@HoHun Beitrag #37 (Und Bitte beim Thema 261/264/direkte Konkurrenten bleiben)
Das RLM hat die 264 nicht bei Mtt bestellt. Der hat sie ungefragt unter der Hand entwickelt. Mtt sollte sich auf Jäger und Zerstörer konzentrieren, also kleinere Flugzeuge entsprechend der Größe und den Fähigkeiten des Werkes. Die Aufteilung ist 1937 so gemacht worden. Das Dokument habe ich. Dort kann man schon lesen:
"Weiterbearbeitung von Bombern durch Firma Messerschmitt wird für unzweckmäßig erachtet."
Doch, die Luftwaffe hat bestellt und wie! Bei Dan Sharp findet sich folgende Passage einer Schrift des Chefs des Luftwaffenplanungsamtes, von Gablenz, vom Mai 1942 zitiert, in der er auf die erste Fernbomber-Ausschreibung von 1940 zurückblickt: "At the same time, because of current development of the Me 261, Messerschmitt had received a similar invitation to tender, and the Me 264 variant was offered to the RLM in mid-1941." Die Me 261 hatte im Dezember 1940 ihren Erstflug.
Interessant ist jetzt die Chronologie der Ereignisse: Das RLM macht 1940 eine Fernbomber-Ausschreibung für 15.000 Kilometer Reichweite. Junkers und Focke-Wulf reichen Entwürfe mit 120 bis 140 Tonnen ein mit großen, erst noch zu entwickelnden Motoren (Vermutlich BMW 803 und Jumo 222, 223). Die nicht einmal halb so schwere Me 264 mit greifbaren Triebwerken geht als Sieger hervor. Nun stellt sich aber heraus, dass die Maschine die von Messerschmitt behaupteten Leistungen nicht erreichen kann: Sie erreicht nicht die geforderten 15.000 Kilometer - ganz zu schweigen von den behaupteten 20.000. Und was tut das RLM? Es macht eine neue Ausschreibung mit auf 12.000 Km reduzierter Reichweite und der Forderung, die Maschine dürfe nicht übergroß sein. Defacto hat man die Ausschreibung auf die Me 264 zugeschnitten. Junkers reicht die Ju 390 mit 74 Tonnen ein, Focke-Wulf einen Vorläufer der Ta 400 mit 80 Tonnen, heinkel eine 90 Tonnen-Maschine und Messerschmitt erneut die Me 264 mit vier 603, 801 oder 211 Triebwerken und 43 bis 50 Tonnen Gewicht. Und Überraschung: Es gewinnt die Me 264.
von Gablenz: "Investigation has shown that contrary to the assertion made by the firm, the America return flight direct is probably not possible with so little reserve. However, compared with the other proposals, the lesser all-up weights and materials requirement, plus four engines as against five or six, the design is so much better that in the opinion of the GLZM this is the aircraft to order and accordingly attempts will be made to resolve the difficulties of under-capacity at Messerschmitt. If it is possible to resume the interrupted course of development work on the Me264, then we can have the prototypes this year, get the programme of flight testing over with during 1943, and have the machines operational in 1944. The simplifications to the design suggested by the RLM technical centre (normal unpressurised cockpit, proven engines, no bomb-aimer’s position) were made so that development could be continued despite the under-capacity at Messerschmitt... A range of 11,000-12,000km provides enormous possibilities for the Battle of the Atlantic."
Die Luftwaffe war seinerzeit offenkundig ziemlich überzeugt vom Messerschmitt-Entwurf, weil der Entwicklungs- und Fertigungsaufwand für attraktiv niedrig gehalten wurde und man möglichst schnelle Verfügbarkeit in der Atlantik-Schlacht wünschte. Angriffe auf die USA traten in den Hintergrund.
Rainer