deutlich besser hätten einschätzen können, welche Lösungen interessant und evtl. verfolgenswert waren.

Mir scheint, dass die Motorenhersteller aufgrund der mangelnden Möglichkeit zur Eigeninitiative selber keine Lösungen in Eigenregie umsetzen konnten, sondern vom Gutwillen (egal ob kurzsichtig oder nicht) des RLM abhängig waren.
Vergleicht man das mit den Ansätzen der Briten und Amerikaner, war dieser Weg weniger zielführend. Es war beispielsweise Rolls-Royce, die in Eigenregie begannen, den Merlin 60 in die Mustang-Zelle zu integrieren. Aus einem so-lala Flugzeug* wurde damit noch keine Granatenmaschine, aber das Potenzial, das die Zelle hatte (=> Parallelen zur Fw 190!) wurde erstmals um bedeutende Höhenleistung erweitert und man konnte erkennen, dass die Kombination aus dieser Zelle und diesem Triebwerk einiges versprach. Die Arbeit an der Integration des Merlin begann kurze Zeit später auch bei North American und die vielversprechenden Ergebnisse der Briten bestärkten die Ingenieure, dass sie auf dem richtigen Weg lagen. Politisch musste noch einiges passieren, bis die P-51 in der USAAF ihren Platz als Eskortjäger einnehmen konnte - aber das ist eine andere Geschichte.

Am 26.09.1942 flog die V17 erstmals mit Jumo 213.
Es dauerte geschlagene 2 Jahre (!), bis diese Kombination schließlich an die Front gelangte. Sicher gab es Probleme, die erst zu lösen waren, aber es wurde einfach nicht forciert genug an einer Sofortlösung gearbeitet. Man hat bei diesem Projekt den Eindruck, dass man vor allem beim RLM diese zwei Jahre komplett verpennt hat. Weniger durch Büroschlaf in den Amtsstuben, sondern viel mehr indem ein Haufen Projekte angestoßen wurden, die allesamt in einer Einbahnstraße endeten. Dem gegenüber hatte man bereits ein Triebwerk und eine Zelle, die beide für sich hervorragend waren, welche nur integriert werden mussten.
Natürlich sieht man im nachherein so manches deutlich klarer, aber Pragmatismus war nicht unbedingt die Stärke der deutsche Luftrüstung.
Manch einer mag behaupten, dass sich diese Tradition bis heute gehalten hat.

Auf welche Maschine bezieht sich das genau?
Die Fw 190 V77.

___
* Die Mustang I war zu diesem Zeitpunkt im Tiefflug der schnellste Jäger der RAF. Allison hatte allerdings in der Vergangenheit auf Turbolader gesetzt und daher kaum Entwicklungsarbeit in mechanische Lader gesteckt, weswegen der V1710 in den meisten Flugzeugen an Höhenleistung krankte und nur die P-38 (mit Turboladern) eine ordentliche Höhenleistung vorweisen konnte.
 
Carlos G.

Carlos G.

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Die "Renndoras" (D-12 und D-13) waren dank des Dreigang-Zweistufenladers in großer Höhe konkurrenzfähig
Habe lange gesucht, nicht nur hier im FF, und keine Erklärung gefunden, daher die Frage hier: Was bedeutet in einem Zweistufenlader der Zusatz "dreigang"? Im Englischen "two stage, three speed compressor", was darauf hindeutet, dass zusätzlich zum zweiten Lader auch noch die Geschwindiglkeit der komprimierten Ansaugluft in drei Gängen geändert werden kann. Kann mir Jemand hierzu Näheres sagen? Wäre interessant. Danke vorab.
 
Doppelnik

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wie beim Auto, drei Gänge bedeuten drei unterschiedliche Übersetzungsverhältnisse, die zwei Stufen bedeuten Auflandung mit einem Niederdrucklader und einem Hochdrucklader.
 
Doppelnik

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Bezüglich der Motoren: Ich habe gerade das neu erschienene "The Secret Horsepower Race" von Calum Douglas überflogen, und er kritisiert die Entwicklungsprogramme aller am Krieg beteiligten Großmächte. Für die deutsche Motorenentwicklung ist dabei ein Faktor dominant, und das ist die schlechte Rohstoffsituation, die dazu führt, dass es streckenweise statt einer Weiterentwicklung einen Stillstand oder einen Rückstand gibt, weil die Motoren in der Massenproduktion nicht ausreichend standfest sind, weil sie mit minderwertigen Werkstoffen hergestellt werden müssen. Das Problem wird dadurch verschärft, dass die Lösungsversuche meist sehr schnell in die Serie einfließen und dann, als sie sich nicht bewähren, zu erneuten Umkonstruktionen führen, so daß es den Herstellern nicht gelingt, die Motoren über einen längeren Zeitraum gezielt weiterzuentwickeln.

Einen ähnlichen Gesamteindruck hatte ich z. B. auch schon aufgrund von "Flugmotoren und Strahltriebwerke" von von Gersdorff et al. gewonnen, aber Calum Douglas geht da doch etwas mehr ins Detail (und schreibt in Form einer zusammenhängenden Chronik, während "Flugmotoren und Strahltriebwerke" eher eine Sammlung - hochinteressanter - Einzelartikel über technische Errungenschaften ist, d. h. sich etwas mehr auf die Lösungen als die im historischen Kontext ungelösten Probleme konzentriert).

Tschüs!

Henning (HoHun)
Ich habe dazu einen Youtube Vortrag von Herrn Calum gesehen, ich finde auch, dass er hervorragend recherchiert hat, aber manchmal macht er sich die Situation nicht ganz klar in der die deutschen Flugmotorenbauer steckten. Was will man tun, wenn die Luftwaffe (berechtigt) nach mehr Flugzeugen verlangt, um den Krieg noch zu gewinnen, die Rohstoffversorgung kurzfristig stoppt und die Entwickler mehr Zeit für die Entwicklung einfordern? Man kann nicht alle Forderungen gleichzeitig erfüllen (was einem zeigen sollte, dass der Krieg verloren ist). In Gersdorf et. al, ist der Hinweis dass (wenn ich mich recht erinnere) über 100 Komponenten in den BMW 801 ungetestet von "Sparstoffen" auf andere Werkstoffe umgestellt worden. Das dies nicht getestet wurde, wie Herr Calum anmerkt, lag sehr wahrscheinlich nicht an schlechter Organisation, sondern an den Vorstellung die Dinger an der Front zu testen wo sie dringend benötigt wurden, anstelle eine Weiterentwicklung bis zum Kriegsende zu treiben.
 
HoHun

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Moin!

Habe lange gesucht, nicht nur hier im FF, und keine Erklärung gefunden, daher die Frage hier: Was bedeutet in einem Zweistufenlader der Zusatz "dreigang"? Im Englischen "two stage, three speed compressor", was darauf hindeutet, dass zusätzlich zum zweiten Lader auch noch die Geschwindiglkeit der komprimierten Ansaugluft in drei Gängen geändert werden kann. Kann mir Jemand hierzu Näheres sagen? Wäre interessant. Danke vorab.
Die Stufenzahl gibt an, wieviele Lader die Luft hintereinander durchlaufen muß.

Die Gangzahl gibt an, wie viele unterschiedliche Gänge der Laderantrieb hat.

(Wobei bei manchen Motoren die erste und die zweite Stufe nicht immer mit gleicher Geschwindigkeit laufen oder manchmal in niedrigen Flughöhen einer der Lader umgangen wird, wie zum Beispiel bei der Vought F4U Corsair.)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
Doppelnik

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was nun ziemlich exakt meiner Antwort entspricht...
 
Junkers-Peter

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@Carlos G.
Drei Gänge bedeutet, dass es drei verschiedene Übersetzungen von der Kurbelwelle zum Lader gibt. Eine Bodenladerstufe, wo der Lader am langsamsten läuft, dann die zweite Stufe mit schnellerer Übersetzung und letztlich die Höhenstufe mit der höchsten Ladergeschwindigkeit.
Zweistufenlader: Die Ladeluft durchläuft zwei Laderstufen (im Prinzip zwei Laderlaufräder) hintereinander, so dass größere Förderhöhen als beim Einstufenlader möglich sind.

Hier auf deutscher Seite ist mir nur der Jumo 213 E/F mit Dreiganggetriebe bekannt. Der Lader hatte im dritten Gang bei Höchstleistung eine Leistungsaufnahme von ungefähr 800 PS, sehr knapp an der maximalen Auslegungsleistung des Getriebes, so dass es verschiedene Schwierigkeiten mit der Dauerfestigkeit gab.
Gesteuert wurde die Laderumschaltung automatisch über Barometerdosen und hydraulische Verstärker.

Geplant waren z.B. der Jumo 213 J mit Viergang-Getriebe und einer Laderleistung von 1100 PS, kombiniert mechanisch-hydraulisch und beim BMW 803 rein mechanisch.
 
Thema:

Jumo 213 und DB 603

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