Der vorläufige Bericht wurde vom NTSB veröffentlicht.
Übersetzung diesmal etwas umfangreicher, der Komplexität geschuldet.
Historie des Fluges
Nach Angaben der Flugbesatzung war der Kapitän der fliegende Pilot und der Erste Offizier (FO) der überwachende Pilot. Der Kapitän sagte, dass er bei der Durchsicht des Logbuchs vor dem Flug eine Gierdämpfe-Diskrepanz festgestellt hat, die als "Überkorrektur des Gierdämpfers im Flug" beschrieben wurde. Er erinnerte sich, dass die Korrekturmaßnahme darin bestand, einige Computercodes für das Überziehungsklappenmanagement der Gierdämpfer zurückzusetzen.
Preflight, der Pushback und die ersten Rollsegmente des Fluges verliefen ereignislos. Nach der Startfreigabe und beim Einschwenken auf die Startbahn bemerkte der Flugkapitän jedoch nach dem Umschalten der Pedalsteuerung auf das Seitenruderpedal eine kurzzeitige Schwergängigkeit der Seitenruderpedale.
Nach dem Abflug kam es zu gelegentlichen leichten Turbulenzen während eines ereignislosen Steigflugs auf die Reiseflughöhe von 34.000 Fuß. Der Kapitän sagte, kurz nach Erreichen der Reiseflughöhe und während des Fluges durch leichte Turbulenzen, begann das Flugzeug "ein bischen zu Schlingern". Er erklärte, dass "das Schlingern stabil war, in der Häufigkeit deutlicher, mit nur einem geringes Maß an Gieren". Die Schwingungen dauerten ein paar Sekunden und der Autopilot blieb während des gesamten Ereignisses eingeschaltet. Der FO charakterisierte das Ereignis als eine "seltsame Bewegung des Hecks des Flugzeugs hin und her, gepaart mit sehr leichten Ruderbewegungen nach links und rechts. Die Heckbewegung war spürbar, aber nicht übermäßig, und ich erinnere mich, dass mein erster Gedanke war, dass es sich dabei um einen merkwürdigen leichten Schlag gehandelt hat".
Die Flugbesatzung besprach den Vorfall und stellte fest, dass sie eine Bewegung der Seitenruderpedale während der Schwingungen bemerkt hatten. Sie schlossen daraus, dass die Oszillationen nicht durch die Turbulenzen verursacht wurden, da die Ruderpedale sich nicht mit dem Gierdämpfersystem bewegen sollten, sondern durch das Flugzeug.
Nach Absprache mit der Flugverkehrskontrolle (ATC) sanken sie auf 32.000, wo sie ähnliche Flugbedingungen vorfanden. Die gleiche Art von Flugbewegungen trat während des Reisefluges noch einige Male auf, und der Kapitän spürte eine schwache Bewegung des Seitenruderpedals in den Phasen mit den Oszillationen. Die Gierdämpferleuchte leuchtete nicht auf und während des gesamten Fluges gab es keine Warnanzeigen, die auf Fehlfunktionen im Flugzeug aufmerksam gemacht hätten.
Die SWA-Wartungskontrolle wurde von der Flugbesatzung über ein Problem mit dem Gierdämpfer über das Aircraft Communication Addressing and Reporting System (ACARS) informiert, der Flug nach OAK wurde fortgesetzt und sie landeten ohne Zwischenfall. Nach dem Verlassen der Landebahn spürte der Kapitän jedoch die gleichen Oszillationen und stellte eine Schwergängigkeit der Ruderpedale fest, die er zuvor schon während des Fluges beobachtet hatte.
Nach der Ankunft am Flugsteig wurde das Flugzeug von der SWA-Wartung in Empfang genommen, und die Maschine wurde aus dem Verkehr gezogen. Die Fehlersuche und Inspektion des Flugzeugs nach dem Vorfall wurde von der SWA-Wartung durchgeführt. Die Untersuchung ergab Schäden an den
Hinterkantenrippen des Seitenleitwerks oberhalb und unterhalb der Standby-Leistungssteuerungseinheit (PCU) für das Seitenruder. Die Schäden an den Leitwerksrippen beeinträchtigen die strukturelle Festigkeit des Beschlags und werden als erheblicher Schaden betrachtet. Im Rahmen der Untersuchung wurde eine Zeitleiste der Ereignisse erstellt.
Zeitleiste der Ereignisse:
Am 16. Mai 2024, gegen 1715 CDT, landete und parkte das Ereignisflugzeug, das als SWA-Flug 621 unterwegs war m Flugsteig B5 des Louis Armstrong New Orleans International Airport (MSY), New Orleans, Louisiana. Etwa eine halbe Stunde später wurde das Flugzeug auf einen abgelegenen Platz, R3W, gebracht wo es die Nacht über blieb. Am Morgen wurde das Flugzeug zurück zum Flugsteig B5 gebracht, für den Abflug am 17. Mai (SWA-Flug 450).
Am Abend des 16. Mai 2024 wurde das Gebiet von KMSY von einer Gewitterlinie betroffen, die zu starken Windböen von bis zu 73 Knoten, starkem Regen und Windsprüngen führte. Die Spitzenböe von 73 Knoten wurde um 2336 CDT (0436Z am 17. Mai 2024) gemessen. Ein National Composite Radar Mosaic des National Weather Service (NWS) zeigte zu dieser Zeit ein Bogensegment in Verbindung mit einer Böenlinie.
Der NWS beobachtete aktuell eine Convective Significant Meteorological (SIGMET) Strömung für ein Gebiet mit schweren Gewittern, die sich von 250 Grad mit 35 Knoten bewegte, mit Spitzenwerten über 45.000 Fuß. Der NWS hatte auch eine Tornadobeobachtung für das Gebiet. Die Gewitter begannen um 2212 CDT am 16. Mai und hielten bis 0234 CDT am 17. Mai mit einer Gesamtniederschlagsmenge von 1,37 Zoll an.
Ein spezieller (SPECI) meteorologischer Flugplatzbericht (METAR) für MSY wurde um 2342 CDT herausgegeben:
Wind aus 330° mit 38 Knoten, Böen 73 Knoten, Sichtweite ¼ statute mile, Gewitter mit starkem Regen, Nebel, Sturmböen, durchbrochene Wolkendecke in 1.100 ft agl [above ground level] cumulonimbus, bewölkt in 2.500 ft agl, Temperatur 22°C, Taupunkt 22°C, Höhenmesser 29,75 Zoll Quecksilber.
Die Bemerkungen zum SPECI METAR lauteten: automatisches Beobachtungssystem mit einem Niederschlagsdiskriminator, Spitzenwind 280° mit 73 Knoten um 0436, Winddrehung um 0428, Blitze in allen Quadranten, häufige Blitze von der Wolke zum Boden, in der Wolke, Cloud-to-Air (CA) und Overhead, Gewitter Overhead bewegen sich nach Osten, stündlicher Niederschlag .75 inches, Temperatur 21.7°C, Taupunkt 21.7°C, Pistensichtweite (RVR) vorhanden, aber keine RVR-Meldung.
Eine Überprüfung der Instandhaltungsunterlagen zeigt, dass das Ereignisflugzeug am 23. Mai 2024 als SWA-Flug 2210 auf dem William P. Hobby Airport (HOU) in Houston, Texas, landete, wo es über Nacht für einen planmäßigen A-Core-Check blieb. Der Check wurde in einem Wartungshangar durchgeführt. Eine der Aufgaben, die während dieses Wartungschecks durchgeführt wurden, war ein Betriebstest des hydraulischen Standby-Betätigungssystems, der auch einen Test der Standby-PCU des Ruders umfasste. Bei dieser Aufgabe wurde das hydraulische Standby-System eingeschaltet und ein Wartungstechniker bewegte die Seitenruderpedale mit hoher Geschwindigkeit 5 Zyklen lang bis zum linken und rechten vorderen Anschlag um visuell zu prüfen, ob sich die Ruderfläche bewegt. Den Wartungsaufzeichnungen zufolge wurde der Test bestanden, und es wurden keine Probleme festgestellt. Eine Überprüfung der Daten des Flugdatenschreibers (FDR) ergab, dass dies das letzte Mal war, dass die Standby-PCU für das Ruder eingeschaltet wurde.
Es folgt eine Beschreibung des Rudersystems.
Nach der Anomalie des Seitenrudersystems vom 25. Mai 2024 ersetzte die SWA-Wartung im Rahmen ihrer Fehlerbehebungsmaßnahmen die Hauptsteuereinheit des Seitenruders. Während des Austauschs und der Funktionsprüfung der PCU fand die Instandhaltung ein beschädigtes Lager im vorderen Ende der oberen Eingangssteuerstange. Es wurde eine neue Steuerstange eingebaut, und bei der Montage/Einstellung des Haupt-Rudersteuergerätes stellte die Instandhaltung weitere strukturelle Schäden am Rudersystem im Bereich der Not-PCU des Ruders fest. Die Ersatz-PCU des Ruders wurde ausgebaut und zusammen mit der Haupt-PCU für weitere Untersuchungen und Tests durch die Systemgruppe des NTSB aufbewahrt. Es wurden Schäden an der vorderen Halterung der Not-PCU und an der Anti-Rotationsbuchse festgestellt. Die Hinterkantenrippe des Seitenleitwerks oberhalb der Standby-PCU für war ebenfalls gebrochen, und zwar durch zwei der drei Löcher, an denen die linke Halterung der Standby-PCU befestigt war. Die Hinterkantenrippe des Seitenleitwerks unterhalb der Standby-PCU war bis etwa 0,065" vor der Stelle, an der die vorderen Halterungen der Standby-PCU befestigt sind, verbeult/deformiert. Die beschädigten Strukturkomponenten wurden zur weiteren Untersuchung durch die NTSB-Strukturgruppe entfernt.
Ansicht der Beschädigung der PCU-Halterung und der Hinterkantenrippe des Seitenleitwerks (Quelle: Southwest Airlines)
Untersuchung
Am 7. Juni 2024 wurde das National Transportation Safety Board (NTSB) von SWA über den Vorfall informiert und leitete daraufhin eine Untersuchung des Vorfalls ein. An der Untersuchung sind folgende Parteien beteiligt: die Federal Aviation Administration (FAA), SWA, Southwest Airlines Pilots Association (SWAPA), The Boeing Company und Parker Hannifin Corporation.
Die Parteien wurden in spezialisierte Untersuchungsgruppen unter der Leitung von NTSB-Gruppenvorsitzenden für die Bereiche Betrieb, Flugzeugleistung, Strukturen, Systeme und Flugdatenschreiber eingeteilt.
Am 26. und 27. Juni 2024 traf sich die Systemgruppe im Werk von Parker Hannifin in Ogden, Utah, um die aus dem verunglückten Flugzeug entnommenen Haupt- und Not-PCUs des Seitenruders zu untersuchen und zu testen. Keine Anomalien wurden bei beiden PCUs festgestellt, und beide bestanden das Abnahmeverfahren.
Die beschädigten Strukturkomponenten wurden in der Woche vom 1. Juli 2024 von der NTSB-Strukturgruppe untersucht.
Daten
Die Daten des digitalen Flugdatenschreibers (DFDR) wurden zur Analyse an das Vehicle Recorder Laboratory des NTSB in Washington, DC, gesendet. Eine vorläufige Überprüfung der Daten wurde abgeschlossen und ein Diagramm, das die Parameter des Rudersystems für den Ereignisflug zeigt, ist in Abbildung 3 dargestellt. Eine Überprüfung der Daten bestätigte die Aussagen der Flugbesatzung bezüglich des anomalen Verhaltens des Rudersystems während des Reiseflugs bei 34.000 Fuß. Die Daten zeigten periodische Oszillationen von etwa 20 Sekunden Dauer bei Ruderausschlag, Ruderpedalstellung und Gierdämpferbefehl. Diese Schwingungen hatten eine Frequenz von etwa 0,9 Hz und eine Amplitude von etwa ±0,75 Grad der Ruderausschlagbewegung. Diese Bewegung resultierte in ±0,03 G Oszillationen in der Querbeschleunigung bei gleicher Frequenz, aber keine signifikanten Änderungen oder Oszillationen in der Flugrichtung oder dem Querneigungswinkel des Flugzeugs.
Abbildung 3. Darstellung der FDR-Daten aus dem Ereignisflug.
Sicherheitsmaßnahmen
Southwest Airlines führte zwischen dem 17. und 20. Juni eine Inspektionskampagne für die gesamte MAX-Flotte (231 Flugzeuge) durch. Die Flugzeuge wurden einer detaillierten visuellen Inspektion auf Schäden an der Haupt-PCU für das Ruder und der PCU für den Notbetrieb sowie an den strukturellen Befestigungspunkten unterzogen. Es wurden keine Schäden oder Anomalien festgestellt. Neu ausgelieferte Flugzeuge von Boeing werden bei der Bereitstellung inspiziert, wobei bisher keine Schäden festgestellt wurden.
Im Rahmen der laufenden Flottenüberwachung von Southwest wurde ein Algorithmus entwickelt, um MAX Quick Access Recorder (QAR)-Daten zu durchsuchen, d. h. den gleichen Datensatz, der dem DFDR für Ruderschwingungen zur Verfügung steht. Es wurde kein Flugzeug beobachtet, das das gleiche Verhalten wie N8825 zeigte. Bei drei Flugzeugen wurden kleine Ruderschwingungen ohne damit verbundene Ruderbewegungen beobachtet, die vorsichtshalber ohne Befund untersucht wurden. Die Überwachung der QAR-Daten mittels dieses Algorithmus wird fortgesetzt.
Ein Teil der Untersuchung wird darin bestehen, festzustellen, wann der strukturelle Schaden am Rudersystem aufgetreten ist.
Die Untersuchung wird fortgesetzt.