11.9.2021 Cessna C340 stürzt bei San Diego in Wohngebiet

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Chopper80

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Bei San Diego ist gestern eine C340 in ein Wohngebiet gestürzt. Dabei kamen der Pilot und ein UPS Fahrer ums Leben. Mehrere Personen am Boden wurden verletzt, teilweise mit schweren Verbrennungen. Der ATC Mitschnitt zeigt merkwürdiges Verhalten des Piloten die auf eine medizinische Beeinträchtigung hindeuten könnten. Er war übrigens Kardiologe und machte diese Flüge regelmäßig auf dem Weg zur Arbeit.


Accident Cessna 340A N7022G, 11 Oct 2021

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macfly

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LiveATC Mittschnitt unten. Ein medizinisches Problem ist wohl nicht auszuschließen - aber ungewöhnlich, da er jeweils korrekt und mit kräftiger Stimme auf die ATC Anweisungen antwortet. Nur stieg er entgegen der ATC Aufforderung/seiner Bestätigung nicht, bzw. er ging dann doch immer wieder in den Sinkflug über. Ungewöhnlich. Könnte auch ein Kontrollverlust in IMC gewesen sein. METAR meldete "BKN017 OVC028" - er war also im Anflug noch in (oder über) den Wolken.


So ein Fall muss auch für den Lotsen ein absoluter Horror sein. Er sieht die Gefahr lange vorher kommen, warnt den Piloten immer wieder bzgl. der Höhe und fordert zum Steigflug auf - aber der Pilot reagiert nicht (richtig), und der Lotse muss sich die Katastrophe dann doch auf dem Radar anschauen.
 
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Blancolirio analysiert den Fall mal wieder sehr detailliert. Der Flugweg sieht so aus, dass der Pilot den ganzen Flug offensichtlich mit Autopilot geflogen war. Auf den etwas ungewöhnlichen Anflug ("ILS Runway 28R, circle to land Runway 23") war er offensichtlich nicht vorbereitet und dadurch etwas verwirrt. Der Pilot fragt daher mehrfach nach. Genau in dem Moment schoß er schon durch den Localizer - der Autopilot war offensichtlich nicht für das ILS konfiguriert. In dieser Höhe müsste der Pilot zudem in einer Wolkenschicht gewesen sein. Nach dem Überschießen des Localizers sieht der Flugweg nach manueller Steuerung aus - und die heftigen Höhen- und Geschwindigkeitsänderungen beginnen.

Da der Pilot auch noch mehrfach klar und deutlich "Climbing!" bestätigt, obwohl er zeitgleich im Sinkflug war, spricht für Blancolirio einiges für einen Kontrollverlust in IMC durch räumliche Desorientierung - vermutlich verstärkt durch das Durchstartmanöver: ATC hatte nach dem Durchfliegen des ILS ja den Anflug abgebrochen und versucht den Piloten in einer Rechtskurve zurück auf das ILS zu führen.

 
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Manuelles Fliegen in IMC ist eine hohe Kunst. Diese Kunst war mal weit verbreitet. Weil die Autopiloten immer zuverlässiger und besser werden, gibt es immer weniger Piloten, die diese Kunst beherrschen. Aber es ist ja spätestens seit AF 447 bekannt, dass selbst Verkehrsluftfahrzeugführer, die jeden Tag fliegen, nicht mehr gut (genug) darin sind. Daran ändert auch UPRT nichts mehr.

Im vorliegenden Fall wäre interessant, welches Handlungswissen (Praxis in der unmittelbaren Vergangenheit) der Pilot in manuellem Fliegen in IMC hatte. Eine Instrumentenflugberechtigung war noch nie ein Garant für Handlungswissen, denn die kann man auch komplett in VMC erwerben und erhalten.
 
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Im vorliegenden Fall wäre interessant, welches Handlungswissen (Praxis in der unmittelbaren Vergangenheit) der Pilot in manuellem Fliegen in IMC hatte. Eine Instrumentenflugberechtigung war noch nie ein Garant für Handlungswissen, denn die kann man auch komplett in VMC erwerben und erhalten.
Einige Hintergründe zum Piloten finden sich bei kathrynsreport. Interessant ist auch etwas zu den ADS-B Daten, dass dort jemand in den Kommentaren erwähnt. Die ADS-B Daten sollen zeigen, dass der Pilot zunächst den AP auf das ILS 28R gesetzt hatte, dann aber auf "Altitude Hold" und "Heading Select" ging, als ATC ihm die "ILS 28R, circle to land 23" Anweisung gab. Der Kurs hätte ihn wohl in eine Linksplatzrunde zur 23 gebracht. Vermutlich wusste er nichts mit dem Verfahren anzufangen und hat sich stattdessen selbst einen Anflug auf die 23 "gebastelt". Als ATC dann bemerkt, dass er nicht auf dem ILS 28R ist, fliegt er die Maschine manuell. Trotzdem sollen die ADS-B Daten zeigen, dass er jede ATC Anweisung im AP einstellte (Heading um 90° verdrehte für die Rechtskurve nach dem Durchstarten, die von ATC angewiesene Höhe zum Steigen setzt). Das könnte ein weiterer Aspekt für den Unfall sein: war dem Piloten nach dem Durchstarten überhaupt klar, dass der AP nicht mehr aktiv war?

Das mit den ADS-B Daten zum AP habe ich selbst nicht verifiziert. Keine Ahnung, auf welchen Seiten man diese "erweiterten Daten" einsehen kann. Stammt also nur aus den Kommentaren von der genannten Seite. Plausibel ist es durchaus: die Maschine war ja mit ganz aktueller Avionik ausgerüstet worden (siehe PDF weiter oben, dass die Maschine zeigt, als sie letztes Jahr zum Verkauf stand). Die Cockpit-Fotos die Blancolirio im Video zeigt (mit dem alten "Uhren-Laden" und Steinzeit Autopilot), waren definitiv nicht mehr aktuell. Dass moderne Geräte auch Daten des Autopiloten per ADS-B abstrahlen, ist auch bekannt: das soll ATC zukünftig helfen, weil die Lotsen dann sehen können, ob die Piloten angewiesene Flugflächen, Kurse usw. korrekt eingestellt haben. Wenn das mit den AP Daten stimmt, dürfte das auch der NTSB (oder FAA) bei der Unfalluntersuchung helfen - auch wenn die Maschine keinen Rekorder hatte.
 
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Manuelles Fliegen in IMC ist eine hohe Kunst. Diese Kunst war mal weit verbreitet. Weil die Autopiloten immer zuverlässiger und besser werden, gibt es immer weniger Piloten, die diese Kunst beherrschen. Aber es ist ja spätestens seit AF 447 bekannt, dass selbst Verkehrsluftfahrzeugführer, die jeden Tag fliegen, nicht mehr gut (genug) darin sind. Daran ändert auch UPRT nichts mehr.
Das ist aus meiner Sicht etwas missverständlich formuliert. Manuelles Fliegen in IMC gehört auch heute noch zum täglich Brot auch der Airline Fliegerei guter Airlines. AF447 ist ein komplexes Thema mit einer ganzen Menge Fehler, die nicht typisch oder allgemeingültig für die Airlinewelt sind. UPRT hat erstmal nicht viel mit diesem manuellen Fliegen (ob in IMC oder VMC) zu tun. Circle to Land ist auch heute noch ein Verfahren, das auch mit Airlinern genutzt wird - wenn auch selten (ein RNAV Approach ersetzt das meist und ist in vielerlei Hinsicht besser). Die sehr große Mehrheit der Airline Piloten ist absolut "gut genug dafür".

Zum ADS-B und Autopiloten-Inputs: Das wird schon seit Jahren mit übertragen (in bestimmten Modi - bzw in bestimmten Modi dann auch zur anzeige gebracht).

Wenn allein IFR geflogen wird, dann ist der Autopilot mehr als nur eine sinnvolle Hilfe (meines Wissens auch vorgeschrieben). Circle to Land ist immer mehr Workload und nicht trivial. Wenn der Trainingsstand das nicht hergibt, dann sollte man den auch nicht fliegen (ist ja lange vorher bekannt, was für ein Anflug einen erwartet) und wenn der Anflug unschön wird, dann gibt es jederzeit die Option des Durchstartens (und anschließend nochmal oder anderer Approach oder zum Alternate usw etc). Der ungewollte Sinkflug beim Beschleunigen ist ja leider eine Art Klassiker.
 
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Zum ADS-B und Autopiloten-Inputs: Das wird schon seit Jahren mit übertragen (in bestimmten Modi - bzw in bestimmten Modi dann auch zur anzeige gebracht).
Unsere ersten C172 mit Glascockpit in den 2000er-Jahren hatten zwei Höhenvorwahlfelder, weil der Autopilot noch nicht integriert war: eines am Autopiloten, danach richtete sich auch der Autopilot. Und eines am PFD, dessen eingestellter Wert wurde gelegentlich vom Radarlotsen hinterfragt. Seitdem wusste ich, dass die Einstellungen im Cockpit von außen einsehbar sind.

Wäre für mich mal interessant, von einem Radarlotsen zu erfahren, ob er sich diese Daten wahlweise anschauen (also auch ausblenden) kann und wie generell von Lotsenseite damit umgegangen wird. In der Flugschule werden beabsichtigte Steuerkurse und Zielflughöhen auch dann in den Vorwahlfeldern eingestellt, wenn manuell geflogen wird. Ist ja auch eine Art nonverbale Kommunikation zwischen dem fliegenden und dem nichtfliegenden Piloten einer Multicrew. Ausnahme ist die Platzrunde und der Endanflug. Bei letzterem werden die kleinen Kurskorrekturen von 2 oder 5 Grad nicht mehr nachgeführt und in der Höhenvorwahl steht die Höhe für den Fehlanflug.
 
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Wieder ein schrecklich tragischer Unfall. Ich sehe es grundsätzlich sehr wie Blancolirio und Intrepid - auch die Tatsache, dass single pilot in IMC, handflying einer light twin - eine der anspruchsvollsten Aufgaben, die die Luftfahrt zu bieten hat. Für mich ist es auch ganz klar, dass der Pilot völlig hinten dran und massiv überfordert war. Die Funkerei spricht imho Bände. Ich habe selbst jahrelang C-340A (und C-421) geflogen und es sind anspruchsvolle Geräte. Ich sage immer meine einzigen paar wenigen grauen Haare hab ich vom Fliegen dieser Kisten. Auch "unsere" 340 war damals sehr gut ausgestattet mit S-Tec fifty five X Autopilot, ALT Preselect aber - im Gegensatz zum fliegen in Jets oder TPs hat der Flieger trotzdem damals auch wenn alles tip top lief mal nen LOC net gecoupelt, mal nen GS nicht genommen und niemand hatte eine Erklärung dafür. Und dann steigt der Workload drastisch. Dazu ne Clearance mit der er nicht gerechnet hatte und mit der er offenbar auch nix in dieser Situation anfangen konnte, corssing traffic, vectoring, vielleicht nicht mehr umrissen, dass der AP aus war - alles so Sachen. Womit wir wieder beim Thema single pilot IFR in anspruchsvollen Fluggeräten wären... scheint ein Dauerbrenner zu werden.

Was ADS-B out Daten angeht - ist tatsächlich von Flugzeug zu Flugzeug unterschiedlich - und von Lotse zu Lotse auch. Wir haben eine ältere C525 im Betrieb die beispielsweise die "selected Alt" nicht überträgt - und dies gemäß Supplement wegen ihrer Seriennummer auch nicht muss. Manchmal fragt einen jeder dritte Lotse nach der eingedrehten Höhe, manchmal monatelang kein einziger. Andere Flieger übertragen "jeden Huster"... aber ob übertragen wird ob der Flieger manuell oder mit AP fliegt das müsste ich direkt im Einzelfall mal nachschauen. Davon hab ich persönlich noch nix gehört.
 
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Letztlich ist egal, was für wen wie schwierig ist - wenn es zu viel wird, dann muss man das merken (nicht immer einfach, gerade wenn man allein ist) "den Stecker ziehen" und z.B. den Anflug abbrechen (immer einfach).

Zum Thema "Was sieht der Lotse?":


Da sieht man, was das EHS Dataset bei Mode S überträgt. Heading Select also z.b. nicht.
 
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Letztlich ist egal, was für wen wie schwierig ist - wenn es zu viel wird, dann muss man das merken (nicht immer einfach, gerade wenn man allein ist)
Gerade der letzte Punkt ist entscheidend. Ausser im Simulator bin ich nie SP IFR geflogen und bei den Schulungsflügen saß zumindest immer noch jemand mit im Cockpit, auch wenn man alles selber gemacht hat.

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Da sieht man, was das EHS Dataset bei Mode S überträgt. Heading Select also z.b. nicht.
Wobei die Tabelle wohl die Mindestanforderung (Required Data Items) der Daten zeigt. Und ADS-B kann tatsächlich deutlich mehr übertragen als einfaches Mode-S. In der Beschreibung von ADSBExchange ist schön aufgelistet, welche Daten abrufbar sind, sofern das jeweilige Flugzeug sie überträgt. Das kann schon wirklich umfangreich werden. Bei den Daten des NAV/Autopilot Systems kann tatsächlich auch gemeldet werden, ob (und genau was) beim AP aktiviert ist:


For each aircraft object, the following are shown if available.
  • ...
  • nav_qnh: altimeter setting (QFE or QNH/QNE), hPa
  • nav_altitude_mcp: selected altitude from the Mode Control Panel / Flight Control Unit (MCP/FCU) or equivalent equipment
  • nav_altitude_fms: selected altitude from the Flight Manaagement System (FMS) (2.2.3.2.7.1.3.3)
  • nav_heading: selected heading (True or Magnetic is not defined in DO-260B, mostly Magnetic as that is the de facto standard) (2.2.3.2.7.1.3.7)
  • nav_modes: set of engaged automation modes: ‘autopilot’, ‘vnav’, ‘althold’, ‘approach’, ‘lnav’, ‘tcas’
 
Alpha

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Völlig richtig. Das sind allerdings eben ADS-B Sachen und nicht mehr "Mode S", worauf die Tabelle sich bezieht. Der hier hat das mal ein wenig aufgedröselt, wen der Unterschied interessiert:

On Topic: Single Pilot IFR finde ich durchaus grenzwertig, gerade wegen der schwierigen Selbstkontrolle bezüglich "Ende der Kapazität ". Einer der vielen Gründe, warum ich das Konzept "Single Pilot" in Airlinern weder richtig finde, noch in den nächsten Jahrzehnten kommen sehe.
 
Thema:

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