Ich denke nicht, dass Schorsch die Mitarbeiter der Fertigung oder die Entwickler als unnütze Esser sieht. Diese stellen schlussendlich die Produkte her, die die Kunden aller Erwartung nach kaufen und ermöglichen so überhaupt erst die Erwirtschaftung von Erträgen. Vielmehr ist es der in Konzernen gern überbordende Wasserkopf, gerne ergänzt durch externe Berater, der losgelöst vom Unternehmen anschwillt, viel Geld kostet, aber gleichzeitig die Dynamik ausbremst. Der massenhafte, langfristige Einsatz von Leiharbeitern deutet aus meiner Sicht beispielsweise darauf hin, dass die gegenwärtigen Strukturen selbst von den Entscheidern als ungeeignet bewertet werden. Geeignete Organisationsstruktur und kooperative Arbeitnehmervertreter vorausgesetzt sind feste Arbeitsverhältnisse auf Dauer einfach preiswerter und produktiver. Betriebsräte können in Einzelfällen ein Problem sein, aber das scheint mir bei Airbus zumindest kein relevantes Problem zu sein.
Ich denke, da ist einiges Wahres dran....
Allerdings gibt es auch unterschiedliche „Wasserköpfe“ - das generelle Problem in Großfirmen oder -Konzernen sind auch die überbordenden internen Prozesse, die heutigen gesellschaftlichen Strömungen, den man gerecht werden soll (...muss) sowie - hier im Falle Airbus - die starken Markt- und Zyklusabhängigkeiten... eine Zeitlang schien es so, als sei der Zyklus im Zivilflugzeugbau quasi abgeschafft - es ging jahrelang nach oben und man kannte nur „Expansion“ - stark eingebüßt durch COVID.
Aber es änderten sich (langsam, aber stetig) auch immer Gesamtausrichtungen eines Konzerns, weil es „die eine Wahrheit“ nicht gibt...und diese Änderungen geschehen langsam, wie bei einem Riesen-Schiff... man schlägt das Ruder aus und es dauert lange, bis man am Bug eine Änderung merkt (o.k. - im Suez-Kanal ging es letzt wohl schneller)...
War Anfang der 90er noch Edzard Reuters Vision, Daimler (und DASA) zum Technologiegiganten auszubauen (Siemens, GE...), maßgeblich, schwenkte man später zurück ins „Kerngeschäft“... für DASA kam die EADS mit einer ersten Vision 50:50 (zivil/militärisch), was aber aufgrund der anziehenden Entwicklung im Zivilgeschäft nicht funktionierte, dann die „Epoche Enders“ mit der Airbus-Integration und Besinnung auf die Kernkompetenzen eines Flugzeugbauers als Systemhaus - so die Auslagerung der eigenen Bechfertigung / Schalenbau / Kleinteilefertigung in Deutschland mit Ausgründung der Premium Aerotec... Diesen „Krabbelsack“ wollte man ursprünglich wohl als eigenständiges Zuliefererunternehmen verkaufen...
Nun also die Ära „Faury“... und im Bereich der Strukturmontagen eine Rückbesinnung auf „Airbus-make“... was aus meiner Sicht in vielen Punkten durch die engere Einbindung in die organischen Airbus-Prozess mehr Vor- alls Nachteile mit sich bringt...
Bei den Kleinteilefertigungen (Bleche, Halterungen...) bleibt man dann wohl bei dem Weg, dieses aus Airbus heraus zu nehmen - ich würde es auch nicht als Kernkompetenz einschätzen...
Allesamt Strategieänderungen, die der Gesamtwirtschaftlichen und - gesellschaftlichen Entwicklung / Strömung Rechnung tragen sollten... wie auch beim Thema Digitalisierung...
Welche Rolle spielen nun Berater? Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Blick / die Meinung hier sehr vielfältig sein kann:
- hochmotivierte (meist jüngere) „Berater“, die durchaus den ein oder anderen Blick von außen einbringen, unvoreingenommen und mitunter - für einen mit Prozessen überfrachteten Großkonzern“ revolutionär...
- „Spielpartner“, die vom Vorstand eingesetzt sind, um eigene (eigentlich schon getroffene) Entscheidungen in ein schickes „neutrales Kostüm“ zu packen...
- „Absahner“, deren Geschäft aus Beratungsleistungen besteht, die eigentlich keiner braucht (weil interne Expertise genug vorhanden ist), die aber - nicht zuletzt aufgrund langjähriger Beziehungen (auch persönlicher Art, man kennt sich) trotzdem eingekauft werden... auch, weil man intern nicht in der Lage ist, sich selbst für eine solche Beraterleistung zu organisieren...
Meist ist es eine Mischung aus allem...
Es gibt für alles in der Industrie genug Beispiele - for the good and the bad - nimmt man Airbus und die Ausgründung von Betrieben, so kann derzeit Hensoldt sicherlich als Positivbeispiel angenommen werden...
...ob das Unternehmen langfristig mit seiner deutschen Nationalität gegenüber den „Großen“ Erfolg hat, wird der Weg zeigen... war es für Airbus ein guter Deal? Im Jahr des Verkaufs vielleicht, aber für die Produktintegration im Verteidigungsbereich? Hensoldt lässt sich sicherlich eine ESCAN Entwicklung für den Eurofighter gut bezahlen... (und Marktalternativen gibt es in dem Bereich für Airbus eigentlich nicht, es sei denn, man will eine APGxx blac—box einkaufen, was der Kunde aber nicht will...)
Kurzum, auch ein wenig „Plakativität“ und „Frotzelei“ kann in einem solchen Forum nicht schaden; konstruktive Kritik sollte immer gehen, wir leben meines Erachtens besser mit einer Meinungsvielfalt (und -Freiheit) als im „Einheitsbrei“...