Die Gründe für die A-10 haben sich die Strategen der USAF gründlichst überlegt. Hier wird zu vieles durcheinander geworfen, wie z.B. die A-10 in Jugoslawien. Dort war es kein Szenario für das die A-10 konstruiert war. Das war ein Szenario für Jagdbomber die in der Tiefe operierten und kein Szenario für Schlachtflieger. Ebenso war der Irak nicht die Umgebung für die die A-10 konstruiert wurde, obwohl sich die A-10 dort recht gut geschlagen hat. Die A-10 hat aus ihrer geringen Flughöhe besser getroffen als die F-16 aus mittleren Höhen.
Die A-10 wurde konstruiert um unmittelbar über dem europäischen Gefechtsfeld eingesetzt zu werden. Natürlich hat man mit hohen Verlusten gerechnet, denn ein Krieg ist nun mal ein Krieg und ein Krieg bedeutet Verluste und viele Tote. Es hätte auch viele A-10 erwischt, ohne Frage. Ein Gefechtsfeld hoher Intensität war auch keine Schönwetterangelegenheit. Man konnte davon ausgehen, dass durch die Kämpfe und Brände abgeschossener Panzer und Gedöns viel Rauch über dem Gefechtsfeld gewesen wäre. Da sieht man aus mittlerer Höhe nichts mehr. Da sehen aus Snipers und Lantrins nichts mehr zuverlässig. In einem solchen Szenario konnte man auch davon ausgehen, dass die Sowjets jede Menge Luftabwehr hatten, wodurch ein Einsatz aus mittlerer Höhe unmöglich geworden wäre. Beide Seiten hätten um die Lufthoheit gerungen, mit offenem Ausgang. In dieses Szenario hätte die A-10 mit ihrer Beweglichkeit und Waffen und entsprechenden Taktiken und neben den eigenen Mitteln auch mit Hilfe von FAC, ob nun in der Luft oder am Boden, die Ziele ausmachen und selbständig bekämpfen sollen. In der Populärpresse wurde die A-10 auf die Kanone reduziert und als Panzerknacker usw. Aber die Kanone war für alle Ziele auf dem modernen Gefechtsfeld nützlich. Gegen moderne Panzer hatte sie die Maverick. Weitere Waffen war in Planung. Die A-10 hätte auch alle anderen Ziele wie Nachschub und Truppen an der Front bekämpft und nicht nur Panzer. Übrigens hatte die G-91Y der Bundeswehr eine ähnliche Aufgabe und ähnliche Anflugprofile wie die A-10. Nur die A-10 konnte diese noch weiter treiben, niedriger und in engeren Grenzen. Sens hat so manches schon richtig beschrieben, das noch mit etwas Phantasie über die lokalen Begenbenheiten und man erkennt was sich die Strategen ausgedacht haben.
Das Gefechtsfeld des Kalten Krieges wäre auch extrem vielschichtig gewesen. In der unteren Ebene und unmittelbarem Gefechtsfeld hätte die A-10 ihre Runden gezogen. Eine Ebe darüber die F-15, F-16 und F-4 um die Lufthoheit zu gewinnen, paar Kilometer weiter die F-16 und F-4 um das Gefechtsfeld abzuriegeln, und noch weiter im Hinterland die F-111 und Tornado für Deep Strike Aufgaben (gibt es eine Deutsche Bezeichnung dafür?). Die Gegenseite hätte mit Su-25 auf dem Gefechtsfeld agiert, mit MiG-21 und später MiG-29 eine Etage höher für die Luftüberlegenheit gekämpft, währen einige Km weiter Su-17 und MiG-27 das Gefechtsfeld abgeriegelt hätten und weiter im Hinterland Su-24 ihren Deep Strike Job getan hätten. Beide Seiten hätten dazu noch ihre dedizierten EloKa Flugzeuge dabei gehabt und beide Seiten hätten mit SEAD versucht die Luftabwehr auszuschalten. Und beide Seiten hätten gehofft vollen Erfolg zu haben und beide Seiten wären an der Hoffnung gescheitert, weil Theorie und Praxis oft auseinander driften.
All das wäre unter intensiver Nutzung von elektronischen Maßnahmen passiert. man kann seit den 70/80ern ein Szenario nicht mehr ohne EloKa betrachten und muss dieses in den Überlegungen mit einbeziehen. Der Westen hätte die sowjetische Luftabwehr und Kommunikation zu stören versucht und die Sowjets ihrerseits die der NATO. D.h., dass die A-10 auch auf sich selbst gestellt ihre Ziele finden musste, weil eine Kommunikation mit FACs u.U. nicht mehr möglich gewesen wäre. Ihre Flugeigenschaften boten ihr dazu ideale Voraussetzungen, um in Ruhe und nah genug, um was zu erkennen, Ziele ausfindig machen zu können. Sie hätte dazu immer aus dem Rücken der NATO angegriffen und wäre dann auch dahin wieder abgetaucht. Ähnlich wären wohl auch die Sowjets mit ihren Su-25 verfahren. In einem solchen Szenario hätten selbst MANPADs ihre Probleme gehabt Ziele zu lokalisieren. Man bedenke, dass man erst einmal ein Ziel sehen muss, dann muss man die Strela in Anschlag bringen, dann das Ziel lange genug verfolgen, damit der Suchkopf aufschaltet und dann muss sich das Ziel lange genug im Sichtfeld des Suchkopfes befinden. Man erinnere sich: viel Rauch und Gedöns auf dem Kampffeld. Die A-10 bot dann auch entsprechende konstruktive Möglichkeiten eine erfolgreiche MANPAD zu überleben, bzw gab dem Piloten noch die Chance wenigstens über eigenem Territorium abzuspringen. Diese Möglichkeiten hatte die Gefechtsfeldabriegelung und die Deep Strike Truppe nicht. Man bedenke, dass es keine Vollkaskoversicherung in einem Krieg gibt und davon auszugehen, man könne ohne Verluste Einsätze fliegen, ist extrem naiv.
Heute hat sich das Szenario verändert. Das Weltuntergangszenario gibt es nicht mehr. Die Panzerhorden wird es nicht mehr geben. Es wird wahrscheinlich auch keine großen Schlachten mehr geben, weil man mit punktuell konzentrierten Schlägen und Einsätzen versucht den Gegner an empfindlichen Stellen zu schwächen. Der Rest ergibt sich dann automatisch aus dieser Schwächung. Es sind vermehrt Special Forces im Einsatz und nicht mehr die Massenarmeen vergangener Tage. Die A-10 wird in Europa nicht mehr gebraucht.
Allerdings liest man Berichte von GIs in Afghanistan, dass die A-10 ihnen den Arsch gerettet hat, weil nur sie in diesen engen Verhältnissen so präzise bis unmittelbar vor den Nasen der GIs ihre Waffen einsetzen konnten, vor allem ihre Kanone. Sie hebt natürlich auch die Moral der betroffenen Truppe durch ihre sichtbare Präsenz und demoralisiert den Gegner. Die A-10 hat also auch in einem asymmetrischen Szenario mit gut bewaffneten Gegnern noch ihren Kampfwert. Vor allem in einer von Wirtschaftscontrolern beherrschten Luftwaffe muss man auch den Geldwert sehen. Die Einsatzstunde einer A-10 ist günstiger als die eines ausgewachsenen Jagdbombers. So lange also die A-10 nutzbar ist, sollte sie also noch ausgiebigst genutzt werden. Wenn diese allerdings ihr Lebensende erreicht hat wird es eng, denn die USA haben nur noch Jagdbomber mit teuren Flugstunden im Hangar stehen. Derzeit läuft in den USA ein Programm um den Gefechtswert von leichten CAS-Flugzeugen zu testen. Man ist sich des Problems bewusst, kämpft allerdings mit den Controllern, die am liebsten eine Luftwaffe mit nur einem Typen hätten, egal was die Flugstunde kostet.