Ich möchte mich aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass dies der letzte Versuch eines Herstellers ist, ein solches Konzept zu versuchen.
Ich lehne mich auch aus dem Fenster und halte dagegen. ;-)
Wenn so etwas passiert (ein Unfall, der durch ein technisches Problem mit der Automatisierung mindestens begünstigt oder sogar ausgelöst wurde), ist das natürlich immer tragisch - und die Hersteller/Behörden müssen überlegen, wie sich so etwas zukünftig verhindern lässt. Nach solchen Unfällen gibt es immer welche die verlangen, dass es weniger Automatisierung geben sollte, und Piloten möglichst wieder mehr Kontrolle über die Flugzeuge bekommen sollten.
Die Statistik ist aber so eindeutig, dass man die aktuelle Tendenz der Hersteller überhaupt nicht sinnvoll in Frage stellen kann: die Anzahl der Unfälle hat in der Verkehrsluftfahrt in den letzten Jahrzehnten immer weiter abgenommen. Und das, obwohl gleichzeitig die Anzahl der durchgeführten Flüge drastisch zugenommen hat. Es ist völlig klar, dass dieser Fortschritt nicht (allein) durch bessere Ausbildung der Piloten erreicht wurde (manche behaupten ja, dass bei der Ausbildung das Gegenteil der Fall wäre). Er ist eindeutig zu einem großen Anteil auf die Zunahme der vielen Helferlein zurückzuführen, die immer mehr katastrophalen Folgen menschlicher Fehler verhindern. In kaum eine anderen Bereich sind Fortschritt und Sicherheitszuwachs so eindeutig erkennbar, wie in der Verkehrsluftfahrt. So eine drastische und eindeutig positive Tendenz kann kaum ein anderer Bereich der Industrie aufweisen.
Insofern bin ich mir sicher, dass auch Boeing immer mehr Helferlein einbauen wird - wie eben bei der 737MAX, auch wenn die Änderungen an der MAX in diesem konkreten Fall ggf. zu einem Unfall geführt haben.
Ich erwarte eher, dass man die Automatisierung bald sogar noch eine Stufe weiter drehen wird. Zunächst hat man einfache Automatisierungen eingeführt, es aber allein den Piloten überlassen, Fehler zu erkennen und zu reagieren. Dann hat man Bordsysteme eingeführt, die Fehler selbständig erkennen und aktiv melden. Piloten müssen die Meldungen aber weiterhin interpretieren - und reagieren. Wenn sich die Fahrtmesser unterscheiden, schalten aktuelle Flugzeuge einfach den Autopiloten ab, sagen plump "IAS DISAGREE" - und wünschen den Piloten viel Glück dabei, herauszufinden, welche Anzeige bzw. welcher Sensor denn wohl ungültig ist. Und wenn es zufällig der Fahrtmesser auf Kapitänsseite ist, führt es leider häufiger zur Katastrophe, als wenn es nur der Fahrtmesser auf Copilotenseite ist.
Was ich erwarte ist, dass es bald mehr und mehr Systeme geben wird, die sogar bei Fehlern selbständig eine erste Analyse durchführen. Statt einfach "IAS DISAGREE" werden sie einen Hinweise geben, welche der Anzeigen nicht plausibel ist. Die Komplexität der Systeme wird dadurch noch mal deutlich gesteigert. Es wird wieder Menschen geben, die sich darüber beschweren. Die Unfallzahlen werden aber dadurch aber immer weiter abnehmen...