Moin!
Die Deutschen brauchten einen großen Leistungssprung und neue Fertigungslinien, um sie abzulösen. Beides hatten sie Ende 1943 Anfang 1944 - aber sie entschlossen sich, diese Kapazitäten für den Bau der V-Waffen zu nutzen. Für V-1 und V-2 hätte man Tausende Me 262 bauen können: Der Vergeltungsgedanke hat den Verlust des Luftkrieges 1944 verursacht.
Bezüglich der V-1 war Erhard Milch der Meinung, daß diese Waffe dadurch, daß die für sie notwendigen Abschußrampen einen nennenswerten Teil der alliierten Luftschlagskapazität banden, die Rüstungsindustrie im Reichsgebiet erheblich von Luftangriffen entlasteten, während die deutsche (bodengestützte) Luftabwehr den alliierten Angreifern nicht unbedeutende Verlustes zufügen konnte. Die V-1 war ja in Billig-Bauweise gefertigt und eigentlich Low Tech, so daß ich mir durchaus vorstellen kann, daß ihre Gesamtbilanz sogar positiv gewesen sein (auch wenn Milch sich sicherlich Illusionen über die Wirkung der V-1 auf Ziele in England gemacht hat).
Ich müßte nachlesen, aber ich glaube, die V-2 war für Milch das genaue Gegenteil, da sie als High-Tech-Produkt mit der Flugzeugindustrie direkt um Rohstoffe und Technologie konkurrierte, ohne einen entsprechenden militärischen Gegenwert zu bringen.
Ich bezweifele aber, daß man auch mit mehr Ressourcen die Einführung der Me 262 hätte beschleunigen können, da der gesamte Zeitplan der Einführung dieses Musters eigentlich an der Triebwerksentwicklung hielt. Insbesondere Adolf Galland mit seinem Buch "Die Ersten und die Letzten" hat sicher zu diesem Eindruck beigetragen, aber ich glaube, er war in seiner rein militärischen Funktion als General der Jagdflieger wahrscheinlich nicht in die industriellen Hintergründe eingeweiht und sich dessen nicht bewußt, daß das Jumo-004A-Triebwerk, mit dem die von ihm geflogenen Me-262-Maschinen ausgerüstet waren, weder für die Großserie geeignet noch dafür gedacht gewesen war, und daß das Großserien-Triebwerk Jumo 004B mit seinem stark reduzierten Sparstoff-Anteil noch nicht fertig entwickelt war. Er war auf jeden Fall überzeugt, daß die Me 262 den großen Leistungssprung darstellte, den die Luftwaffe zu diesem Zeitpunkt gebraucht hätte, und in diesem Punkt möchte ich ihm auch nicht widersprechen.
Zusammenfassend würde ich vermuten, daß auch ohne den Bau der Vergeltungswaffen der Bau von Tausenden Me 262 erst so spät möglich geworden wäre, daß es auch nichts mehr geändert hätte, weil die Ausbildung von Piloten kaum noch möglich gewesen wäre und auch der Treibstoff schon zu knapp gewesen wäre.
Tschüs!
Henning (HoHun)