60 Bundesheersoldaten nach Pakistan unterwegs
Caritas baut medizinische Camps in Muzaffarabad auf - Österreichische Rotkreuz-Helfer fliegen am Freitag
Wien - 60 Bundesheerangehörige der Bundesheer-Katastrophenhilfseinheit AFDRU (Austrian Forces Disaster Reliegf Unit) brachen am Donnerstagnachmittag vom Flughafen Wien auf, um mit vier Trinkwasseraufbereitungsanlagen den Opfern im pakistanischen Erdbebengebiet zu helfen. Am Vormittag wurden sie von Außenministerin Ursula Plassnik und Verteidigungsminister Günther Platter (beide V) verabschiedet.
Das Einsatzgebiet der Einheit wird der Raum Muzaffarabad sein. Mit den vier Anlagen können die Soldaten täglich bis zu 120.000 Liter Wasser produzieren - genug, um 12.000 Menschen zu versorgen. Kommandeur der Einheit ist Major Friedrich Aflenzer, sein Stellvertreter Oberleutnant Michael Eichhübl, der bereits beim Tsunami in Sri Lanka im Einsatz war.
Je 14 Soldaten der österreichischen Hilfstruppe kommen aus Wien, Oberösterreich und der Steiermark, 13 aus Niederösterreich, zwei aus Kärnten und je einer aus Salzburg, Tirol und dem Burgenland. Zudem hat das Kontingent fünf Pinzgauer, zwei Motorräder, ein Instandsetzungs-Kfz sowie einen Sanitäts-Kraftwagen dabei.
Caritas baut medizinische Camps auf
Die Caritas hat am Mittwoch damit begonnen, in Muzaffarabadein erstes medizinisches Camp mit vier Ärzten - unter ihnen die deutsche Lepraärztin Dr. Ruth Pfau - aufzubauen. Es dient einerseits zur medizinischen Erstversorgung von Verletzten und andererseits als Stützpunkt für die Verteilung von Hilfsgütern. Zwei weitere medizinische Camps sollen in den nächsten Tagen in zwei Bezirken von Kaschmir aufgebaut werden, teilte die Organisation in einer Aussendung mit.
Die österreichische Caritas-Helferin Silke Ruprechtsberger ist am Dienstag in der Region eingetroffen und unterstützt die Partner: "Das Ärzteteam ist den Menschen aus der jahrelangen Arbeit in der Leprabekämpfung in der Region sehr bekannt. Jetzt in der Katastrophe kommt uns das aufgebaute Netzwerk der Hilfe zu Gute." Es wird vor allem für Durchfall-, Magenerkrankungen und Lungenentzündungen bei Kindern gerüstet. Viele haben die vergangenen Nächte bei klirrender Kälte auf dem bloßen Boden schlafen müssen und haben kein sauberes Trinkwasser mehr.
Mit den Ärzten ist auch ein erster Transport mit Lebensmitteln wie Öl, Babynahrung und Reis sowie Decken der Caritas gestartet und auf dem Weg nach Muzaffarabad. Mit diesem Transport können rund 700 Menschen für die kommenden zwei Wochen mit dem Notwendigsten versorgt werden. Am Mittwochnachmittag startet ein weiterer Hilfstransport. "Bis Muzaffarabad sind die Straßen jetzt passierbar. Von dort aus werden wir die Nothilfepakete mit einem Netz an Freiwilligen zu Fuß in die entlegenen Bergdörfer weiter transportieren", berichtete Ruprechtsberger.
Österreichisches Roten Kreuz in Abbottabad
Der Helfer des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) ist am Mittwoch in Pakistan eingetroffen. Der Wasserexperte Andreas Hattinger befand sich in der Region, um den Bedarfsmaßnahmen zu evaluieren, berichtete er im APA-Gespräch. Am Mittwoch war der Rot-Kreuz-Experte als Teil eines internationalen Teams rund um die Stadt Abbottabad unterwegs.
Weitere neun Österreichische Rotkreuz-Mitarbeiter bereiten sich auf einen Einsatz im Katastrophengebiet von Pakistan vor: Ein Team wird mit fünf schwedischen Kollegen Richtung Kaschmir fliegen und bei der Aufstellung einer Trinkwasseraufbereitungsanlage zu helfen. (APA)
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Nachbeben verhindern Lebensrettung
Pakistan bittet um mehr Hilfe - Österreich schickt Soldaten zur Wasser- aufbereitung - Vermisste aus Salzburg sind wohlauf
Muzaffarabad/Islamabad - Die Erdbebenregionen in Südasien kommen nicht zur Ruhe. Dutzende Nachbeben haben seit dem Erdstoß vom Samstag, der vermutlich mehr als 41.000 Menschen in den Tod riss, die Erde erschüttert.
Ein Nachbeben in Kaschmir hat am Donnerstag die Rettung einer 22 Jahre alten Frau verhindert, die Suchhunde in Muzaffarabad geortet hatten. Deutsche, britische und türkische Rettungskräfte versuchten bis 2 Uhr, sie zu befreien. Als die Erde bebte und das Gebäude ins Schwanken brachte, stoppten sie die Arbeit.
Als die Bergungskräfte nach Tagesanbruch zurückkamen, jaulte der Suchhund - ein Zeichen, dass er Leichengeruch wahrnahm. Einige Retter weinten.
"Es war eine sehr schwierige Entscheidung, einen lebenden Menschen zurückzulassen", sagte der Brite Steff Hopkins. Doch trage er die Verantwortung für seine Leute: "Es hätte ihren Tod bedeuten können."
Die Bergungstrupps konnten nicht mit der Frau sprechen oder sie sehen. Doch ein Mann namens Mushtaq Mir identifizierte sie als seine Nichte Urma, die sich zum Zeitpunkt des Bebens am Samstag in dem Gebäude aufgehalten habe.
Es gibt auch gute Nachrichten: Das in der Bebenregion vermisste Paar aus Salzburg hat sich gemeldet. Seit dem 6. Oktober hatte es davor keinen Kontakt mehr zu den Weltreisenden gegeben. Donnerstag riefen die beiden daheim an. Der 29-jährigen Christian K. und seine Freundin Elisabeth H. haben es mit ihrem roten Kleinbus nach Islamabad geschafft.
Neuer Hilfsappell
Pakistans Präsident Pervez Musharraf bat in einer Fernsehansprache um mehr finanzielle Unterstützung. Zugleich bedankte er sich für die internationale Hilfe. Bisher stellte die Weltgemeinschaft 600 Millionen Dollar zur Verfügung, entsandte Rettungsteams mit Hubschraubern und schickte Hilfsgüter.
Nach einem Bericht des Nachrichtensenders CNN überquerten am Mittwoch indische Soldaten die Grenzlinie des geteilten Kaschmir und halfen pakistanischen Militärs beim Wiederaufbau eines Bunkers. Zum ersten Mal überhaupt hatte Indien nach dieser Katastrophe eine Hilfslieferung für das Nachbarland auf den Weg gebracht. Seit 1947 haben Indien und Pakistan zwei Kriege um das geteilte Kaschmir geführt.
In Wien sind am Donnerstag 60 Soldaten der Bundesheer-Katastrophenhilfseinheit AFDRU (Austrian Forces Disaster Relief Unit) mit vier Trinkwasseraufbereitungsanlagen, wie sie schon nach dem Tsunami im Einsatz waren, ins Krisengebiet aufgebrochen. Das Einsatzgebiet wird Muzaffarabad sein. Die Soldaten können täglich bis zu 120.000 Liter Wasser produzieren - genug, um 12.000 Menschen zu versorgen. Das Bundesheer hat sich auf einen mindestens vierwöchigen Hilfseinsatz eingerichtet.
Pakete aus Österreich Die "Nachbar in Not"-Hilfe ist ebenfalls angelaufen. Mit 20 Euro kann ein Lebensmittelpaket für eine fünfköpfige Familie für eine Woche gekauft werden. 50 Euro finanzieren ein "Wärmepaket" (Decken, Matratzen und warmer Kleidung) für eine solche Familie. Mit 200 Euro kann ein Familienzelt mit einem Kerosinofen und Heizmaterial versorgt werden. (APA, AP, dpa, DER STANDARD - Printausgabe, 14. Oktober 2005)
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