05.05.2019 SVO - SSJ von Aeroflot verunglückt bei Landung und geht in Flammen auf

Diskutiere 05.05.2019 SVO - SSJ von Aeroflot verunglückt bei Landung und geht in Flammen auf im Flugunfälle und Flugunfallforschung Forum im Bereich Luftfahrzeuge allgemein; "Am Schlimmsten fand ich persönlich die Vorwürfe, Passagiere, die ihr Gepäck bei der Evakuierung mitgenommen hatten, hätten damit am Tod ihrer...
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Alien
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"Am Schlimmsten fand ich persönlich die Vorwürfe, Passagiere, die ihr Gepäck bei der Evakuierung mitgenommen hatten, hätten damit am Tod ihrer Mitreisenden eine Mitschuld. Hier wird den geschockten Opfern einer Katastrophe eine Verantwortung zugeschoben, die absolut unangemessen ist. Zum einen tragen die Airlines die Verantwortung für die Menge an Handgepäck, die mit in die Kabine genommen wird, zum anderen die Zulassungsbehörden, die das genehmigen.
...haben Überlebende aus dem lichterloh brennenden PanAm Wrack Gepäckstücke mitgenommen und konnten später nicht sagen, warum sie das überhaupt gemacht hatten. Andere dagegen sind nach Passagierberichten wie betäubt in ihren Sitzen geblieben und dort umgekommen. Zur besseren Evakuierung ein Konzept zu finden ist nicht Aufgabe der traumatisierten Passagiere bei einem Unfall. "
 
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Testpilot
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In der Zeitschrift „Pilot und Flugzeug“ wurden in Heft 10 und 11/2019 zwei durchaus lesenswerte Berichte zum Unfallgeschehen veröffentlicht:

Hier die Quelle dieser Artikel
Vielen Dank für die Verlinkung! Ich habe selten so sachkundige, gut informierte und mit Empathie geschriebene Artikel gelesen. 👍
 
Intrepid

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"Am Schlimmsten fand ich persönlich die Vorwürfe, Passagiere, die ihr Gepäck bei der Evakuierung mitgenommen hatten, hätten damit am Tod ihrer Mitreisenden eine Mitschuld. Hier wird den geschockten Opfern einer Katastrophe eine Verantwortung zugeschoben, die absolut unangemessen ist. Zum einen tragen die Airlines die Verantwortung für die Menge an Handgepäck, die mit in die Kabine genommen wird, zum anderen die Zulassungsbehörden, die das genehmigen.
...haben Überlebende aus dem lichterloh brennenden PanAm Wrack Gepäckstücke mitgenommen und konnten später nicht sagen, warum sie das überhaupt gemacht hatten. Andere dagegen sind nach Passagierberichten wie betäubt in ihren Sitzen geblieben und dort umgekommen. Zur besseren Evakuierung ein Konzept zu finden ist nicht Aufgabe der traumatisierten Passagiere bei einem Unfall."
Ein bisschen zu kurz gesprungen. Wenn es OK ist, dass Passagiere ihr Handgepäck retten, dann gehört die Mitnahme von Handgepäck in den Nachweis, dass das Flugzeug mit den gegebenen Notausgängen und der vorgesehenen Kabinencrew in 90 Sekunden evakuiert werden kann. Und dass sich nicht die Passagiere Gedanken machen müssen, wie man dieses Phänomen angeht, sondern Hersteller und Luftfahrtunternehmen, ist selbstredend. Es bleibt aber ein Phänomen der heutigen Zeit, um das man sich kümmern muss. Früher blieb das Gepäck an Bord und es mussten sogar die Schuhe ausgezogen werden.

Im Übrigen halte ich seinen Artikel für lesenswert und gut. Es war mein erster Einblick in die Hektik, die sich die Crew selber auferlegt hat. Und es tauchten wieder die gravierenden Schwierigkeiten auf, die heutige Flugbesatzungen mit manuellem Fliegen haben: weil sie es nicht mehr praktizieren und weil die Flugzeuge nicht mehr dafür gebaut sind.
 

kurnass

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Das Problem mit Handgepäck während ein Flugunfall oder Evakuation ist nur leicht zu lösen. Die Overhead Lockers sollen vom Cockpit aus verschliessbar sein. Und falls ein Notlandung und Evakuation stattfindet, hat mann kein Zugriff auf das Handgepäck.

Aber vielleicht denke ich zu einfach.
 
macfly

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Die Overhead Lockers sollen vom Cockpit aus verschliessbar sein. Und falls ein Notlandung und Evakuation stattfindet, hat mann kein Zugriff auf das Handgepäck.
Auch nicht gut. Die Nachteile haben wir schon einige Male diskutiert. Passagiere würde das im Notfall nicht "schnallen" und dann erst recht im Gang stehen bleiben und irgendwie versuchen, die Klappen zu öffnen - oder darauf warten, dass das Schloss endlich freigegeben wird. Saubere Lösung wäre entweder, nur echtes Handgepäck (= kleine Handtaschen) in der Kabine zuzulassen - oder, wie von Intrepid vorgeschlagen, die Mitnahme des Gepäcks in den Zulassungsbedingungen der Evakuierung zu berücksichtigen (= was bringen die Zulassungstests, wenn die Bedingungen nicht der Realität entsprechen).

Es war mein erster Einblick in die Hektik, die sich die Crew selber auferlegt hat. Und es tauchten wieder die gravierenden Schwierigkeiten auf, die heutige Flugbesatzungen mit manuellem Fliegen haben: weil sie es nicht mehr praktizieren und weil die Flugzeuge nicht mehr dafür gebaut sind.
Der Artikel vermittelt tatsächlich einen guten Eindruck der unnötigen Hektik. Dass der Kapitän Probleme mit der manuellen Steuerung hatte, ist offensichtlich. Für mich ist das aber ein Beleg, dass er nicht mit der "Dirketen Modus" zurechtgekommen ist, in den die Steuerung nach dem Blitzschlag gegangen ist. Mag schon sein, dass Piloten heute nicht mehr so fit im manuellen Fliegen sind, wie früher. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Kapitän nicht in der Lage wäre, unter normalen Bedingungen manuell mit seinem Flugzeug eine einfach Kurve zu fliegen, ohne dass ihm dabei die Querneigung entgleitet. Ich denke, ihm fehlte speziell für diesen Notfallmodus das Gefühl. Und da er unbedingt sofort umkehren musste, anstatt sich erstmal ein paar Minuten an das geänderte Steuerverhalten zu gewöhnen (und "nebenbei" auch die Notfallchecklisten komplett abzuarbeiten), fehlte ihm das Gefühl bei der Landung noch immer (da erst recht...).

Interessant fand ich auch das Detail, dass bei Airbus die Steuerung wieder vom "Direct Law" in den normalen Modus zurückschalten kann, wenn das auslösende Problem verschwindet - während der "Direkte Modus" beim Superjet dauerhaft aktiv bleibt, sobald er einmal durch einen Fehler ausgelöst wurde. Das eigentliche Problem war ja vermutlich nur ein Neustart eines Bordsystems (=sehr kurzzeitiger Ausfall). Das Airbus-Konzept scheint da schon etwas schlauer.
 

Rhönlerche

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Direkter Modus muss nicht einfach nur manuelles Fliegen bedeuten, was die Russen bestimmt noch mit am besten draufhaben, sonder es kann auch bedeuten, dass irgendwelche giftigen Flugeigenschaften, die sonst immer weggefiltert werden, erstmals spürbar und im Verbund auftreten. Dass das einen Piloten überfordert, gerade bei der Landung, ist nicht unbedingt auf schlechte Kenntnisse, uncooles Verhalten oder so zurückzuführen. Deswegen halte ich die Richtung der Schuldzuweisung für ungerecht und einseitig. Der saß plötzlich in einem ihm unbekannten Testflugzeug am Steuer.
 
Intrepid

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Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Kapitän nicht in der Lage wäre, unter normalen Bedingungen manuell mit seinem Flugzeug eine einfach Kurve zu fliegen, ohne dass ihm dabei die Querneigung entgleitet. Ich denke, ihm fehlte speziell für diesen Notfallmodus das Gefühl. Und da er unbedingt sofort umkehren musste, anstatt sich erstmal ein paar Minuten an das geänderte Steuerverhalten zu gewöhnen (und "nebenbei" auch die Notfallchecklisten komplett abzuarbeiten), fehlte ihm das Gefühl bei der Landung noch immer (da erst recht...).
Vor allem, wenn das Steuern des Flugzeuges in IMC so viele Ressourcen frist ... hätte man nicht irgendwo hin steuern können, wo VMC herrscht?

Die eigentliche Frage, die ich mir stelle: warum glaubte man, so schnell umkehren und wieder landen zu müssen?
 

jackrabbit

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Hallo,

Die eigentliche Frage, die ich mir stelle: warum glaubte man, so schnell umkehren und wieder landen zu müssen?
wissen wir eigentlich (genau) wie viele oder wenige Systeme ausgefallen waren?
Sollte das Flugzeug eigentlich noch ohne Probleme händelbar gewesen sein?

Für mich liest es sich so - auch durch das Verhalten des Kapitäns - als wenn mehr
als der „Autopilot“ ausgefallen waren.

Grüsse
 
macfly

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Die eigentliche Frage, die ich mir stelle: warum glaubte man, so schnell umkehren und wieder landen zu müssen?
Mein Eindruck war, dass der Kapitän zwar grundsätzlich zurück zu diesem Flughafen wollte (Heimatbasis/Wartung), er aber eigentlich nie bewusst entschieden hat, dass sie "sofort" oder "so schnell wie möglich" wieder landen müssten. Es hat sich ungünstigerweise einfach so ergeben, weil sie so dicht am Flughafen waren und der Controller ihnen sofort einen Anflug anbieten konnte. Der Kapitän hat ja den Wunsch geäußert, erstmal ein paar Warteschleifen zu fliegen. Der Copilot hat es aber nicht weitergegen - und als der Kapitän es selbst gefunkt hat, kam es nicht an. Unverständlicherweise hat er dann nicht weiter darauf bestanden. Und dann ist es eben so gelaufen, dass sie schon wieder im Anflug waren, bevor überhaupt die Notfallchecklisten abgearbeitet waren.
 
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Mich würde interessieren, ob das Kabinenpersonal die Passagiere aufgefordert haben die Kabine ohne Gepäck sofort zu verlassen und diese sich geweigert haben das zu tun oder ob die sich selbst überlassen, gemacht haben was denen in der Panik einfiel.
 
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Intrepid

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Mich würde interessieren, ob das Kabinenpersonal die Passagiere aufgefordert haben die Kabine ohne Gepäck sofort zu verlassen und diese sich geweigert haben das zu tun oder ob die sich selbst überlassen, gemacht haben was denen in der Panik einfiel.
So steht es im vorläufigen Untersuchungsbericht: 15 : 30 : 49 Aufzeichnung der Kommandos der Flugbegleiter: „Undo the seatbelts, leave everything, evacuate ...“
 
lutz_manne

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Ist das fair? Hätte er in der Situation was anders machen können, das es keine Toten gegeben hätte? Wie ist eure Einschätzung? Sieht leider nach Bauernopfer aus, typisch Russland.
 
Alpha

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Bei avherald findet man Auszüge der Reports zu dem Unfall: The Aviation Herald

Wenn das auch nur einigermaßen so zutrifft, dann hat die Crew durchaus einige gravierende Fehler gemacht. Strafrechtlich kann ich das natürlich nicht beurteilen, aber den Unfall verantwortet fliegerisch aus meiner Sicht durchaus die Crew (und damit eben der Kommandant). In dem Fall halte ich das daher nicht für ein Bauernopfer.
 
HB-IDF

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Wie ist dieses Strafmaß einzuordnen - im Vergleich zu ähnlichen Vorfällen aus der Vergangenheit in westlichen Ländern?
 
Simon Maier

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Hallo,

Ich wusste gar nicht dass es in westlichen Ländern noch Gulags gibt
 
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